Geimpft und/oder genesen: So sicher ist 2-G
Wo Menschen zusammenkommen, fühlt sich SARS-CoV-2 bekanntlich besonders wohl. Mit der 2-G-Regelung bei allen öffentlichen Vergnügungen will man dessen Ausbreitung nun bremsen. Aber ist das überhaupt zielführend?
Ist Maske in Risikosettings für Geimpfte zusätzlich nötig?
Wer seinen individuellen Schutz maximieren will, könne als Geimpfter zusätzliche Schutzmaßnahmen ergreifen, sagt Virologin Monika Redlberger-Fritz: "Wenn ich eine Hochrisikoperson bin und mich auf keinen Fall anstecken will, macht es natürlich Sinn, zusätzlich die Maske aufzusetzen. Das gilt jedenfalls auch für den Gesundheitsbereich."
Britische Forscher der Universität Oxford und des Imperial College London konnten kürzlich zeigen, dass auch vollständig Geimpfte ein gewisses, reduziertes Risiko für Haushaltsmitglieder darstellen. Sie empfehlen daher, die Schutzmaßnahmen (Masken, Abstandhalten, Lüften) auch bei hoher Impfquote weiter einzuhalten.
Wer sich um seinen Immunschutz sorgt, sei laut Redlberger-Fritz außerdem gut beraten, sich rasch die dritte Dosis zu holen. "Daten aus Israel zeigen eindeutig, dass sich so der echte Schutz vor Ansteckungen (es kommt gar nicht zu einer Infektion, Anm.) wieder extrem potent aufbaut", sagt auch der Mikrobiologe Michael Wagner. Wagner hält es in diesem Kontext für sinnvoll, die Gültigkeitsdauer der Zweitimpfung auf sechs Monate zu reduzieren. "So schafft man Anreize für die Drittimpfung und wir können uns aus der vierten Welle herausboostern."
Ist PCR-getestet nicht sicherer als 2-G? Beispiel: Ein ungetesteter Geimpfter mit Halskratzen geht ins Konzert, bemerkt die Ansteckung aber nicht.
Dass PCR-Tests die Impfung in puncto Risikoreduktion schlagen, "kann man so keinesfalls sagen", betont Wagner. Man könne sich nicht aus der Pandemie heraustesten: "In Kombination mit der Impfung können Tests die Infektionskurve aber effektiv abflachen." Redlberger-Fritz bewertet PCR-Tests zudem nur als Momentaufnahme, "die meist am Vortag gemacht wird. Habe ich mich tags zuvor infiziert, kann ich heute noch negativ sein, sechs Stunden später aber vielleicht schon hochpositiv." Dass Geimpfte eine Infektionskette auslösen, sei – im Gegensatz zu nur PCR-Getesteten – unwahrscheinlich.
Wie gefährlich sind geimpfte, ungetestete Infizierte?
"Auch bei 2-G kommt es zu Ansteckungen", sagt Wagner. Für die Bekämpfung der vierten Welle werde die Regelung "nicht ausreichen". Brauchbar sei 2-G, "um Menschen zum Impfen zu bewegen und zu verhindern, dass Ungeimpfte, die mit höherer Wahrscheinlichkeit im Spital landen, im öffentlichen Raum dorthin gehen, wo sie sich anstecken könnten". Redlberger-Fritz sieht es anders: Es könne zwar passieren, dass ein Geimpfter "Pech hat und eine Durchbruchsinfektion erleidet". Dann sei aber davon auszugehen, dass er „weniger ansteckend ist“ und bei aufrechter 2-G-Regel "auf Menschen trifft, die sich dank Impfung weniger bis gar nicht anstecken". Der positive Effekt der Impfung verstärke sich „und wir haben einen Gemeinschaftsschutz“.
Dass unter diesen Voraussetzungen ein Superspreader-Event zustande kommt, hält sie für unwahrscheinlich. Damit sei 2-G zur Eindämmung der Pandemie wichtig. Zwar können manche Geimpfte mit Symptomen in der Spitzenphase der Infektion gleich viele Viren wie Ungeimpfte abgeben, "aber sie geben weniger infektiöse Viruspartikel ab – und das kürzer". Als belegt gelte inzwischen, dass die Impfung wirkt – und zwar nicht nur gegen schwere Verläufe: In rund 70 Prozent der Fälle verhindert sie eine Ansteckung zur Gänze.
Australische Forscher haben zudem berechnet, dass der Kontakt zu Ungeimpften ein 20-fach erhöhtes Ansteckungsrisiko birgt – im Vergleich zum Kontakt mit einer immunisierten Person. Das höchste Übertragungsrisiko besteht zwischen zwei ungeimpften Personen, sind beide geimpft, reduziert sich das Risiko einer Ansteckung um das 200-fache (siehe Grafik oben).
Sollten sich Geimpfte regelmäßig testen?
Redlberger-Fritz: "Ich glaube, ganz wichtig ist, dass sich Geimpfte bei Symptomen testen lassen, auch wenn sie ganz mild sind. Oder bei Besuchen von Risikopersonen." Wagner plädiert für einen breiteren Testansatz: "Die sicherste Variante wäre, wenn sich Geimpfte mit vielen Kontakten drei Mal pro Woche testen lassen würden." Je länger die Zweitimpfung her ist, desto dringender sollte man sich testen. "Nur jene, die frisch geboostert sind, müssen sich nicht dringend testen lassen."
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