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Lernen zu Hause gefiel vielen, aber …

503 Schülerinnen und Schüler aus 617 FamilienSchüler_innen bewerteten das "Lernen im Ausnahmezustand" scheinbar widersprüchlich: Mehr als ein Drittel berichtete von Überforderung und Verunsicherung durch die Situation des Lockdown (35%) und nur ein Fünftel der Schüler_innen vermisste die Schule nicht (9%) oder wenig (12%). Trotzdem meint die Mehrzahl der Schüler_innen (55%), dass ihnen das Lernen zu Hause sehr oder eher gefällt. Rund 22% sind diesbezüglich unentschieden und ein weiteres Viertel der Schüler_innen lernt lieber in der Schule.

Auch standen Schüler_innen dem digital unterstützten Lernen insgesamt eher positiv gegenüber. Nur 12% der Schüler_innen lehnten das Lernen am Computer oder am Tablet ab, und rund 21% sind diesbezüglich unentschieden. Skeptisch gegenüber dem digitalen Lernen mittels Computer oder Tablet sind vor allem Schüler_innen aus hochqualifizierten Haushalten (36%). Von den Schüler_innen aus geringer qualifizierten Haushalten meinten nur rund 30%, dass ihnen das Lernen am Computer wenig, nicht oder nur teilweise gefalle.

Je älter die Schüler_innen sind, desto differenzierter ist das Meinungsbild zum Lernen zu Hause. Mädchen über 14 Jahre gefällt das Lernen zu Hause besonders häufig (62%). Auch Schüler_innen, die im letzten Jahr eine Deutschförderklasse besuchten, bewerten das Lernen zu Hause tendenziell positiver (58%).

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Fast ein Drittel vermisste Erklärungen

Diese Gruppen sind es jedoch zugleich, die durch die Situation des Lockdown am stärksten überfordert waren. Zuerst ist dies die Gruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Während nur rund 11% der Volksschüler_innen sich eher überfordert fühlten, meinten das rund ein Fünftel der 10 bis 14-Jährigen und 43% der über 14-jährigen Schüler_innen.

Insgesamt 30% der Schüler_innen gaben an, dass ihnen während des Home Learning Erklärungen fehlten, um mit den gestellten Aufgaben gut zurecht zu kommen.

Zeit freier einteilen

83% der Schüler_innen gaben an, dass sie sich zu Hause die Zeit zum Lernen freier einteilen können. 4% stimmten dem teilweise zu und 13% nahmen keine wesentlichen Veränderungen bei der Zeiteinteilung wahr. Insbesondere Schüler_innen der Sekundarstufe II sehen durch die Schulschließung einen hohen Zugewinn an Freiheiten bei der Zeiteinteilung. Von diesen meinten 88%, dass sie sich die Zeit nunmehr freier einteilen. Von den Volksschüler_innen stimmten 61% dieser Aussage zu.

Wer vermisste die Schule

Am stärksten vermissten es Volksschüler_innen, in die Schule zu gehen. Je älter die Schüler_innen sind, umso weniger vermissten sie die Schule. Die Abweichungen vom Mittelwert zeigen jedoch, dass sich die Gruppe jener, die es vermissen in die Schule zu gehen, und jener, die das nicht tun, ab dem Teenageralter stärker ausdifferenziert. Das gilt insbesondere für Mädchen der Sekundarstufe II. Von diesen meinten 45%, dass sie die Schule tendenziell vermissen, während ein Viertel diese nicht vermisste. Von den Buben gleichen Alters meinen nur 15%, dass sie die Schule nicht vermissen.

Am meisten vermissten Schüler_innen ihre Freunde und Freundinnen (89%). Rund die Hälfte gab an, dass sie es vermissten, mit anderen zu lernen. Insbesondere Teenager_innen über 14 Jahre vermissten es auch, durch den Schulbesuch Zeit ohne ihre Familie zu haben (58%) und fast ebenso, Hilfestellungen bei den Aufgaben (55%) zu bekommen. Volksschüler_innen vermissten im Vergleich dazu Projekte und Ausflüge (69%) sowie Pausen (55%) häufiger.

Während Volksschüler_innen demnach vor allem den sozialen Kontext der Schule vermissten, ging Schüler_innen der Sekundarstufe II auch die inhaltliche Unterstützung ab. Gespräche mit Lehrer_innen über die inhaltliche Unterstützung hinaus werden immerhin von knapp 30% der Schüler_innen vermisst.

Teil-Öffnung verringerte Überforderung, fördert Freude

Mit der teilweisen Öffnung der Schulen im Mai 2020, zeitlich gestaffelt und im tageweisen Wechsel kleinerer Gruppen, nahm das Gefühl der Überforderung bei allen Befragten ab. Es ging fast allen stimmungsmäßig besser – außer den Schüler_innen der AHS-Unterstufe.

Auch die Freude am Lernen nimmt mit der Schulöffnung zu. Bei den Unter-10-jährigen stieg sie am meisten. Kinder aus einfach- oder mittelqualifizierten Familien und Mädchen haben auch merklich mehr Freude am Lernen in der Schule als zu Hause.

Die Schulöffnung hat überwiegend Freude, aber auch Stress ausgelöst. 66% der in zur Zeit der teilweisen Schulöffnung Befragten haben sich gefreut, 18% fanden es stressig, wieder in die Schule zu gehen. Auch hier war die Freude bei den Unter-10jährigen am größten, mit dem Alter nahm der Stress zu und die Freude ab.

Selbstständigkeit

In der Bilanz, die die befragten Schüler_innen am Ende des Schuljahres 2019/2020 vornehmen, rangiert bei den positiven Erfahrungen aus der neuen Lernsituation ganz oben, dass man gelernt habe, selbstständig zu arbeiten. Das trifft für 81% der Befragten zu. 76% haben es genossen, im eigenen Tempo zu arbeiten, 67% gefiel die freie Zeiteinteilung allgemein. Auch hier sind die Freiräume überwiegend zeitlicher Art. 46% der Schüler_innen haben auch inhaltliche Freiräume genutzt und berichten, sie hätten sich mehr mit Themen beschäftigt, die sie interessieren.

In der bilanzierenden Befragung meinten 44%, sie hätten mehr Aufgaben in kürzerer Zeit erledigen können als in der Schule. Das ist ein Motiv, das wir auch in den qualitativen Daten finden. Sodann haben 39% die Ruhe zuhause als angenehm empfunden. 19% fanden es sogar einfacher, ihre Lehrer_innen persönlich zu erreichen.

Die als positiv beschriebenen Aspekte des Lernens zuhause sind in den offenen Antworten jedoch nicht frei von Ambivalenz. Gerade Schüler_innen aus einfach qualifizierten Familien und mit Migrationshintergrund schätzen zwar die Freiräume aber sind sich sehr klar darüber, dass sie die Unterstützung durch Lehrer_innen und Freund_innen brauchen.

Mitschüler_innen vermisst

In der Bilanz der negativen Aspekte sind es ganz deutlich die Mitschüler_innen, die den meisten (67%) der Befragten gefehlt haben. Auch bei der teilweisen Schulöffnung berichten einige, dass sie im Schichtbetrieb mit ihren Freund_innen nicht gleichzeitig in der Schule waren und ihnen diese weiterhin fehlten. Der Versuch, Infektionsrisiken zu verringern, spießt sich mit den sozialen Beziehungen der Schüler_innen, die sich oftmals nicht auf Klassenverbände beschränken. 43% meinten, dass die Betreuungs- und Unterstützungsressourcen ihrer Eltern beim Home Learning vorausgesetzt wurden. Das hat zu wahrnehmbaren Belastungen der Familien geführt. Diese liegen – so die Antworten auf offene Fragen – nicht immer in fehlenden Kompetenzen der Eltern. Zeitmangel spielt auch dann eine Rolle, wenn diese im Home Office sind, Erwartungen und Tagesrhythmen müssen abgestimmt werden, und Schüler_innen und Eltern stellen fest, dass das Unterrichten aus guten Gründen ein eigener Beruf ist. In der Bilanz meinen nur 18% der Schüler_innen, es habe ihnen die Motivation gefehlt. Von zu wenig Hilfe bei den Aufgaben berichten nur 15%. 9% waren besorgt um den Abschluss der Klasse.

Wünsche für Normalzeit

Auch bei den Wünschen der Schüler_innen für die Weiterentwicklung der Schule führt die Möglichkeit, im eigenen Tempo zu lernen, die Rangliste mit 79% an. Es ist insbesondere ein Thema für die Älteren (85%) und für Schüler_innen, die zuhause Deutsch sprechen (83%). Schülerinnen stimmen hier etwas häufiger zu als Schüler (80% gegenüber 74%).

Spannend ist auf Listenplatz 2 der Wunsch nach neuen, attraktiven Räumen für das selbstbestimmte Lernen. Hier stimmen insgesamt 73% zu. Die Geschwisterzahl im Haushalt macht einen Unterschied. Einzelkinder liegen knapp über dem Durchschnitt (74%), Schüler_innen mit einem Bruder oder einer Schwester zuhause darunter (65%), sodann steigt die Zustimmung zu diesem Angebot bei Schüler_innen mit 3 und mehr Geschwistern auf 81%.

Individualisierung

Im Ranking folgt der Wunsch nach Lehrenden, die stärker auf einzelne Schüler_innen eingehen mit 68% Zustimmung. Sie ist Einzelkindern (78%) besonders wichtig. Auch Schülerinnen und über 15jährige Schüler_innen stimmen hier überproportional häufig zu (74%).

Eine bessere Schulung der Lehrenden für das digitale Unterrichten wünschen sich insgesamt 64% der Befragten. Über 15jährige wünschen sich öfter digital kompetentere Lehrende (68%).

Um eine angenehme Lernkultur in der Schule zu schaffen, bewerten 64% der Schüler_innen auch die Entwicklung der während der (teilweisen) Schulschließung zum Teil praktizierten anderen Formen der Leistungsüberprüfung, anstelle von Tests und Schularbeiten, als wichtig.

Kleinere Gruppen, Vertrauen

Gleichermaßen wichtig sind den Schüler_innen eine vertrauensvolle Kommunikation mit den Lehrenden (62%) und kleinere Lerngruppen und Klassen (62%). Kleinere Lerngruppen und Klassen werden überproportional häufig von Schülern (68%) und über 15jährigen (69%) gewünscht. Zudem halten dies insbesondere Schüler_innen mit drei und mehr Geschwistern (81%), Schüler_innen aus einfachqualifizierten Haushalten (69%) (gegenüber denen aus hochqualifizierten Familien mit 56%) und mehrsprachige Schüler_innen (68%) für wichtig (deutschsprachige 57%). Kleinere Lerngruppen sind demnach, ebenso wie die Schaffung neuer Lernräume verstärkt ein Thema für die benachteiligten Gruppen.

Es folgen die Möglichkeiten, eigenständig Lernstoff zu erarbeiten mit 61%. Das ist eher ein Thema der Älteren (66%). Ansonsten stimmen hier nur die Kinder ohne Geschwister im Haushalt überdurchschnittlich häufig zu – vermutlich, weil sie für die selbstständige Arbeit mehr Ruhe haben.

Mehr Schulung der Schüler_innen im digitalen Lernen wünschen sich 58%. Tendenziell melden Kinder aus mittelqualifizierten Familien und Schülerinnen einen stärkeren Bedarf daran an. 53% wünschen sich, dass computerunterstütztes Arbeiten selbstverständlich in den Unterricht integriert wird.

Nachlese zur Präsentation "Kinder am Wort"

Die Veranstaltung zum Nach-Sehen und -Hören

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