Influenza: Was jetzt auf uns zukommt

Influenza: Was jetzt auf uns zukommt
Die kommenden Wochen werden viele ins Bett zwingen. Noch ist es sinnvoll, sich impfen zu lassen.

Diese Viren sind hartnäckig: Für kurze Zeit überleben sie sogar auf Oberflächen wie Türklinken, Spielsachen, Schreibzeug, Tastaturen, Mobiltelefonen oder Tablets. Greift man einen Gegenstand an, den zuvor eine infizierte Person in der Hand gehabt hat und fährt dann mit der Hand zu Mund, Nase oder Auge, kann man sich mit dem Influenza-Virus bereits angesteckt haben.

„Im Schnitt infiziert ein Grippekranker zwei weitere Personen“, sagt Monika Redlberger-Fritz vom Department für Virologie der MedUni Wien. „Das ist auch ein wichtiger Grund, warum Erkrankte unbedingt zu Hause bleiben sollten.“

Viele Virennachweise

Und Erkrankte gibt es derzeit von Tag zu Tag mehr: In mehr als 60 Prozent der Schleimhautproben, die niedergelassene Ärzte an die Virologen zur Überprüfung schicken, können bereits Influenzaviren nachgewiesen werden - der KURIER berichtete. „Das signalisiert den Beginn der Grippewelle in Österreich“, sagt Redlberger-Fritz.Nach wie vor dominant ist das A(H3N2)-Virus, das zuletzt 2016/2017 die Grippesaison beherrschte. Es sorgt für stärkere Infektionen mit mehr Komplikationen.

Allerdings: „Ich bin mir nicht sicher, dass dieses Virus der dominante Erreger dieser Saison bleiben wird“, sagt die Virologin: „In den neuesten Daten dieser Woche sind die beiden Influenza-A-Viren H3N2 und H1N1 ziemlich gleich auf.“

Grundsätzlich stimmen die entscheidenden Eigenschaften der Impfviren mit denen der zirkulierenden Viren überein. Nur für einige Influenza-B-Viren der Victoria-Linie gelte das nicht ganz: „Hier passt der Impfstoff nicht optimal. Aber das ist jedes Jahr so, dass es nicht bei allen Stämmen eine optimale Übereinstimmung der Merkmale gibt.“ Zudem machen die B-Viren derzeit nur einen kleinen Teil der gesamten Infektionen aus.

Soll man sich jetzt noch impfen lassen? Redlberger-Fritz: „Das Plateau einer Grippewelle dauert rund acht bis zwölf Wochen. Bis die Impfung wirkt, vergehen rund zehn Tage. Bekommt man dieser Tage die Impfung, ist man noch zumindest den Großteil der Saison geschützt.“ Österreich hat aber die niedrigste Impfrate in Europa – nur knapp zehn Prozent der Bevölkerung sind geschützt.

Die Schwere der Komplikationen einer echten Grippe ist vielen nicht bewusst. In der vergangenen Saison 2018/2019 gab es 1300 Todesfälle, die letztlich durch eine Influenza-Infektion verursacht wurden, darunter fünf Kinder. In der Saison 2017/2018 waren es 4000 Todesfälle, darunter neun Kinder.

Zu den Komplikationen zählen Gehirn- und Lungenentzündungen ebenso wie auch Herzinfarkt und Schlaganfall. So ist bei Personen mit Gefäßproblemen in der Woche nach der Grippe das Risiko für Gefäßverschlüsse deutlich – bis zum Sechsfachen – erhöht. In einer australischen Studie konnte gezeigt werden, dass bei beinahe zehn Prozent der Patienten, die mit einem Herzinfarkt ins Spital gebracht wurden, vorher eine Influenza-Infektion stattgefunden hat.

Entzündungsreaktion

Über den Zusammenhang gibt es vorerst nur Vermutungen: Die Influenza löst eine Entzündungsreaktion im gesamten Körper aus, die dann letztlich zu einem Arterienverschluss führen kann.

„Auch Lungenentzündungen werden häufig unterschätzt“, sagt Michael Meilinger von der Abteilung für Innere Medizin am Wiener Krankenhaus Nord-Klinik Floridsdorf. „Immer wieder kommen Leute erst in einem fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung in die Notaufnahme, was die Prognose verschlechtern und eine Behandlung erschweren kann. Die Sterblichkeit nimmt mit jeder Stunde, in der die Patientin oder der Patient ohne ausreichende Therapie bleibt, deutlich zu.“ Ein Warnsymptom gerade bei älteren Patienten kann eine deutlich beschleunigte Atmung sein.

Vor geplanten chirurgischen Eingriffen sollte man eigentlich „gesund“ sein. Komplikationen kann es bei entzündeten Atemwegen geben. Besondere Vorsicht gilt bei Kindern. „Streng nach Lehrbuch müsste man bei einer Atemwegsinfektion vier Wochen lang warten. Wir sind da in unserem Bereich und mit unserer Erfahrung und Ausbildung großzügiger und sprechen eher von einem Abstand von zwei Wochen“, sagt Peter Marhofer, Leiter der Kinderanästhesie von MedUni / AKH Wien.

Das gilt aber nicht für akut notwendige Operationen.  „Eine akute Blinddarmentzündung wird man auf jeden Fall operieren, weil sonst Schlimmeres droht. Einen Knochenbruch wird man einrichten – und das erfolgt bei uns bei Kindern immer unter Regionalanästhesie und Sedierung.“ Zu einem Gutteil könne man sich mit einer differenzierten Auswahl des Anästhesieverfahrens helfen.

Das gilt auch für Erwachsene. Hier ist vor allem bei Risikopatienten mit Vorerkrankungen Vorsicht angebracht. Und bei Hüft- oder Kniegelenksersatz ist man bei Infektionen vorsichtig: Denn da besteht das Risiko, dass im Rahmen des Eingriffs die Prothese mit dem Erreger infiziert wird.

Kommentare