Diese Konzerne sind Wladimir Putins Cash-Cows
Die Energiewirtschaft ist Russlands wichtigster Wirtschaftssektor – und sie ist vor allem fossil geprägt.
Mit 11,3 Millionen Fass (je 159 Liter) pro Tag ist das Land nach den USA und Saudi Arabien der drittgrößte Ölproduzent und nach den USA der zweitgrößte Erdgas-Produzent der Welt. Vergangenes Jahr wurden dort 762 Milliarden Kubikmeter Erdgas gefördert. Russland hat außerdem die größten bekannten Erdgasreserven und die zweitgrößten Kohlereserven der Welt. Bei der Kohleproduktion ist Russland laut Zahlen der Internationalen Energieagentur (IEA) auf Platz fünf.
Fossile Energieträger machen mehr als 40 Prozent der russischen Exporte aus und sind also eine wichtige Einnahmequelle für den Staat. Das gilt insbesondere, da mit Rosneft und Gazprom die zwei größten Unternehmen mehrheitlich in Staatsbesitz sind. Ein Naheverhältnis zur politischen Macht gibt es aber auch bei den großen privatwirtschaftlichen Unternehmen Lukoil, Nowatek und Surgutneftegas.
Der wichtigste Exportmarkt für fossile Energieträger ist die EU. Sie bezieht etwa die Hälfte ihrer Erdgas- und ein Viertel ihrer Ölimporte aus Russland. Während die EU einerseits Sanktionen gegen Russland verhängt, bleibt die wichtigste Handelsachse bisher also bestehen – denn die europäischen Wirtschaft ist von russischen Energieträgern ebenso abhängig wie Russland von den Einnahmen. Eine Gaspipeline nach China ist noch in der Planungsphase.
Staatskonzern Gazprom
Das 1989 in St. Petersburg gegründete Unternehmen Gazprom ist der größte Erdgaskonzern der Welt. Gazprom steht für 11 Prozent der weltweiten und zwei Drittel der russischen Erdgasförderung.
Das Unternehmen ist an der Moskauer Börse gelistet, der russische Staat hält aber 50 Prozent plus eine Aktie und kontrolliert damit den Konzern. In den ersten drei Quartalen des Geschäftsjahres hat Gazprom mit etwa 480.000 Mitarbeitern einen Gewinn von 17,8 Milliarden Euro erwirtschaftet.
Die Übergänge zwischen Staat und Staatskonzern sind teils fließend. Vorstandsvorsitzender Alexei Miller und Aufsichtsratsvorsitzender Wiktor Subkow kennen Wladimir Putin aus der gemeinsamen Zeit in der Stadtverwaltung in St. Petersburg. Vorgänger von Subkow war bis 2008 der spätere russische Präsident Dmitri Medwedew.
Auch weitere Vertraute Putins sind mit dem Konzern verbunden. Darunter sein Jugendfreund Boris Rotenberg mit seinem Bruder Arkadi oder Gennadi Timtschenko, die große Aufträge für den Bau von Leitungen und Pipelines von dem Konzern bekamen. Während Medwedew auf der EU-Sanktionsliste steht, sind Miller und Subkow davon ausgenommen. Auch soll die konzerneigene Gazprombank nicht vom Zahlungssystem Swift ausgeschlossen werden.
Mit dem ehemaligen deutschen Kanzler Gerhard Schröder (SPD) hat Gazprom auch einen prominenten europäischen Ex-Politiker im Aufsichtsrat eines Tochterunternehmens sitzen. Das änderte allerdings nichts daran, dass Deutschland die Zulassung der fertiggestellten Ostseepipeline Nord Stream 2 wegen des Einmarsches in die Ukraine auf Eis gelegt hat.
Staatskonzern Rosneft
Das 1993 gegründete Unternehmen mit Sitz in Moskau ist der größte Ölkonzern Russlands. Wie auch Gazprom (siehe oben) ist es in Mehrheitseigentum des russischen Staates. Mit 3,9 Million Fass (je 159 Liter) pro Tag ist Rosneft für etwa 40 Prozent der russischen Ölproduktion verantwortlich und auch führend im Bereich Raffinerie. Im vergangenen Geschäftsjahr hat der Konzern mit etwa 296.000 Mitarbeitern einen Gewinn von 10,6 Milliarden Euro erwirtschaftet.
Im Jahr 2004 übernahm Rosneft die wichtigste Tochterfirma von Michail Chodorkowskis Energiekonzerin Jukos um sieben Milliarden Euro. Das war weit unter Wert und nur möglich, weil Jukos durch eine massive Steuernachforderung zum Verkauf gezwungen wurde. Der Staat ermöglichte dem Staatskonzern so die Übernahme eines Konkurrenten, wodurch Rosneft stark an Bedeutung gewann. Der frühere Oligarch Chodorkowski wurde wegen Steuerhinterziehung und Betrug verurteilt, die Menschenrechtsorganisation Amnesty International bezeichnete die Verurteilung als politisch motiviert.
Konzernchef von Rosneft ist seit 2004 der ehemalige KGB-Mitarbeiter Igor Setschin. Er kennt Wladimir Putin noch aus dessen Zeit in der Stadtverwaltung von St. Petersburg und war auch einer seiner Berater in Moskau. Setschin steht bereits seit der Annexion der Krim 2014 auf der US-Sanktionsliste. Seit 2022 steht er auch auf der Sanktionsliste der EU. Vorsitzender des Aufsichtsrates ist der ehemalige deutsche Kanzler Gerhard Schröder (SPD). In dem Gremium sitzt außerdem Österreichs ehemalige Außenministerin Karin Kneissl, deren Hochzeit in der Steiermark Wladimir Putin im Jahr 2018 besucht hat.
Wagit Alekperows Lukoil
Lukoil ist der größte private Ölkonzern Russlands. Das Unternehmen wurde 1991 staatlich gegründet, 1993 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und anschließend privatisiert. Lukoil ist mit über 100.000 Mitarbeitern laut eigener Angabe für zwei Prozent der weltweiten Ölförderung verantwortlich.
Die prägende Figur bei Lukoil ist Wagit Alekperow. Der Vorstandsvorsitzende, war als Staats-Manager bereits an der Gründung beteiligt und ist der größte Aktionär des Unternehmens. Alekperow gilt als einer der reichsten Männer Russlands. Obwohl sein Aufstieg schon vor dem Wladimir Putins begann, hat er gute Kontakte zum Kreml.
Am Freitag wurde bekannt, dass sich der ehemalige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) aus dem Aufsichtsrat des Unternehmens zurückzieht. Dem Schritt war massive Kritik seitens österreichischer Politiker sowie der renommierten deutschen Konrad–Adenauer-Stiftung, in der Schüssel ebenfalls eine Funktion bekleidet, vorausgegangen.
Leonid Michelsons Nowatek
Nowatek ist mit einem Anteil von 10 Prozent der landesweiten Förderung der größte privatwirtschaftlich organisierte Gasproduzent Russlands. Das Unternehmen mit Sitz im westsibirischen Tarko-Sale wurde 1994 gegründet und ist an der Moskauer Börse notiert.
Der größte Anteilseigner ist mit einem Viertel der Aktien der Gründer und Konzernchef selbst: Leonid Michelson. Weitere 23 Prozent gehören der Volga Group des Oligarchen Gennadi Timtschenko. Er gilt als enger Freund Wladimir Putins. Timtschenko steht seit der Krim-Annexion 2014 auf der Sanktionsliste der USA, die EU ließ zuletzt sein Vermögen einfrieren.
Zusammen halten Timtschenko und Michelson außerdem fast drei Viertel der Anteile von Russlands größtem Petrochemiekonzern Sibur. Sie gehören mit einem Vermögen von jeweils mehr als 20 Milliarden Dollar zu den reichsten Männern Russlands. Michelson war laut dem US-Magazin Forbes sogar schon an der Spitze.
Wladimir Bogdanovs Surgutneftegas
Der Öl- und Gaskonzern Surgutneftegas mit Sitz im sibirischen Surgut ist nur selten in den Schlagzeilen. Laut Konzernangabe trägt Surgutneftegas elf Prozent zur russischen Ölproduktion und sieben Prozent der Ölverarbeitung bei. Mit mehr als 100.000 Mitarbeitern ist er damit der drittgrößte Ölkonzern Russlands.
Das Unternehmen wurde in seiner heutigen Form als Aktiengesellschaft 1993 durch einen Zusammenschluss mehrerer staatlicher Unternehmen gegründet. Konzernchef ist aber bereits seit 1984 Wladimir Bogdanow, der den Chefsessel im gleichnamigen damaligen Staatsbetrieb übernahm.
Surgutneftegas hat es trotz Börsennotierung bisher geschafft seine Eigentümerverhältnisse geheim zu halten. Manche Beobachter mutmaßen, dass Wladimir Putin selbst große Teile des Unternehmens hält. Da der Konzern unüblich hohe liquide Mittel hortet, wird er auch als heimliche "Sparkasse Putins" bezeichnet.
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