Milliarden-Pleite der Signa Prime Selection

Immer mehr Signa-Gesellschaften müssen Insolvenz anmelden. Und damit werden auch die Forderungen der Geldgeber immer größer. Einige von ihnen sind auch Bereit, vor Gericht zu ziehen.
In der Tochter Signa Prime hat Rene Benko die lukrativsten Immobilieninvestments gebündelt. Nun bedarf es einer Überbrückungsfinanzierung in Höhe von 300 bis 500 Millionen Euro.

Längst haben es die Spatzen von den Dächern gepfiffen, jetzt ist es fix: Die Signa Prime Selection AG hat heute einen Insolvenzantrag eingebracht. Genauer gesagt: Sie hat ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung am Handelsgericht Wien angemeldet. „Zudem haben die Vorstände auch die Annahme eines Sanierungsplans beantragt. Ziel ist die geordnete Fortführung des operativen Geschäftsbetriebs im Rahmen der Eigenverwaltung und die nachhaltige Restrukturierung des Unternehmens“, heißt es aus der Signa.“Die SIGNA Development Selection AG ist in derselben Situation und wird den Antrag auf Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung morgen, den 29. Dezember 2023, stellen.“

Laut Creditreform betragen die Passiva (Buchwert) 4,297 Milliarden Euro, auf die Quotengläubiger sollen aber nur 2,798 Milliarden Euro entfallen. Dazu kommen aber noch Haftungen in Höhe von 1,731 Milliarden Euro. Unterm Strich macht das Passiva in Höhe von 4,533 Milliarden Euro, die mit der Quote bedient werden müssen. Der Buchwert der Aktiva wird mit 8,479 Milliarden Euro anggeben, aber das freie Vermögen wird nur mit 1,301 Milliarden Euro beziffert.

"Den Gläubigern wird eine Quote von 30 Prozent zahlbar binnen zwei Jahren angeboten", so Gerhard Weinhofer von Creditreform. Für die Quote müssen also rund 1,4 Milliarden Euro aufgebracht werden. Indes ist das Verfahren laut Creditreform, AKV und KSV1870 am Donnerstagnachmittag eröffnet worden.

54 Immobilien

In der Tochter Signa Prime hat der insolvente Konzern Signa Holding um Rene Benko die lukrativsten Immobilieninvestments gebündelt. SIGNA PRIME ist - unmittelbar und mittelbar - an 369 Gesellschaften beteiligt. "Zum Immobilien-Portfolio der SIGNA PRIME zählen aktuell 54 Immobilien (davon 31 Bestandsimmobilien und 23 Entwicklungsprojekte). Der Gross Asset Value (GAV) liegt bei rd EUR 19,3 Mrd (davon entfallen EUR 13,6 Mrd auf Standing Assets und EUR 5,7 Mrd New Investments)", heißt es im Antrag.

Zur Signa Prime gehören das Goldene Quartier, das Wiener Kunstforum, das Museumsquartier in Bozen, das Carsch-Haus in Düsseldorf, das Lamarr in Wien, der Elbtower in Hamburg, die Alsterarkaden und das Kaufmannshaus in Hamburg, das Upper West in Berlin, die Karstadt-Immobilien in München und Berlin, die Alte Akademie in München und viele weitere mehr.

"Bereits an dieser Stelle ist zu bemerken, dass die Immobilien durchwegs im zivilrechtlichen Eigentum von selbstständigen Besitzgesellschaften (PropCos) stehen, an denen die Antragstellerin mitelbar über eine in- und ausländische Beteiligungskete (großteils mehrheitlich oder alleine) beteiligt ist. Bei der Antragstellerin handelt es sich somit um eine Holding- und Beteiligungsgesellschaften, deren wesentliches Vermögen in in- und ausländischen Beteiligungen sowie Konzernforderungen (ic-Forderungen) liegt", heißt es weiter.

Bis zu 500 Millionen Euro zur Überbrückung benötigt

"Um die fortführungswürdigen Besitzgesellschaften (PropCos) und HoldCos solvent zu halten bzw deren Insolvenz abzuwenden, bedarf es nach den Berechnungen des Managements einer Überbrückungsfinanzierung von EUR 300-500 Mio, die durch Emission eines Substanzgenussrecht/Massekredits aufgebracht werden soll (dies im Rang einer Masseforderung). Auch die rechtlichen und wirtschaftlichen Be-dingungen dieser Überbrückungsfinanzierung werden mit dem zu bestellenden Sanierungsverwalter umgehend abzustimmen sein", teilt Signa Prime dem Gericht mit.

Die Insolvenzursachen

"SIGNA PRIME konnte sich seit ihrer Gründung durch ein attraktives und ertragsstarkes Immobilienportfolio gerade für institutionelle Anleger als begehrtes Investitionsobjekt etablieren. Die Bandbreite der begebenen Finanzinstrumente umfasste neben der Zeichnung neuer Aktien bzw nachrangigem Partizipationskapitals (auf Holding und auf Projektebene), die Emission von Unternehmensanleihen sowie die Aufnahme klassischer Hypothekarkredite. Bisher war SIGNA PRIME auch stets in der Lage, auslaufende Finanzierungen fristenkongruent durch die Emission von neuen Finanzinstrumenten zu ersetzen bzw dadurch sogar neue Projekte zu finanzieren", heißt es im Antrag weiter. "Nach jahrelanger Nullzinsphase hat die EZB den Leitzins seit Juli 2022 dann in 10 Schritten auf 4,5% angehoben. Das makro- und mikroökonomische Umfeld ist zudem durch eine hohe Inflation und erheblichen Kostendruck infolge anhaltend hoher Energiepreise und Lohnzuwächse geprägt. Andererseits ist der Transaktionsmarkt für Immobilien de facto zum Stillstand gekommen." Nachsatz: "Dazu kam dann auch noch eine Anfrage der EZB nach dem Engagement europäischer Großbanken bei SIGNA, was sich selbst nach Auskunft führender Banker äußerst negativ auf die Re-Finanzierbarkeit von SIGNA ausgewirkt hat." 

Und weiter heißt es: "Die sich abrupt geänderten Rahmenbedingungen haben letztlich auch SIGNA PRIME hart getroffen. So leidet selbst das solide und rentabel aufgestellte Bestandsportfolio einerseits unter zins-bedingten Bewertungskorrekturen und andererseits unter stagnierenden bzw rückläufigen Beteiligungserträgen aufgrund gestiegener Finanzierungskosten. Im Bereich New Investments führten erheblichen Bau- und Zinskostensteigerungen vielfach zu einem unerwarteten cost overrun. Auf-grund der fehlenden Fremdfinanzierungsmöglichkeit musste diese Kostenüberschreitung von SIGNA PRIME großteils eigenkapitalfinanziert werden."

Die Entwicklungen in der Realwirtschaft und am Finanzmarkt würden somit einen toxischen Mix für jeden Immobilienentwickler darstellen.

Neuordnung der eigenen Aufgaben

"Es ist bekannt, dass sich im Immobilienbereich in den vergangenen Monaten externe Faktoren negativ auf die Geschäftsentwicklung ausgewirkt haben. Trotz erheblicher Bemühungen in den vergangenen Wochen konnte die erforderliche Liquidität für eine außergerichtliche Restrukturierung nicht in ausreichendem Maße sichergestellt wer-den, sodass die SIGNA Prime Selection AG ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung beantragt hat. In dieser Struktur soll gemeinsam mit dem zu bestellenden Sanie-rungsverwalter eine Neuordnung der eigenen Aufgaben und der eigenen Verbind-lichkeiten erreicht und dabei die Werthaltigkeit der Beteiligungen erhalten werden", heißt es weiter. "Ebenso wird der Abschluss eines Sanierungsplans beabsichtigt. Gemeinsam mit dem zu bestellenden Sanierungsverwalter ist das Ziel, die weiteren Maßnahmen zur Fortführung des operativen Geschäftsbetriebs umzusetzen."

Erhard F. Grossnigg, Sprecher des Vorstandes der SIGNA Prime Selection AG sagt: „Wir werden diese wichtigen Aufgaben mit Bedacht und Vernunft angehen. Es gilt, lang-fristige Lösungen zu finden. Die Qualität des SIGNA Prime Portfolios ist hervorragend, die Entwicklungsperspektive der Development-Projekte, die in den Toplagen der deutschsprachigen Metropolen liegen, ist sehr gut.“

Zahlen und Fakten

Der Konzern hat im Vorjahr bei einem Umsatz in Höhe von 465,86 Millionen Euro eine Milliarden Euro Verlust geschrieben. Ursache sind Verluste aus den Abwertungen von Immobilienvermögen, mit dem Miet- und Pachteinnahmen erzielt werden. Während das Investment Property mit 14,23 Milliarden Euro beziffert wird, betragen die Verbindlichkeiten 11,55 Milliarden Euro; davon entfallen 6,66 Milliarden Euro auf Kreditverbindlichkeiten.

„Im Rahmen von Finanzierungsvereinbarungen mit Banken ist Signa Prime zur Einhaltung typischer Finanzkennzahlen wie Schuldendeckungsgrad oder Loan-to-Value verpflichtet“, heißt es im Lagebericht. Der Loan-to-Value bezeichnet das Verhältnis des Kreditbetrags zum Marktwert der belehnten Immobilie. Sollte diese Finanzierungsparameter verletzt und keine Lösung erzielt werden, können die Banken den Kredit fällig stellen.

19,13 Millionen Euro Prämien

Die hohen Krediten und andere Darlehen führen dazu, dass Signa Prime hohe Zinsendienste leisten muss. Allein im Geschäftsjahr 2022 mussten für die Zinsaufwendungen fast 426 Millionen Euro aufgebracht werden.

Dabei darf nicht vergessen werden, dass die Signa Prime mit 30. November 2023 eine Anleihe in Höhe von 201,5 Millionen Euro zurückzahlen musste. Ob diese Zahlung erfolgt ist, ist unklar.

Für ihre erfolgreiche Tätigkeit haben die Signa-Prime-Vorstände im Jahr 2022 rund 19,13 Millionen Euro Prämien erhalten.

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