Der russische Staatskonzern Gazprom ist im zweiten Quartal in die roten Zahlen gerutscht. Denn die Exporte nach Europa, langjährig der wichtigste Absatzmarkt des größten russischen Gasproduzenten, sind eingebrochen. Unterm Strich stand bei Wladimir Putins einstiger Cash-Cow im zweiten Quartal ein Minus von 180 Millionen Euro (18,6 Mrd. Rubel).
Im gesamten ersten Halbjahr bleibt Gazprom damit ein Gewinn von 296 Mrd. Rubel (2,85 Mrd. Euro). Das ist vergleichsweise spärlich und nur etwa ein Achtel des Rekordergebnisses von 2,5 Billionen Rubel (zum damaligen Kurs 41,6 Mrd. Euro) im ersten Halbjahr 2022. Ausgewirkt haben sich dabei auch Kursverluste des Rubel gegenüber dem Dollar.
Zu den Rekordzahlen im vergangenen Jahr kam es hauptsächlich wegen des starken Anstiegs der Energiepreise in Folge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Viele EU-Staaten konnten ihre Gasversorgung nicht kurzfristig umstellen und zahlten hohe Beträge nach Moskau - während man gleichzeitig darüber beriet, wie das Putin-Regime am besten zu sanktionieren sei. Seit dem Herbst 2022 sind die Großhandelspreise für Gas aber wieder deutlich gefallen. Der von der Österreichischen Energieagentur AEA errechnete Gaspreisindex (ÖGPI) für September 2023 liegt um 80 Prozent tiefer als im Vorjahr.
Auch die gelieferten Mengen haben seitdem weiter abgenommen. Vor genau einem Jahr, am 31. August 2022 floss zum letzten Mal Gas durch die Ostseepipeline Nord Stream, ehemals wichtigste Gas-Lieferreoute von Russland nach Europa. Russland erklärte das mit dem Fehlen einer Turbine und später mit technischen Defekten. Wladimir Putin wollte damit - zumindest nach weitgehend einiger Einschätzung des Westens und auch einige Wortmeldungen des russischen Präsidenten legten das nahe - mit dem Lieferstopp Druck ausüben, um die EU zur Lockerung der Sanktionen zu bringen.
Anders als beim Erdöl (siehe dazu unten) ist es für Russland nicht leicht, seinen ehemals wichtigsten Gaskunden zu ersetzen, denn der Export erfolgte großteils über Pipelines. Zwar verkauft Russland sein Erdgas auch in verflüssigter Form (Liquefied Natural Gas, LNG) potenziell weltweit und unter anderem in die EU, es hat aber nicht ausreichend Verflüssigungsanlagen um den Pipeline-Export zu ersetzen.
Russland hat die größten bekannten Gasreserven der Welt und gehört mit Saudi Arabien zu den größten Ölproduzenten nach den USA. Die Schwankungen der Großhandelspreise wirken sich deswegen stark auf die Einnahmen des Staates aus.
Nach dem russischen Einfall in die Ukraine stieg der Ölpreis um etwa die Hälfte auf 120 Dollar pro Fass (159 Liter, Brent). Inzwischen liegt er wieder bei 85 Dollar. Der Großhandelspreis von Gas (TTF) liegt mit 35 Euro je Megawattstunde etwa bei einem Zehntel des Rekordwerts vom August 2022.
Zudem sind neue Abnehmer wie China in einer vergleichsweise komfortablen Verhandlungsposition, denn Russland braucht die Einnahmen aus dem Energieexport.
Etwa die Hälfte der russischen LNG-Exporte wird einer Erhebung der Umweltorganisation Global Witness nach Europa verkauft. Außerdem erreicht russisches Erdgas die EU noch über Pipelines durch die Ukraine und die Türkei. Während der Anteil an den EU-weiten Importen auf etwa zehn Prozent gefallen ist, bezieht Österreich noch mehr als die Hälfte seines Erdgases aus Russland.
Rosneft meldet Milliardengewinn
Russlands größter Ölkonzern Rosneft hat am Mittwoch einen Halbjahresumsatz von 38 Milliarden Euro (3,9 Billionen Rubel) vermeldet. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Rückgang um ein Viertel. Ausschlaggebend dafür ist vor allem, dass auch die Ölpreise deutlich niedriger waren als im ersten Halbjahr 2022. Zweitens hat Russland sich innerhalb des Förderkartells OPEC+ auf Produktionskürzungen verständigt, um den Ölpreis angesichts eingetrübter Konjunkturaussichten zu stabilisieren. Rosneft hat seine Förderung demnach um 2,2 Prozent auf 3,9 Millionen Fass (je 159 Liter) pro Tag reduziert. Der Gewinn des Konzerns unter Leitung des Putin-Vertrauten Igor Sechin lag laut Konzernaussendung bei umgerechnet 6,3 Milliarden Euro.
(kurier.at, Agenturen)
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Aktualisiert am 30.08.2023, 17:02
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