Hohe Corona-Zahlen: Kann man sich zwei Mal mit Omikron anstecken?
Der bisherige Höchstwert von knapp 48.000 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden wirft viele Fragen auf: Wenn sich jetzt in Österreich die noch infektiösere Omikron-Subvariante BA.2 durchsetzt - ist es dann möglich, dass sich erst kürzlich mit BA.1 Infizierten neuerlich mit Omikron anstecken? Und wann ist der Gipfel der Welle jetzt endlich tatsächlich erreicht? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Schützt eine Infektion mit Delta Ungeimpfte vor einer Infektion mit Omikron – und umgekehrt?
Nein, sagt die Virologin Dorothee von Laer von der MedUni Innsbruck. "Weder vor Omikron BA.1 noch vor BA.2 ist man durch eine frühere Delta-Infektion geschützt." Gleichzeitig haben lediglich Omikron-Genesene keine besonders hohen Antikörper-Spiegel, "und diese schützen nicht vor anderen Varianten". Der Schutz vor einer Ansteckung, den man mit einer Omikron-Infektion aufbaue, sei sehr gering.
Und bei Geimpften?
"Wer schon geimpft ist und sich trotzdem mit Omikron infiziert, hat hohe Antikörperspiegel gegen alle früheren Varianten und auch gegen die aktuelle Omikron-Subvariante", betont die Virologin.
Wieso stecken sich auch viele Geimpfte an?
Weil der Schutz vor Infektionen auch nach der dritten Impfung nach circa drei Monaten zurückgeht. Der Schutz vor schweren Erkrankungen bleibt aber viel länger sehr hoch.
Kann man sich nach einer Infektion mit einer Omikron-Subvariante gleich wieder mit einer anderen infizieren?
"Wer schon eine Omikron-Infektion hatte, kann davon ausgehen, dass er für die kommenden Monate vor einer weiteren Omikron-Infektion geschützt ist", sagt der Genetiker Ulrich Elling vom Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. "Zwischen BA.1 und BA.2 scheint es eine Kreuzimmunität zu geben", sagt auch Von Laer. "Neutralisierende Antikörper gegen BA.1 hemmen im Labor auch BA.2 – und umgekehrt."
Wieso aber gab es in Dänemark einige Fälle von Omikron-Doppelinfektionen mit BA.1 und BA.2?
"Das waren in einer Studie 47 Fälle, eine geringe Zahl", sagt Elling. Generell sei eine Reinfektion innerhalb weniger Wochen zwar nicht unmöglich, aber sehr unwahrscheinlich. "Epidemiologisch spielt das keine Rolle, das sind exotische Fälle." Aber eine Infektion mit BA.2 oder einer neuen Omikron-Subvariante im Sommer nach einer Infektion mit BA.1 Anfang des Jahres sei nicht ausgeschlossen.
Wieso sind überhaupt die Zahlen derzeit so hoch?
"Deutschland und Österreich sind die EU-Länder, die den Omikron-Gipfel noch nicht klar überschritten haben", sagt die Virologin Dorothee von Laer. Ein Grund dafür könnte sein, "dass wir nicht den Grad an Durchimmunisierung wie andere Länder haben. Einerseits sind wir eines der Impfschlusslichter, andererseits hat es etwa in anderen Ländern eine höhere Durchseuchung gegeben".
Speziell in Österreich seien zuletzt die Maßnahmen auch nicht mehr konsequent umgesetzt worden. Bis sich ein klarer Abfall bei den Zahlen zeige, werde es noch zwei bis drei Wochen dauern.
Nicht verstanden habe von Laer die Abschaffung der Maskenpflicht. Sie sehe schon, dass es in den Schulen nicht so leicht sei mit den Masken, "aber bei den Erwachsenen gibt es im Handel oder im Kino überhaupt keinen Grund, nicht die Maske aufzusetzen".
Ist jetzt die infektiösere Omikron-Variante BA.2 bereits dominant?
"Man ist ja immer davon ausgegangen, dass die Omikron-Subvariante BA.1 durch BA.2 verdrängt wird", sagt der Genetiker Ulrich Elling vom Institut für Molekulare Biotechnologie. "Aber dieser Übergang hat länger gedauert als erwartet." Einerseits durch die bis vor Kurzem geltenden Schutzmaßnahmen, "und dann ist noch etwas relativ Unvorhersehbares passiert: Es hat sich eine weitere Variante, BA.1.1, dazwischengeschoben, die sich nur in einer Mutation von BA.1 unterscheidet, und dadurch schlägt der Effekt von BA.2 erst jetzt voll durch".
Und merkt man schon einen Effekt der Öffnungen vom Wochenende?
Ein weiterer Grund für den Anstieg sei die Aufhebung fast aller Maßnahmen außerhalb Wiens am Samstag "und auch, dass durch den Krieg der Gedanke an Schutzmaßnahmen in den Hintergrund getreten ist". Auch Elling fordert eine Maskenpflicht in Innenräumen. Beide halten die Entscheidung der Impfpflicht-Kommission für vernünftig, betonen aber, dass bis zum Herbst die Impflücke besonders bei den über 60-Jährigen geschlossen werden muss und Ende des Sommers eine effiziente Booster-Kampagne notwendig wird.
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