Neue Daten: Moderna-Booster schützt vor BA.5
Der Impfstoffhersteller Moderna gab am Montag in einer Pressemitteilung bekannt, dass im Herbst zwei Omikron-Impfstoffe verfügbar sein werden, die gegen die Varianten BA.4 und BA.5 wirken. Es wären die ersten Impfstoffe, die gegen die infektiöse Variante BA.5 wirksam wären, die hierzulande aktuell für die erste Sommerwelle der Pandemie sorgt.
BA.5 ist in Österreich bereits seit Wochen die vorherrschende Variante – 75 Prozent aller Coronainfektionen gehen derzeit auf sie zurück, in Wien sind es 80 Prozent. Der US-Experte Eric Topol bezeichnete sie als "schlimmste Variante bisher". Untersuchungen zeigen, dass sie nicht nur infektiöser ist und besser in die Zellen eindringen kann als andere. Sie kann von allen bisher bekannten Varianten auch den Immunschutz am besten umgehen.
Diese sogenannte Immunflucht werde dazu führen, dass neuerliche Infektionen bei genesenen und geimpften Personen zunehmen werden, so Topol. Hier setzen die Impfstoffe von Moderna an.
Ursprünglich gegen BA.1
Der erste trägt die Bezeichnung mRNA-1273.214. Er wurde ursprünglich gegen die Variante BA.1 entwickelt, die mittlerweile allerdings durch BA.4 und BA.5 verdrängt wurde bzw. sich beispielsweise in Österreich gar nicht durchsetzte. Die gute Nachricht: Erste klinische Tests zeigten eine gute neutralisierende Wirkung – nicht nur gegen BA.1, sondern eben auch gegen BA.4/BA.5, die derzeit in vielen Ländern das Infektionsgeschehen bestimmen.
Im Vergleich zur derzeit zugelassenen Auffrischungsimpfung mRNA-1273 erfolgten in Studien signifikant höhere neutralisierende Antikörperreaktionen gegen die sich schnell ausbreitende Variante BA.4/BA.5, wie Moderna am Montag bekannt gab. Das gilt, wenn mRNA-1273.214 als zweiter Booster verabreicht wird, also bereits eine Grundimmunisierung vorliegt. Diese Daten sind allerdings noch nicht veröffentlicht, sondern befinden sich im Begutachtungsprozess.
Dabei handelt es sich um einen bivalenten Impfstoff, das heißt, er wirkt nicht nur gegen eine Virusvariante, sondern gegen zwei. Im konkreten Moderna-Impfstoff also gegen die Ursprungsvariante von SARS-CoV-2 sowie die Varianten BA.4/BA5, die oft gemeinsam genannt werden, da sie sich trotz einzelner Unterschiede in wesentlichen Merkmalen ähneln.
Bereits im Juni hatte Moderna mitgeteilt, dass der Impfstoff den Immunschutz gegenüber der Omikron-Variante BA.1 deutlich verstärkt. Laborergebnisse zeigten, dass die neutralisierenden Titer gegen BA.4/BA.5 ein Monat nach Verabreichung des Boosters mit mRNA-1273.214 um den Faktor 5,4 gestiegen sind.
Speziell gegen BA.4/BA.5 entwickelt
Der zweite Impfstoff, der im Herbst auf den Markt kommen soll, wurde speziell gegen BA.4/BA.5 entwickelt – auf Aufforderung der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA. Er hat die Kennzeichnung mRNA 1273.222. Auch er erzielte laut Moderna bessere neutralisierende Antikörperreaktionen als der derzeit verabreichte Booster.
Da BA.1 mittlerweile nicht mehr verbreitet ist, ist wahrscheinlicher, dass die FDA den zweiten Impfstoff, also mRNA 1273.222 zulassen wird, meinte Analyst Michael Yee gegenüber Reuters. "Wir arbeiten mit den Regulierungsbehörden zusammen, um zwei bivalente Impfstoffkandidaten, mRNA-1273.214 und mRNA-1273.22, voranzutreiben, die auf unterschiedliche Marktpräferenzen für Omikron-Subvarianten, klinische Datenanforderungen und der Dringlichkeit des Beginns von Auffrischungskampagnen für gefährdete Bevölkerungsgruppen basieren", sagte dazu MOderna-CEO Stéphane Bancel.
Kommen die Impfstoffe rechtzeitig?
Unklar ist, ob angepasste Impfstoffe, an denen auch Moderna-Konkurrent Biontech/Pfizer arbeitet, rechtzeitig verfügbar sein werden. Zeitaufwändige Studien am Menschen sind zwar unerlässlich, verzögern aber die Verfügbarkeit der Impfstoffe. Vor September ist zudem nicht mit einer Entscheidung der EMA hinsichtlich der Zulassung zu rechnen.
Zum Vergleich: Bei den jährlich angepassten Grippeimpfstoffen legt die WHO die aktuelle Zusammensetzung vor der Saison fest, sodass die Impfstoffhersteller mit der Produktion beginnen können, ohne jedes Mal neue klinische Studien durchführen zu müssen. Der Zulassungsprozess für mRNA-Impfstoffe wurde zwar vereinfacht, ist allerdings noch nicht so vereinfacht wie bei Grippeimpfungen.
Das heißt: Erste variantenspezifische Impfstoffdosen könnten erst im Oktober oder November geliefert werden. Fraglich ist, ob BA.4/BA.5 dann noch die vorherrschenden Varianten sind und falls nicht, ob ein bereits bekannter Impfstoff vor neuen Varianten schützt. Ob variantenspezifische Impfstoffe den bisher verfügbaren überlegen sind oder nicht, hängt im Wesentlichen von der nicht zu beantwortenden Frage ab, welche Varianten uns im Herbst erwarten.
Das Nationale Impfgremium (NIG) empfiehlt derzeit nicht auf angepasste Impfstoffe zu warten. Am Montag empfahl die EU Menschen über 60 Jahren eine vierte Corona-Impfung. In Österreich liegt – abgesehen von Risikopersonen jeglichen Alters – die Altersgrenze für eine direkte Empfehlung bei 65 Jahren.
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