Was den Anstieg der Corona-Spitalspatienten so problematisch macht
Die Zahl der Patienten mit einer Coronainfektion steigt in den Spitälern stark an: Innerhalb von zwei Tagen gab es 350 Neuaufnahmen. Das Prognosekonsortium ging für den 12.10. von einem Mittelwert von 1.535 und einem Maximalwert von 1.963 belegten Betten aus – dieser könnte jetzt bereits eine Woche früher überschritten werden.
1.863 Corona-Infizierte mussten am Dienstag in heimischen Spitälern behandelt werden, 90 davon auf Intensivstationen. Diese 1.863 Patienten sind der höchste Wert seit 5. April, damals mussten 1.903 Infizierte in Krankenhäusern versorgt werden. Binnen einer Woche gab es eine Steigerung um 43,4 Prozent
Neuinfektionen Innerhalb von 24 Stunden gab es 13.416 Neuinfektionen. 741.105 Menschen haben bisher eine Auffrischungsimpfung erhalten
Todesfälle Allein vergangene Woche starben 23 Menschen an den Folgen einer Corona-Infektion
„Wir haben heute keine akut dramatische Situation, die wir nicht bewältigen könnten“, sagt Prim. Harald Stingl, Leiter der Internen Abteilung im Landesklinikum Melk, NÖ. „Wir hatten schon schlimmere Phasen der Pandemie und es müssen auch noch keine Eingriffe verschoben werden. Aber wir gehen sehenden Auges in eine absehbar schwierige Situation, die uns große Sorgen macht und für zunehmende Anspannung und Anforderungen beim Personal sorgt.“ Das Problem sei, dass mehrere Faktoren zusammenkommen:
– Der Anstieg der Neuinfektionen wird in den kommenden Wochen weitergehen. Wie kontinuierlich dieser ist, zeigt etwa das Beispiel Niederösterreich: Am 12.9. waren 160 Corona-Patienten auf Normalstationen, gestern, Dienstag, waren es 308.
– Es gibt weniger Personal, weil in den vergangenen zweieinhalb Jahren viele Pflegekräfte sich einen anderen Job gesucht haben.
– Das vorhandene Personal „ist durch die fast durchgehende Dauerbelastung der vergangenen zweieinhalb Jahre vielfach an der Grenze der Leistungsfähigkeit. Es gibt viele Covid-Kranke aber auch Langzeitkrankenstände – etwa Bandscheibenvorfälle – die mit der Belastung zu tun haben“, sagt Stingl.
Rund die Hälfte der Infektionen sind Zufallsdiagnosen bei der Aufnahme – also Patienten, die nicht wegen, sondern mit Corona ins Spital kommen. „Aber auch sie bedeuten einen erhöhten Betreuungsaufwand, allein wegen der Hygienemaßnahmen.“ Ein Teil der Patienten „mit Corona“ entwickle Symptome und benötige eine spezifische Therapie: „Bei einem beträchtlichen Teil der Zufallsdiagnosen verlängert sich auch der stationäre Aufenthalt, der eigentlich aus anderen Gründen stattfand. Und auch die Grunderkrankung kann sich verschlechtern.“
In Wiens Gemeindespitälern wurden Dienstag (11 Uhr) 164 Covid-positive Patienten auf Normalstationen und 210 auf Spezialabteilungen behandelt. Weitere 19 auf einer Intensivstation. Die Spitäler verfügen über einen achtstufigen Versorgungsplan. Aktuell befinde man sich laut Gesundheitsverbund auf Stufe 4 (Normalstationen) bzw. 1 (Intensivstationen).
Derzeit seien 446 der rund 30.000 Mitarbeiter aufgrund einer Covid-Infektion dienstfrei gestellt. „Die personelle Situation ist stabil, die medizinische Versorgung in allen Kliniken gewährleistet.“ Abhängig von der aktuellen Entwicklung könne es aber zu Verschiebungen von geplanten Operationen kommen.
In den vergangenen beiden Jahren fuhr die Stadt Wien einen deutlich strengeren Kurs als die anderen Bundesländer. Das ist nach Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen nur mehr sehr eingeschränkt (etwa bei der Maskenpflicht) möglich.
Zwei Szenarien
Im Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) kalkuliert man aktuell mit zwei Szenarien. Im günstigeren Fall dominiert die BA.4/BA.5-Virusvariante und viele haben schon eine entsprechende Impfung erhalten. Beim mit Ende November prognostizieren Peak der Welle sollte dann die Belastung der Intensivstationen nicht über jener der Sommerwelle liegen. Wesentlich kritischer könnte sich hingegen eine Dominanz des Virustyps BA.2.75 auswirken. Der Gipfel der Welle würde schon Mitte November erreicht werden und deutlich höher ausfallen. Um gegenzusteuern, werde es seitens des Bundes wohl nötig sein, Ende Oktober / Anfang November Maßnahmen zu setzen, heißt es im Hacker-Büro.
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