Covid-19: Wer sind derzeit die Patienten in den Spitälern?
Acht Personen mit Covid-19 lagen am Freitag auf einer Normalstation in Salzburg – alle ungeimpft. Auch zwei Covid-Intensivpatienten waren ungeimpft. Von 14 Covid-Patienten am Montag auf Tiroler Normalstationen hatten nur zwei eine Grundimmunisierung: also zwei Stiche im Falle von Pfizer, Moderna und Astra Zeneca, einer bei Johnson&Johnson. Von sieben Intensivpatienten hatte sie dort kein einziger. 14 Patienten waren es am Montag auch in Vorarlberg (zwölf auf Normal-, zwei auf Intensivstationen) – nur zwei waren geimpft (je einer auf einer Normal- bzw. Intensivstation).
Im Uni-Klinikum St. Pölten gibt es aktuell vier Patienten auf der Normalstation und einen auf der Intensivstation – alle fünf sind ungeimpft. Bisher wurden in Österreich 127 Personen nach einem Impfdurchbruch (Infektion mit Symptomen) stationär aufgenommen, heißt es im Gesundheitsministerium. Nähere Daten sollen in den kommenden Tagen veröffentlicht werden.
Insgesamt wurden bis Anfang August 1.656 Erkrankungen trotz Grundimmunisierung (0,6 % der heuer Infizierten) erhoben.
In den Kliniken des Wiener Gesundheitsverbunds sind derzeit 68 Patienten mit Covid-19 stationär aufgenommen: „Sie sind jünger als in den Wellen zuvor, im Schnitt sind sie zwischen 35 und 55 Jahre alt. Unter ihnen sind auch bereits Geimpfte. Diese befinden sich jedoch in der Minderzahl“, heißt es in einer Stellungnahme. Die meisten geimpften Patienten „haben mildere Verläufe und benötigen keine Intensivbehandlung. Allerdings beobachten wir mit den steigenden Zahlen vereinzelt auch doppelt geimpfte Patientinnen und Patienten, die schwer erkranken.“
Bisher seien das aber zu wenig Fälle, um bereits stichhaltige Rückschlüsse auf die Ursachen der Erkrankung trotz Impfung ziehen zu können - ob es etwa an einem geschwächten Immunsystem durch Vorerkrankungen, am höheren Alter, am länger zurückliegenden Zeitpunkt der Grundimmunisierung oder anderen Faktoren liege.
Fakt sei jedoch: "Die Impfung ist das Beste, was wir derzeit haben." Wer geimpft sei, habe aber im Vergleich zu ungeimpften Personen "ein deutlich geringeres Risiko, an einer Coronavirus-Infektion zu erkranken oder daran zu versterben". – „Das Risiko einer Spitalsaufnahme ist bei Geimpften viel geringer“, sagt auch die Virologin Dorothee von Laer von der MedUni Innsbruck. Impfdurchbrüche gebe es in der Regel bei älteren Menschen, bei denen die Impfung insgesamt eine etwas geringere Wirksamkeit hat, und bei denen die Impfung schon länger zurückliegt. "In solchen Fällen - bei Älteren, bei denen die Impfung schon länger zurückliegt und möglicherweise auch noch eine Grunderkrankung vorhanden ist - ist es sinnvoll, sich die Antikörper bestimmen zu lassen." Jedem jungen gesunden Menschen mit einem guten Immunsystem würde sie das aber nicht empfehlen: "Das ist wie mit Kanonen auf Spatzen zu schießen."
Intensivmediziner: "Hauptsächlich Ungeimpfte und Jüngere"
Derzeit müssten hauptsächlich Ungeimpfte und Jüngere – Patienten zwischen 30 und 55 Jahren – behandelt werden, sagt Intensivmediziner Walter Hasibeder vom Krankenhaus Zams in Tirol, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI).
Er glaube nicht, dass sich die Situation auf den Intensivstationen so zuspitzen werde, wie in der dritten Welle. "Wir haben nun eine Situation, dass Ältere und Menschen mit Risikofaktoren bereits geimpft sind. Dass es in der jüngeren Population weniger zu Hospitalisierungen kommt, ist ein Vorteil.“
Die jetzt rasant ansteigenden Infektionszahlen sieht er allerdings als durchaus "besorgniserregend. Es geht jetzt wahnsinnig schnell". Verantwortlich dafür ist die Delta-Variante. Die Virusausscheidung bei dieser Variante ist laut Untersuchungen bis zu 1.250-fach höher als bei der ursprünglichen Wild-Variante und auch der Alpha-Mutation. "Dazu kommt, dass die Viren bei Delta auch noch früher ausgeschieden werden, als bei anderen Varianten."
Das mache die Nachverfolgung schwieriger, da Infizierte wesentlich früher andere anstecken können. Für Hasibeder bestehe ein "eindeutiger Zusammenhang", dass derzeit besonders Ungeimpfte schwerer erkranken. Der Intensivmediziner betont aber auch, dass es ihm nicht nur um die Intensivstationen geht. "Man kann nicht alles darauf aufhängen. Es geht auch darum, dass diese Erkrankung auch schwere Folgeschäden verursacht." Studien zeigen bereits, dass an Covid-19 schwer Erkrankte ein höheres Risiko für Fettstoffwechselerkrankungen, Diabetes mellitus oder kardiomuskuläre Erkrankungen haben.
"Dazu kommen noch Long Covid-Symptome wie etwa chronische Angststörungen." Angesichts steigender Zahlen appelliert Hasibeder aber nicht nur dafür, Ungeimpte zum Stich zu motivieren, sondern auch die Auffrischungsimpfungen im Blick zu haben. Er fordert von den Gesundheitsbehörden rasch Maßnahmen dafür. "Das muss man jetzt festlegen. Man braucht einen Plan."
Impfkritiker verweisen oft auf einen Ausbruch in Massachusetts mit 469 Infizierten, 346 (74 Prozent) davon grundimmunisiert. 274 Geimpfte (79 %) hatten Symptome. Allerdings: Nur fünf der 469 Infizierten mussten ins Spital, vier davon geimpft, zwei aber mit Vorerkrankungen.
Für US-Experten zeigt dieser Covid-19-Ausbruch zwei Dinge: Auch Geimpfte können infektiös sein und das Virus weitergeben - allerdings in einem deutlich geringeren Ausmaß als Geimpfte. Und: Die Impfstoffe bieten weiterhin einen guten Schutz vor schweren Erkrankungen.
Hinzu kommt: Massachusetts hat bereits eine hohe Durchimpfungsrate, rund 70 Prozent der Erwachsenen. Der Molekularbiologe und Science-Buster Martin Moder erklärte kürzlich auf Twitter, wie damit völlig missverständliche Aussagen produziert werden können. Er nimmt ein Rechenbeispiel mit einer Durchimpfungsrate von 85 Prozent. "Wir betrachten 100 Leute. 85 davon sind geimpft. Davon infizieren sich 2 mit dem Virus. Die anderen 15 sind ungeimpft. Auch von ihnen infizieren sich 2. Also: Die Hälfte aller Infizierten war geimpft!"
Das stimme zwar, sei aber stark irreführend, wenn man die Durchimpfungsrate nicht miteinrechnet. Denn die Infektionsrate unter Geimpften betrage in dem Beispiel 2 %, unter den Ungeimpften 13 Prozent.
"Anders ausgedrückt: Als in Autos Sicherheits-Gurte eingeführt wurden, stieg der Anteil an Verletzten, die beim Autounfall angeschnallt waren. Heute sterben bei Autounfällen mehr Angeschnallte als nicht-Angeschnallte. Das bedeutet aber nicht dass Gurte nutzlos wären."
Außerdem bedeute eine Infektion bei Geimpften nicht das Gleiche wie eine Infektion bei Ungeimpften: "Geimpfte erkranken selten schwer." Dies würden etwa auch neue Daten aus San Diego, USA, zeigen.
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