Bei dieser Hitze trocknet der Neusiedler See in 166 Tagen aus
Im Mai des Vorjahres war der Pegelstand des Neusiedler Sees so niedrig wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1965.
Heuer könnte dieser Tiefststand wieder untertroffen werden, bei der derzeitigen Wetterlage verliert das "Meer der Wiener" täglich sechs Millimeter. Bei diesem Tempo wäre der Wasserstand im See in rund 166 Tagen um einen Meter tiefer, bei einer durchschnittlichen Tiefe von etwa 1,5 Metern also noch nicht ganz, aber so gut wie ausgetrocknet.
Dazu wird es natürlich nicht kommen, speist sich der Neusiedler See doch fast zur Gänze aus Niederschlägen und die werden spätestens nach dem Sommer wieder einsetzen.
Doch es könnte knapp werden, warnt Christian Sailer vom Hauptreferat Wasserwirtschaft im Burgenland. Der mittlere Wasserstand wurde jedenfalls schon unterschritten.
Sailer möchte die Lage „nicht dramatisieren“, aber es sei möglich, dass diesen Sommer historische Tiefststände erreicht werden: „Wir sind am Beobachten und schauen, wie der Sommer wird. Aber der Trend zu heißen Sommern ist zu beobachten.“
Der heuer relativ feuchte Mai war quasi nur ein Tropfen auf dem langsam austrocknenden See, seit Juni zeigt der Pegelstand wieder klar in eine Richtung: nach unten.
Die ersten Lacken im Seewinkel sind bereits ausgetrocknet, die meisten in den vergangenen beiden Wochen. Laut Sailer sei das an sich zwar nicht ungewöhnlich, wohl aber einer früher Zeitpunkt.
Um den Wasserstand des Neusiedler Sees zu stabilisieren, hat das Land bereits im Vorjahr ein gemeinsames Projekt mit Ungarn gestartet.
Der Plan ist, Wasser aus dem Mosony-Arm der Donau zuzuleiten, 1 bis 3,5 Kubikmeter pro Sekunde wären laut Sailer möglich.
So viel Wasser braucht der Neusiedler See
Die Dimensionen beziehungsweise die benötigte Menge sind beeindruckend: Ein Millimeter Pegelstand sind rund 285.000 Kubikmeter Wasser. Bei einem Kubikmeter pro Sekunde würde die Erhöhung um einen Millimeter etwas mehr als drei Tage dauern, bei 3,5 Kubikmeter pro Sekunde wären es circa ein Tag.
Eine andere Berechnung sagt, dass die gesamte durch Wien fließende Donau für 25 Minuten vollständig umgeleitet werden müsste, um das Wasser im See um nur einen einzigen Zentimeter zu heben.
1865 bis 1868 war der Neusiedler See zuletzt vollständig ausgetrocknet. Aufgrund der dokumentierten Austrocknungsphasen kann man annehmen, dass er bisher rund hundert Mal ohne Wasser war
1918 scheiterte ein Entwässerungsplan durch das Ende der Monarchie. Drei Jahre später wurden weitere Pläne zur Trockenlegung von Jägern, Naturschützern und der Bevölkerung verhindert
1938 wurden mehrere Projekte geprüft, um den See zu erhalten, etwa Zuleitungen von Donau oder Leitha, sogar Turbinen waren im Gespräch
1941 erreichte der See seine bisher größte Ausdehnung und trat dabei viele Kilometer weit über die Ufer
2014 wurde zuletzt in größerem Ausmaß Wasser über den Einser-Kanal in Richtung Ungarn abgelassen
Wussten Sie, dass ...
... sich der Neusiedler See zu 90 Prozent aus Niederschlag speist. Die Hauptregenmenge kommt im Sommer. Jeder Gewitterregen hat einen positiven Effekt auf den See
... ein Liter Seewasser 1 - 2 Gramm Salze enthält
Das Land Burgenland hat sich jedenfalls bereits darauf festgelegt, den See als Landschaftselement zu erhalten. Zu wichtig ist er für das Mikroklima in der Region, beispielsweise wäre Weinbau ohne den Neusiedler See so gut wie unmöglich. Selbiges gilt auch für den Tourismus - sowohl auf österreichischer als auch auf ungarischer Seite.
Warum Ungarn ein Problem hat
Gerade die Ungarn haben ein großes Problem mit sinkenden Wasserständen, schon jetzt wird der See auf ungarischer Seite laufend ausgebaggert. Denn durch den Nordwind wird Schlamm genau in jenen Bereich verlagert, in dem die Orbán-Regierung das Megaprojekt bei Fertőrákos umsetzen will.
Umweltschützer und auch das Klimaschutzministerium warnen vor der Zuleitung von Donauwasser in den leicht salzhaltigen Neusiedler See und befürchten massive negative Auswirkungen auf Flora und Fauna.
Vom in Land in Auftrag gegebene Studien haben allerdings ergeben, dass die zugeleitete Menge zu gering sei, um ernsthafte Schäden zu verursachen.
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