Heftige Allergiesymptome: Soll man einen Impftermin verschieben?
Für Gräserpollenallergiker hat jetzt die härteste Zeit begonnen: "Auf Grund der Wetterbedingungen im Mai verzögerte sich die Blüte einiger Gräserarten, wodurch es nun zu einem massiven Anstieg der Pollenbelastung kommt", heißt es auf der Homepage des Österreichischen Pollenwarndienstes. Bereits am vergangenen Wochenende kam es zum ersten Belastungsgipfel der Gräserpollensaison. "Neben Rispengräsern, Glatthafer, Knäuelgräsern und unterschiedlichen Schwingel-Arten hat an zahlreichen Standorten nun auch schon das weit verbreitete Weidelgras zu blühen begonnen." In den kommenden Tagen sei daher vor allem im östlichen Bundesgebiet weiterhin mit hohen Belastungen durch Gräserpollen zu rechnen. "Im Westen dämpft der Regen die Pollenfreisetzung hingegen ein wenig." Viele Pollenallergiker, die unter heftigen Symptomen leiden - stark juckende Augen, rinnende Nase, Niesattacken - stellen sich die Frage, ob es problematisch sei könnte, bei derartigen Schüben eine Corona-Schutzimpfung durchzuführen.
Impftermin nicht verschieben
"Auch bei heftigen Symptomen durch Gräser- und andere Pollen gibt es keinen Grund, einen Impftermin zu verschieben", sagt Erika Jensen-Jarolim von der MedUni Wien, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Allergologie und Immunologie. "Auch eine starke Gräserpollenallergie ist keine Gegenanzeige für eine Covid-19-Schutzimpfung. Das gilt auch dann, wenn man an Asthma erkrankt ist und dieses durch Medikamente gut kontrolliert ist."
Mehrere Fachgesellschaften haben ein Ampelschema für Allergiker zum Thema Covid-19-Impfung ausgearbeitet: "Pollenallergiker sind dabei im grünen Bereich." Generell sind alle Allergiker in diesem Bereich, die bisher keine schwere, wirklich gefährliche allergische Reaktion - also einen allergischen Schock mit unter Umständen lebensbedrohlichen Symptomen wie Atemnot und Blutdruckabfall (anaphylaktischer Schock) - gezeigt haben: "Und das gilt für alle Pollenallergiker und damit verbundene Kreuzallergien. Sie können unbesorgt impfen gehen, auch wenn die Augen stark jucken, die Nase rinnt und ihre Entzündungssymptome generell stark sind".
"Im gelben Bereich sind jene, die vielleicht schon einmal auf eine andere Impfung heftiger reagiert haben oder einen allergischen Schock, zum Beispiel auf Medikamente oder auf einen Insektenstich, erlitten haben", sagt Jensen-Jarolim. Hier gelten besondere Vorsichtsmaßnahmen: Vor der Impfung ein Antihistaminikum (Anti-Allergiemittel) einnehmen und anschließend zur Nachbeobachtung mindestens 30 Minuten sitzen bleiben.
Im roten Bereich sind jene – und das ist die kleinste Gruppe – die eine oder sogar mehrere sehr schwere Anaphylaxien erlitten haben oder auf die erste Covid-19-Impfung so reagiert haben, erklärt die Immunologin und Allergologin. "Hier muss eine umfassende ärztliche Abklärung durchgeführt werden, ob man das Impfrisiko in Kauf nimmt und wenn ja, unter welchen kontrollierten Bedingungen, also etwa nur in einer Klinik. Die RNA-Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna enthalten den Zusatzstoff PEG (Polyethylenglykol bzw. Macrogol). Patienten mit einer bekannten früheren schweren allergischen Reaktion mit Luftnot und/oder Kreislaufproblemen darauf dürfen nicht mit diesen Präparaten geimpft werden."
Heftige Reaktionen auf Impfung sehr selten
Generell können schwere allergische Reaktionen und auch die stärkste Reaktion, der allergische Schock (Anaphylaxie) mit unter Umständen lebensbedrohlichen Symptomen wie Atemnot und Blutdruckabfall – bei jeder Impfung in sehr seltenen Fällen auftreten. Und zwar 1 Fall auf 100.000 bis 1 Million Impfungen. In allen Impfzentren und Impf-Ordinationen müssen aber Notfallmedikamente wie ein Adrenalin-Pen vorhanden sein, um solche Reaktionen rasch auffangen zu können. Insofern sollte man sich nicht beunruhigen. Eine solche Reaktion ist gut behandelbar.
Auch das Österreichische Impfgremium sieht bei Pollen- und Hausstauballergikern keine Probleme: Diese sollen ungeachtet ihrer Vorgeschichte geimpft werden.
Gab es bereits einmal einen allergischen Schock, kann mindestens 60 Minuten vor der Impfung die Gabe eines Antihistaminikums in Erwägung gezogen werden.
Ist nach der ersten Impfung eine allergische Reaktion (aber kein allergischer Schock) aufgetreten, sollte die zweite Impfung nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung nur unter intensivierter Beobachtung in klinischen Einrichtungen durchgeführt werden. Bei einem allergischen Schock nach der ersten Impfung rät das Impfgremium von einer zweiten Impfung ab ("keine 2. Impfung").
Masken helfen bei Heuschnupfen
Die gegen das Coronavirus eingesetzten Masken können auch Pollen auffangen und so Heuschnupfen-Symptome in der Pollensaison verringern. "Egal welche Maske man trägt, es ist sehr wahrscheinlich, dass Pollen durch das Material abgehalten werden", sagte der Allergologe und Leiter der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst, Karl-Christian Bergmann, bereits im März. Dadurch könnte die Menge eingeatmeter Pollen zumindest reduziert werden.
Der Allergologe Arthur Helbing konkretisierte in einem Interview mit dem Schweizer Allergiezentrum, dass FFP2-Masken zwar besser filterten, die Entzündungssymptome bei Heuschnupfen aber "kaum zusätzlich" verringerten. Bereits gewöhnliche Hygienemasken seien für die meisten Pollen schon nicht mehr durchlässig, so Helbling, Leiter der Allergologisch-Immunologischen Poliklinik am Inselspital Bern. Wer trotz Maske niesen müsse, solle diese regelmäßig wechseln. "Ist die Maske feucht, bietet sie kaum mehr Schutz, weder vor Pollen noch vor Viren."
Den Schutzeffekt von Masken mindert zudem, dass Augen und Haut ungeschützt bleiben. "Die Maske kann rote, tränende oder juckende Augen nicht verhindern", so Helbing. Ein gewisser Schutz vor Pollen lasse sich mitunter durch das Tragen einer Brille erreichen.
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