Long Covid: Fachleute fordern mehr Aufklärung

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Die Corona-Inzidenzen steigen, die Angst vor einer Sommerwelle geht um und das diffuse Krankheitsbild schürt die Unsicherheit vieler.

Nicht immer ist mit dem Erreichen des Genesenen-Status die Corona-Infektion Geschichte. Bei manchen Menschen sorgen die Langzeitfolgen für großen Leidensdruck, Frustration - und vor allem für Ratlosigkeit. Denn auch nach über zwei Jahren Corona ist das Wissen zu Long Covid noch lückenhaft. Während zahlreiche Studien auf eine Annäherung an das Krankheitsbild abzielen, kritisieren Experten die Versorgungssituation.

Long Covid per Definition

Als „Long Covid“ definieren die deutschen Patientenleitlinien Beschwerden, die länger als vier Wochen nach der Corona-Infektion bestehen, als Unterform „Post Covid“ dauern sie länger als zwölf Wochen an. In einer Stellungnahme des Corona-Expertenrats der deutschen Bundesregierung aus dem Mai heißt es: Laut Studien entwickle die Mehrheit derer, die mit schwerem Covid-19-Verlauf auf Intensivstationen behandelt wurden, Langzeitkomplikationen. Auch nach milder Infektion erfüllten zehn Prozent die Post-Covid-Kriterien.

Konsens in Expertenkreisen herrscht zur Annahme, dass vollständiger Impfschutz das Risiko für Langzeitfolgen nach einer Corona-Infektion klar verringert. Einer englischen Studie zufolge reduzieren Grundimpfungen und Booster das Long-Covid-Risiko um 50 Prozent, einer israelischen Studie zufolge um zwei Drittel.

Abstufung bei möglichen Symptomen

Dennoch: Der deutsche Gesundheitsminister verwies kürzlich via Twitter auf Basis britischer Daten darauf, dass auch viele Geimpfte in der Omikron-Welle von Long Covid betroffen seien. Trotzdem wäre die Zahl ohne Impfung viel höher, machte er deutlich.

Hingewiesen wird auch auf die Abstufung bei möglichen Symptomen: Viele schränkten im Alltag kaum oder gar nicht ein, andere könnten im Extremfall zu längerfristiger Arbeitsunfähigkeit oder Bettlägerigkeit führen.

Zu den häufigsten Symptomen gehört eine pathologische, als „Fatigue“ bezeichnete Müdigkeit. Beeinträchtigungen der Leistungs- und Merkfähigkeit, der Konzentration oder ein „Gehirnnebel“ (Brain Fog) treten auch oft auf. Wortfindungsstörungen und weitere kognitive Einschränkungen werden häufig beklagt, ebenso wie allgemeine Schwäche, Atemnot oder Kurzatmigkeit und andauernder Husten.

Im deutschen Expertenrats-Papier heißt es, „strukturelle Organauffälligkeiten verbleiben häufig nach einem schweren Covid-19 Verlauf, sind jedoch nach milden Krankheitsverläufen selten zu finden“. Karl Lauterbach warnte zuletzt, dass sich Studienhinweise verdichteten, nach denen Long Covid mit andauernder Entzündung des Gehirns einhergehen könne.

Keine Pille gegen Long Covid

Was aber ist zur Therapie bekannt? Am besten begegne man der Erkrankung mit einem Konzept, das verschiedene Disziplinen der Medizin und Psychologie einschließe, so die Mediziner. Die eine Pille gegen Long Covid werde es nie geben. Der erste Schritt sei „zuhören, ernst nehmen, gründlich untersuchen“.

Aus Expertensicht gilt: Betroffene dürften sich nicht zurückziehen und sollten so gut es geht im Alltag bleiben, sich aber keineswegs überfordern. Long Covid sei oft auch ein Problem der Leistungsgesellschaft. Mediziner versuchen, die individuellen Symptome der Betroffenen zu lindern. So können bestimmte Atemtechniken Atemnot oder Kurzatmigkeit lindern, Physiotherapie kann bei Muskelschwäche Abhilfe schaffen.

Bei den meisten Patienten sind die Beschwerden nach sechs, spätestens neun Monaten deutlich verbessert oder sogar weg. Einige haben aber auch viel länger mit Symptomen zu kämpfen.

Long Covid als Dauerbrenner

Nach Einschätzung des deutschen Experten-Gremiums ist es wahrscheinlich, dass die mit Long Covid verbundenen Beschwerden die Gesellschaft sowie das Gesundheits- und Sozialversicherungssystem langfristig belasten. Der in Essen tätige Neurologe Christoph Kleinschnitz zeigt sich aber vorsichtig optimistisch. „Es gibt keinen Grund, an Long Covid zu verzweifeln.“

Kleinschitz geht davon aus, dass mindestens 80 Prozent der Betroffenen sich innerhalb eines „überschaubaren Zeitraums“ erholen. „Long Covid muss ernstgenommen und angegangen werden. Aber wir kriegen das als Gesellschaft innerhalb der nächsten fünf, zehn Jahre gut in den Griff.“

 

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