Vierte Covid-Impfung: Noch vor dem Sommer oder erst im Herbst?
"Empfohlen" – dieses Wort verwendet das Nationale Impfgremium (NIG) derzeit noch für alle ab 80 Jahren, wenn es um die vierte Impfung geht. Personen ab 65 Jahren (und Risikopersonen) kann eine vierte Impfung verabreicht werden.
Die dezidierte Empfehlung zu einer vierten Impfung noch vor dem Sommer soll jetzt laut Gesundheitsministerium auf vulnerable Personen und alle über 65 Jahren ausgeweitet werden. Wie zwei Experten das Thema vierte Impfung sehen - und wie sie Frage "Vierte Impfung vor dem Sommer oder erst im Herbst" beantworten.
Wer noch vor dem Sommer zum vierten Mal geimpft wird, soll dann im Herbst die nächste (fünfte) Impfung bekommen. Dafür wird es auch Aktionen in Pflegeheimen, Ordinationen und Vereinen geben, um die Menschen in ihren Lebensbereichen zu erreichen. Man wolle aber noch auf die endgültige Empfehlung des Impfgremiums (NIG) warten.
Alle anderen sollen sich zwischen Ende August und Ende September mit der vierten Impfung auffrischen.
"Wer sich jetzt mit einer vierten Impfung schützt, muss sich bewusst sein, dass er im Herbst eine fünfte benötigen wird. Dann aber wahrscheinlich schon mit einem angepassten Impfstoff", sagt der Infektiologe und NIG-Mitglied Herwig Kollaritsch. "Im Herbst verlieren wir den Bonus der warmen Jahreszeit, Reiserückkehrer bringen Infektionen mit, die Schulen beginnen."
Impfung und Maske
Er selbst sei 67, habe Ende September die dritte Impfung erhalten und wolle – solange die Inzidenz nicht massiv steigt – noch zuwarten: "Ich habe keine gesundheitlichen Risikofaktoren und bin auch keinen Risikosituationen ausgesetzt. Ins Theater gehe ich nur mit Maske." Bei Personen mit erhöhtem Risiko – etwa Lehrkräften oder Verkaufspersonal – sei das anders. Lasse er sich erst im Spätsommer impfen, profitiere er bei einer Herbstwelle auch stärker von dem Infektionsschutz als bei einer Impfung jetzt im Juni, wo die Gefährdung niedriger ist. Denn der hohe Schutz vor Infektion halte nur rund drei Monate an. "Und es gibt bis Herbstbeginn vielleicht auch schon einen an Omikron adaptierten Impfstoff." Kollaritsch betont, "dass wir es mit der Impfung alleine nicht mehr schaffen werden, das Infektionsgeschehen zu reduzieren und man diese mit anderen Maßnahmen wie Masken kombinieren muss".
Der klinische Pharmakologe Markus Zeitlinger, MedUni Wien, argumentiert etwas anders: "Wer von sich aus sagt, er lasse sich heuer nur noch maximal einmal impfen, der sollte das eher im Spätsommer/ Herbst tun. Wer hingegen sagt, er wolle zu jeder Zeit den maximalen Immunschutz, der soll sich jetzt ein viertes Mal impfen lassen, unabhängig vom Alter aus meiner Sicht – Kinder ausgenommen. Es gibt keinen Grund, sich jetzt nicht die vierte Dosis zu holen." Das Risiko schwerer Erkrankungen sinke dadurch weiter.
Schutz vor der Sommerwelle
Denn es werde eine Sommerwelle geben, "und auf was soll ich warten, wenn ich mich schon jetzt schützen kann?" Zumal es fraglich sei, ob schon bis September ein angepasster Impfstoff vorhanden ist: "Beim Infektionsschutz, der dann bei einer Juni-Impfung im Herbst schon geringer ist, ist die Frage, wie groß man seine Infektionsgefahr über den Sommer sieht – aber es wird die Inzidenz nicht auf null zurückgehen und im Urlaub will ich ja auch nicht unbedingt krank werden." Medizinisch spreche nichts dagegen, sich im Juni und dann bereits im Oktober wieder impfen zu lassen: "Das zeigen die Daten aus Israel, wo nach vier Monaten geboostert wurde. Nur kürzer sollte es nicht sein."
Auch im Ministerium betont man, das Impfungen Neuinfektionen nicht komplett verhindern können, "aber sie halten die Hospitalisierungsrate niedrig und verhindern, dass das Gesundheitssystem zusammenbricht". Bei der Covid-Schutzimpfung werde es so sein wie bei anderen regelmäßigen Impfungen, etwa der Influenza-Impfung, bei der man auch in gewissen Abständen auffrischen muss. Nur das Intervall stehe noch nicht endgültig fest.
Impfzertifikate
64 % der gesamten Bevölkerung (5.740.324 Menschen) haben ein aktives Impfzertifikat
Mindestabstand
Eine 4. Impfung ist frühestens vier Monate nach der 3. Impfung empfohlen.
Eine Genesung zählt ab 23. 8. nicht mehr als Ersatz einer Impfung. "Weil wir mittlerweile wissen, dass eine Genesung mit der oft leichteren Omikron-Variante keinen guten Schutz bietet", so Chief Medical Officer Katharina Reich
Impfkampagne
Derzeit wird an der Impflogistik für den Herbst gearbeitet. Logistisch ist Österreich in der Lage im Monat 2,5 Millionen Menschen zu impfen. Am 8. 6. wurden 3.122 Impfungen verabreicht
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