Tödliche Schießerei: "Die Tat war schon lange geplant"

Die Polizei ermittelt, ob Huber noch mehr auf dem Kerbholz hatte.
Laut Gerichtsgutachterin Roßmanith kam für den Wilderer eine Festnahme nie infrage. KURIER startet eine große Spendenaktion für die Frauen und Kinder der Ermordeten

Es war keine blinde Wut, die Alois Huber aus Großpriel, Bezirk Melk, in der Nacht auf Mittwoch zu der Wahnsinnstat getrieben hat. Vier Menschen hat er getötet – drei Polizisten, einen Sanitäter. Und das gezielt. „Diese Wut war nicht blind, sondern geplant“, sagt Psychiaterin und Gerichtsgutachterin Sigrun Roßmanith.

Und: Der 55-Jährige habe schon lange vorher darüber nachgedacht, was passiert, wenn er beim Wildern erwischt wird. „Eine radikale Lösung. Aber für ihn dürfte klar gewesen sein: Ich lass’ mich nicht festnehmen. In der Fantasie hatte er die Tat schon lange geplant.“ Und dieser Plan im Hinterkopf wurde zur Realität, als er auf die erste Straßensperre traf. „Das Ende war für ihn klar. Alles dazwischen wurde in Kauf genommen.“

Tödliche Schießerei: "Die Tat war schon lange geplant"
Sigrun Roßmanith

Mehr am Kerbholz?

Denn Huber könnte nicht nur ein einfacher Wilderer gewesen sein. Die Polizei überprüft nun, ob der Mann noch wesentlich mehr am Kerbholz hat. Denn im gut versteckten Bunker des Amokläufers sind die Kriminalisten auf Beweise gestoßen, die den 55-Jährigen zum Hauptverdächtigen einer spektakulären Einbruchsserie machen. Er hatte Hunderte wertvolle Jagdwaffen gebunkert, die von Coups aus Jagdvillen stammen könnten, die anschließend angezündet wurden.

Der geübte Jäger überließ nichts dem Zufall. Er hatte ein Zielfernrohr auf seinem Gewehr montiert. Und er benutzte ein Nachtsichtgerät, während er selbst im Schutz der Dunkelheit Tarnung fand. Die drei Polizisten und den Sanitäter tötete er mit gezielten Schüssen direkt auf Kopf und Brust.

Tödliche Schießerei: "Die Tat war schon lange geplant"
APA14697232-2 - 18092013 - ANNABERG - ÖSTERREICH: Markierungen von Einschusslöchern an einer Garage nahe jener Stelle bei Annaberg, wo am Dienstag, 17. September 2013, ein Polizist von einem mutmaßlichen Wilderer getötet wurde. Ein 55 Jahre alter Mann hat am Dienstag in Niederösterreich bei einem Polizeieinsatz wegen Wilderei vier Menschen getötet. APA-FOTO: ROLAND SCHLAGER

Und auch den Selbstmord verübte er geplant. Erst setzte er den Bunker in Brand. Dann erschoss er sich darin. „Das ist ungewöhnlich. Ein Doppelsuizid. Das war vermutlich seine letzte Machtdemonstration. Für ihn ein grandioser Abgang“, vermutet Roßmanith.

Die unmittelbaren Hintergründe, die den Unternehmer zur Tat getrieben haben, sind noch immer Teil der Ermittlungen. Nach außen hin schien Huber gut integriert. Vor 18 Jahren starb seine Frau. Zuletzt soll er eine Lebensgefährtin gehabt haben – mit der lebte er allerdings nicht zusammen. Als Jäger war er vorbildlich, nahm an Fortbildungsmaßnahmen teil. Von seinem Vater hatte er ein Transportunternehmen übernommen. „Eine äußere Festung, die sich anpasste“, urteilt Roßmanith. Doch hinter der Fassade passierte etwas. „Vielleicht war es eine Kränkung. Vielleicht waren es Depressionen, die Aggression und Wut ausgelöst haben.“

„Triumph für ihn“

Die Wilderei passt auf den ersten Blick nicht ins Bild des vorbildlichen Jägers. Doch auch dafür hat Roßmanith eine Erklärung. „Das muss ein Triumph für ihn gewesen sein. Er holt sich die Hirsche gegen das Gesetz. Die Hirschköpfe schneidet er ab. Er hatte sicher viele Trophäen daheim“, glaubt Roßmanith. Und hat damit Recht. In seinem Bunker gab es unzählige davon.

Vergleichbare Fälle findet man in der österreichischen Kriminalgeschichte kaum. 1973 schoss der 23-jährige Technikstudent Ernst Dostal bei einem Verhör in der Rennweg-Kaserne vier Gendarmeriebeamte an und tötete auf der Flucht ein Ehepaar. Bei einem Feuergefecht im Wienerwald jagte er sich schließlich eine Kugel in den Kopf.

Im August 1956 erschoss ein unterstandsloser Einbrecher in Obernalb, Bezirk Hollabrunn, zwei Polizisten mit einer amerikanischen Armeepistole. Der Mann streifte schon lange in der Umgebung umher, sorgte für „Furcht und Unruhe“ und bestahl laut Polizeiakten sogar die eigene Ziehmutter. Nach einem Hinweis aus der Bevölkerung ertappten ihn die Gendarmen auf frischer Tat. Der Schütze wurde überwältigt. Die verstorbenen Kollegen wurden auf dem Retzer Friedhof begraben.

Die Gerichtsgutachterin

Die Wienerin Sigrun Roßmanith ist eine der renommiertesten psychologischen Gerichtsgutachterinnen des Landes. Zuvor war sie Oberärztin am Institut für Medizinische Psychologie der Universität Wien. Seit 1997 erstellt sie bereits Strafgerichtsgutachten. Darunter auch jenes über Elfriede Blauensteiner.

Der Täter

Nachbarn und Jagdkollegen verlieren kein böses Wort über den 55-jährigen Alois Huber. Er wuchs in dem Anwesen in Großpriel auf. Vor 18 Jahren starb Hubers Frau an Krebs. Die Ehe war kinderlos geblieben. Seither lebte Huber allein auf dem weiträumigen Anwesen – nur sein Hund „Burgi“ begleitete ihn. Huber soll eine Lebensgefährtin gehabt haben – die allerdings nicht im selben Haus wohnte. Finanzielle Probleme dürfte es nach ersten Ermittlungen nicht gegeben haben. Huber hatte nach dem Tod seines Vaters dessen Transportunternehmen übernommen. Er war seit 20 Jahren im Besitz einer Jagdkarte, seit fünf Jahren war er Mitglied eines Schützenvereins.

Spendenaktion

KURIER und Kuratorium Sicheres Österreich haben Mittwochfrüh ein Spendenkonto eröffnet, viele Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens haben spontan Unterstützung zugesagt. Mehr dazu unter Spendenaktion für die Kinder der Mordopfer

Bilder vom Polizeieinsatz

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GEISELNAHME IN NIEDERÖSTERREICH
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foto mit Alois Huber werden von Nachbarn auf der G…
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Szenen aus Kolapriel bei Melk , Wilderer alois hub…
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Szenen aus Kolapriel bei Melk , Wilderer alois hub…
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Szenen aus Kolapriel bei Melk , Wilderer alois hub…
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Szenen aus Kolapriel bei Melk , Wilderer alois hub…
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polizei
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GEISELNAHME IN NIEDERÖSTERREICH
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GEISELNAHME IN NIEDERÖSTERREICH
Tödliche Schießerei: "Die Tat war schon lange geplant"

GEISELNAHME IN NIEDERÖSTERREICH: BLUTSPUREN

Mittwochfrüh war es still in Großpriel. Nachdem der kleine Ort sprichwörtlich über Nacht traurige Berühmtheit erlangt hatte, hielten sich die Bewohner am Tag danach bedeckt. „Es ist wie ein böser Albtraum, aus dem wir erst erwachen müssen“, sagt Elisabeth W. „Auch für uns ist es nicht leicht, das zu verkraften.“

Edith Wieder, Nachbarin aus Kollapriel, sieht das ähnlich: „Jeder im Ort sagt: Ich kann nicht glauben, dass das so ausgeartet ist. Wir sind alle sehr betroffen.“ Jeder kennt in dem kleinen Ort jeden. Und jeder kannte den 55-jährigen „Huber Lois“. Dass er zu so einer Tat fähig war, können viele noch immer nicht glauben.

Auch bei den Gästen im Gasthaus Jäger in Anzendorf, ein paar Kilometer außerhalb von Großpriel, ist die Tat von Alois Huber im Gespräch an der Schank. Dass der 55-jährige Jäger und Wilderer ein „Waffennarr“ gewesen sei, will man nicht wahrhaben.

„So viele Waffen, wie behauptet wird, hatte der Lois auch wieder nicht. Er war halt ein Jäger“, sagt ein Freund, der unerkannt bleiben möchten. „Der Lois“ sei kein „kaltblütiger Killer“ gewesen. „Wenn die Polizei nicht so dilettantisch vorgegangen wäre, wären heute alle vier noch am Leben.“

Knackpunkt

Als unmittelbarer Nachbar und Jagdkamerad erlebte Karl Kaltenbrunner den dienstägigen Polizeigroßeinsatz von seinem Haus aus. „Nie und nimmer hätte ich das geglaubt, doch der Lois hat alles seinem Freund Herbert am Telefon erzählt“, sagt er. Den Verdächtigen beschreibt er als dezent, unaufdringlich und intelligent.

Der Tod seiner Frau könne ein Knackpunkt gewesen sein. „Mir wurde erzählt, dass im Haus immer alles dort liegen musste, wo es seine Frau einst hingelegt hat“, erzählt Kaltenbrunner. Nicht verstehen kann er, dass Huber mit den ihm angelasteten wilden Hirsch-Enthauptungen einfach den Jägerehrenkodex ignoriert hat.

Nicht das Grübeln über den Täter, sondern die Trauer über seine Opfer herrschte gestern in anderen Mostviertel-Orten vor. In Gresten, Randegg, Gaming oder Scheibbs wehten schwarze Flaggen vor den Rathäusern und Polizeiinspektionen. In diesen Orten wohnten oder arbeiteten die getöteten Polizisten.

„Man lächelt oft über die Polizeiarbeit. Leider muss so ein Anlass herhalten um wieder mehr Wertschätzung einzufordern“, bringt Hannes Hofmacher aus Scheibbs die Diskussion auf den Punkt. Rudolf Denk aus Gresten will den Familien der Getöteten helfen.

Fassungslosigkeit herrscht nach wie vor in Annaberg, Bezirk Lilienfeld, wo die Tragödie ihren Anfang nahm. „Wir können es gar nicht glauben, dass der Johann nicht mehr unter uns ist“, trauert Bürgermeisterin Petra Zeh um Rotkreuz-Helfer Johann Dorfwirth, der kaltblütig aus dem Hinterhalt erschossen wurde. Die Witwe des 70-Jährigen wird psychologisch betreut.

Das Netz trägt Trauer. Schwarze Schleifen bei der Polizei, schwarze Schleifen beim Roten Kreuz. Viele Facebook-User haben als Zeichen auch ihr Profilbild geändert – und statt ihres Gesichtes die Schleife gepostet. „Menschlich bis zuletzt“ steht unter dem Trauerflor des Roten Kreuzes.

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Black ribbon

Die Anteilnahme im Internet ist riesig. Auf YouTube wurden eigene Trauervideos im Andenken an die vier Opfer und ihre Familien gepostet. Auf den Facebook-Seiten sprechen unzählige ihre Anteilnahme aus.

Trauer und Anteilnahme zur Mordtragödie wurde auch von höchsten öffentlichen Repräsentanten kundgetan. „Wenn Menschen in Ausübung ihres Dienstes in der Exekutive oder im Rettungswesen nicht mehr nach Hause zurückkehren, verdient das ein besonderes Innehalten. Die Angehörigen brauchen unsere gemeinschaftliche Zuwendung und unser Mitgefühl“, sagt der nö. Landeshauptmann Erwin Pröll. „Wir stehen fassungslos vor so vielen grausamen Taten. Mein Gebet gilt besonders den Familien der vier Opfer“, erklärte St. Pölten Diözesanbischof Klaus Küng. Der Polizei, der Cobra und dem Roten Kreuz sprach er sein Mitgefühl und seinen tiefsten Respekt aus.

Links

Rotes Kreuz Niederösterreich auf Facebook

Polizei Wien auf Facebook

Nach einem der dramatischsten Tage in der österreichischen Kriminalgeschichte gibt es zahlreiche offene Fragen um die Verbrechen des Wilderers Alois Huber, 55. Der KURIER hat die bisher bekannten Fakten und den Tatablauf minutiös zusammengefasst. Eine Chronologie des Geschehens:

  • 16. 9., 23.50 Uhr: Wurde der Wilderer von der Cobra am Annaberg vorher observiert und bereits erwartet – oder handelte es sich beim ersten Zusammentreffen am Annaberg um einen Zufallstreffer?

Da der Wilderer seit dem Jahr 2008 immer nur zur Hirschbrunft (beginnend im September) zugeschlagen hatte, wurde die Überwachung in dem Gebiet um Annaberg seit Tagen verstärkt. So wurden bereits vergangene Woche Kontrollen und nächtliche Streifen durchgeführt. Montagnacht stießen die Einsatzkräfte erstmalig auf den verdächtigen Pick-up mit gestohlenem Kennzeichen.

  • Wieso tragen Cobra-Spezialisten Schutzwesten, die keine Kugeln aus großkalibrigen Gewehren abhalten können?

Die Cobra verwendet verschiedene Schutzwesten mit unterschiedlicher Stärke. Nicht jede Weste hält jedem Gewehrkaliber stand.

  • 17. 9., 00.45 Uhr: Der Wilderer erschoss einen Rettungsfahrer. Hat er ihn mit der Polizei verwechselt?

Die Ermittler gehen davon aus, dass der Fahrer des Rotkreuz-Fahrzeuges gezielt erschossen wurde. Der Schütze hat aus dem Hinterhalt mit einer speziellen Nachtsicht-Optik auf dem Jagdgewehr beste Sicht gehabt. „Der Schuss wurde gezielt in Kopfhöhe durch die Windschutzscheibe angebracht“, sagt ein Kriminalist.

  • Wie konnte Alois Huber flüchten und dann einen Polizeiwagen stehlen? Handelte es sich bei dem zweiten erschossenen Polizisten und die Geisel um Mitglieder der Cobra?

Er flüchtete im Schutz der Dunkelheit und bei strömendem Regen durch den Wald. Knapp zwei Kilometer entfernt traf er bei Lassinghof auf einen Funkstreifenwagen mit zwei uniformierten Beamten. Er tötete den Polizisten Johann Ecker mit einem gezielten Kopfschuss aus dem Hinterhalt. Auch Gruppeninspektor Manfred Daurer wurde mit einem Kopfschuss getötet – ob in Lassinghof oder erst am Anwesen von Alois Huber, ist noch ungeklärt.

  • Warum wusste die Polizei, wo sich der Täter verschanzt?

Über die Fahrgestellnummer seines zurückgelassenen Toyota Pick-up wurde der Zulassungsbesitzer ausgeforscht. Cobra und Polizeikräfte machten sich sofort auf den Weg zu der Wohnadresse in Großpriel, Bezirk Melk.

  • Mittagszeit: Wieso hat es so lange gedauert, bis die Bevölkerung vom wahren Ausmaß der Tragödie informiert wurde?

Da die Polizei zu dem Zeitpunkt noch nicht wusste, ob die Geisel noch am Leben ist, wurde aus taktischen Gründen eine Nachrichtensperre verhängt.

  • 14 Uhr: Wieso wurden Panzer des Bundesheeres angefordert?

Da Alois Huber immer wieder aus dem Haus auf Einsatzkräfte feuerte, konnten sich die Beamten nur in gepanzerten Fahrzeugen nähern. Unklar war auch, ob mit Sprengfallen zu rechnen ist.

  • Wieso wurde am Nachmittag Brandgeruch wahrgenommen und trotzdem vom Täter gegen 17.30 Uhr noch ein Schuss abgegeben?

Der 55-Jährige hatte in einem Teil seines Bunkers Feuer gelegt, das aufgrund der geringen Sauerstoffzufuhr nur schwer brannte.

  • Um 18.30 begann der Sturm der Einsatzkräfte auf das Areal des Transportunternehmers. Warum hat es bis Mitternacht gedauert, um den Toten im Bunker zu finden?

Das mehrstöckige Anwesen ist groß und die Cobra musste zum eigenen Schutz sehr bedacht vorgehen. Der Eingang zum Bunker ist versteckt und wurde nicht gleich entdeckt. Durch die Sauerstoffzufuhr beim Öffnen wurde das Feuer angefacht und die Cobra musste mit Atemschutz-Ausrüstung der Feuerwehr selbst den Brand löschen.

  • Wurden im Haus Fluchttunnels gefunden?

Nein, nur der Luftschutzbunker.

  • Kommt Alois Huber noch für andere Straftaten infrage?

Es gibt massive Hinweise für eine Reihe anderer Straftaten des 55-Jährigen (siehe unten).

Die Ermittler staunten nicht schlecht, als sie in der Nacht auf Mittwoch erstmals den Bunker von Alois Huber in dessen Keller im Wohnhaus in Großpriel betraten. Neben der teilweise verkohlten Leiche des Mannes – er hatte Feuer gelegt und sich anschließend in den Kopf geschossen – fand sich ein riesiges Arsenal an Jagdwaffen. Die Ermittler gehen von weit über einhundert Gewehren aus. Darüber hinaus bunkerte der Mann eine beachtliche Sammlung exotischer Jagdtrophäen – und zwar so viele und wertvolle Tiere, wie sie der Jäger niemals selbst erlegen hätte können.

Dieser überaus interessante Fund ließ einige Ermittler sofort hellhörig werden. Ist Alois Huber auch der Verantwortliche jener spektakulären Kriminalfälle, die unter dem Titel „Halali-Bande“ bekannt geworden sind? Dabei handelt es sich um zum Großteil ungeklärte Einbrüche in stattliche Jagdvillen und Schlösser, bei denen wertvolle Jagdgewehre und Trophäen exotischer Tiere gestohlen und die Anwesen anschießend abgefackelt wurden.

Zu den spektakulärsten Untaten zählten der Brand des Jagdschlosses „Inku“ im Steinbachtal bei Göstling, Bezirk Scheibbs in NÖ, im Winter 2002 und die niedergebrannte Jagdvilla der bekannten Hutmacher-Familie Nagy im Oktober 2004 in Gutenstein bei Wiener Neustadt. Der Wert der gestohlenen Trophäen und Waffen war so groß, dass die Familie 80.000 Euro Ergreiferprämie auf den Täter aussetzte.

Millionenschaden

Alleine in Niederösterreich gibt es acht ungeklärte Fälle von angezündeten Jagdhäusern mit einem Schaden von acht bis zehn Millionen Euro. Nach dem brisanten Fund werden beim Landeskriminalamt nun die alten Akten wieder heraus geholt. Es gibt eine Liste von gut 90 gestohlenen und registrierten Jagdwaffen, von denen noch immer jede Spur fehlt. Die Seriennummern der Gewehre werden nun mit jenen aus dem Bunker von Alois Huber verglichen.

Auch eine ganze Reihe gestohlener Auto-Kennzeichen, die im Täter-Anwesen gefunden wurden, deutet darauf hin, dass der Wilderer eine kriminelle Vergangenheit hat, von der man bis dato nichts wusste. Die Tatortarbeit wird Tage dauern.

Hat Todesschütze auch Jagdfreund attackiert?

Die Polizei prüft zudem, ob der Todesschütze in der Vergangenheit schon einmal einen Menschen attackiert hat. Die Ermittler gehen mittlerweile von dieser Möglichkeit aus und glauben, dass ein Fall aus dem Oktober 2011 nun unmittelbar vor der Klärung stehen könnte.

Am 26. Oktober 2011 machte sich Karl Z. frühmorgens auf den Weg, um mit einem Kollegen auf die Pirsch zu gehen. Während Z. noch auf seinen Jagdfreund wartete, fiel ihm eine Gestalt auf, die sich, wie er damals den Ermittlern erzählte, „eigenartig benahm“. Als der Waidmann den Unbekannten zur Rede stellen wolle, zückte dieser plötzlich ein Messer und ging auf ihn los. Es kam zu einer Rangelei, der Waidmann erlitt Prellungen und einen Schock. Der Täter, er soll mit einer Sturmhaube maskiert gewesen sein, konnte flüchten. Eine groß angelegte Fahndung blieb erfolglos, das Landeskriminalamt Niederösterreich übernahm den Fall. Doch auf eine heiße Spur kamen die Fahnder nie.

Der KURIER traf am Mittwoch den Jäger. Er will über die mysteriöse Attacke nicht sprechen. Vermutlich auch deshalb, weil sich Opfer und Täter dem Vernehmen nach kannten. Zudem stammen beide aus derselben Region.

Bei der Staatsanwaltschaft St. Pölten betont man, dass nicht wegen Mordversuchs sondern wegen absichtlich schwerer Körperverletzung ermittelt wurde. Mittlerweile geht man aber auch dort davon aus, dass Alois Huber hinter dem Angriff stecken könnte.

Warum er sich damals in dem Waldstück in Matzleinsdorf von Z. gestört gefühlt haben könnte, ist noch völlig unklar und wird vermutlich auch nie mehr geklärt werden können. Möglicherweise war Huber wildern und hatte Angst auf frischer Tat ertappt zu werden. Dagegen spricht aber, dass der Todesschütze vor allen im Bezirk Lilienfeld und in der Steiermark unterwegs gewesen sein soll. Die Ermittlungen laufen noch.

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