Infektiologe Wenisch: "Es gibt keinen Grund, in Panik zu verfallen"

Infektiologe Wenisch: "Es gibt keinen Grund, in Panik zu verfallen"
Der Infektiologe und Triathlet Christoph Wenisch setzt in seinem Job auf vollen Einsatz, aber auch auf Humor.

Kaum ein Arzt hat während der Pandemie so viel Berühmtheit und Sympathiepunkte gesammelt wie er: Christoph Wenisch ist Infektiologe in der Klinik Favoriten und blickt im Interview auf Covid und auch auf neue Herausforderungen.

KURIER: Herr Dr. Wenisch, sind Sie „pandemüde“?

Wenisch: Im privaten Bereich vielleicht ein bisschen. Im Beruf war und ist bei mir natürlich ohnehin immer was los – und das schon immer im Ganzkörperanzug.

Ihr rechter Arm ist äußerst bekannt: Das Foto, als Ihnen als einer der Ersten in Österreich die Covid-Impfung verabreicht wurde, hat es u. a. auch in die „New York Times“ geschafft.

Ja, das war ein Gänsehaut-Moment! Und zwar ein positiver. Ich hab gedacht: Jetzt haben wir es geschafft! Dann ist es aber doch anders gekommen, als erwartet.

Seit Pandemiebeginn waren Sie sehr viel im Einsatz. „Wir machen keine Urlaube oder schlafen im Sommer, wie es der Politik vorgeworfen wird“, haben Sie einmal gesagt. Wie sieht es derzeit aus? Haben Sie wieder mehr Freizeit und wie verbringen Sie diese?

Ein bisschen Urlaub hab ich mir in der Zwischenzeit gegönnt und das war auch bitter nötig. Den letzten Sonntag habe ich bei der Challenge in St. Pölten (Triathlon mit 1,8 km Schwimmen, dann 90 km Rad und dann 21,1 km Laufen) verbracht – eine Leidenschaft von mir und das Training dazu ist ein perfekter Ausgleich zur Arbeit in der Klinik.

Warum sind Sie eigentlich Infektiologe geworden? War das immer der Plan?

Ja. Ich wollte das nach einer (heute unnötigen) Quarantäne wegen Scharlach seit meinem 5. Lebensjahr. Für mich der beste Beruf, da durch eine adäquate Therapie mit den richtigen Medikamenten fast immer eine Heilung rasch erreicht wird. Aber auch durch moderne Hygiene, Impfungen und eben optimale antiinfektive Therapien werden und wurden täglich weltweit Tausende Menschen vor den Konsequenzen einer Infektion durch verschiedene Erreger befreit. Hier bin ich dankbar dafür, einen beruflichen Anteil haben zu dürfen.

Wie ist derzeit die Lage in den Krankenhäusern hinsichtlich der Belegung durch Corona-Patienten und -Patientinnen?

Die Lage ist stabil und das auf einem moderaten bis niedrigen Niveau. Bei den Intensivbetten sind derzeit nur mehr 4 (Stand 27.05.2022) mit akuten Covid-19-Patienten und -Patientinnen belegt. Bei den Normalbetten sind es rund 60. Da kommen aber auch noch einmal fast genauso viele Post-Covid-Patienten und -Patientinnen dazu. Das sind Betroffene, die noch mit Covid-19 bei uns liegen, aber nicht mehr positiv getestet werden.

„Ein Politiker soll Politiker sein und ein Arzt soll Arzt sein. Wenn ich mich nicht auskenne, dann muss ich auch den Mund halten.“ Für diese Aussage haben Sie viel Beachtung erhalten. Wie beurteilen Sie die Worte gegenwärtig?

Ganz generell finde ich es einen klugen Zugang, die eigenen Kompetenz-Grenzen anzuerkennen. Würden wir das alle tun, ginge es uns allen in vielen Bereichen besser. Nach wie vor bin ich Arzt und Infektiologe und kann nur von diesem Standpunkt aus politische Entscheidungen beurteilen – aber ein Politiker bin ich nicht und ich möchte nach wie vor keiner sein. Politiker und Politikerinnen müssen in ihren Entscheidungen ganz andere Parameter berücksichtigen als Ärzte und Ärztinnen. Tauschen möchte ich nicht!

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