Firmenpleiten: Welche Rechte Konsumenten haben
Rund 14 Unternehmen schlittern hierzulande täglich in die Pleite. Nicht nur für Eigentümer oder Mitarbeitende kann das nervenaufreibend werden, sondern auch für Konsumentinnen und Konsumenten.
Vor allem wenn sie nicht nur emotional an einen insolventen Händler gebunden sind, sondern finanziell. Was in welchem Fall zu tun ist und auf welche Rechte man sich berufen kann, hat sich der KURIER gemeinsam mit Tamara Wechner vom Konsumentenschutz der Arbeiterkammer Wien angesehen.
Ein Vertrag ist abgeschlossen, aber keine Anzahlung geleistet
Das neue Sofa bei einem hochpreisigen Möbelgeschäft ist bestellt, der Vertrag abgeschlossen, aber die Anzahlung noch ausständig. Plötzlich meldet das Geschäft Insolvenz an und man möchte vom Vertrag zurücktreten.
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Möglich ist das, aber nur unter Umständen, erklärt Tamara Wechner. Man könne eine sogenannte Unsicherheitseinrede geltend machen. Dafür gibt es jedoch bestimmte Voraussetzungen, wie etwa folgende: Man muss seine Besorgnis objektiv begründen können, dass der Vertragspartner den Vertrag nicht erfüllen kann.
War schon vor Abschluss des Vertrags bekannt, dass das Geschäft finanzielle Schwierigkeiten hat, ist die Unsicherheitseinrede nicht möglich. Auch wenn der Vertragspartner belegen kann, dass die zu leistende Anzahlung abgesichert ist (etwa bei einer Bankgarantie) greift die Unsicherheitseinrede nicht. „Es ist immer eine Einzelfallbetrachtung“, sagt Wechner.
Möchte man sich auf die Unsicherheitseinrede berufen, empfiehlt der Konsumentenschutz folgendes Prozedere:
Die Unsicherheitseinrede
sollte in Schriftform, etwa als eingeschriebener Brief, an den Händler bzw. Vertragspartner übermittelt werden
Darin kann auch festgehalten werden, dass die Anzahlung vorerst zurückbehalten wird
Auch wird vermerkt, dass die Anzahlung so lange zurückbehalten wird, bis der Händler eine Sicherheit leistet oder den Vertrag vollständig erfüllt
Vorsicht bei zu hohen Anzahlungen, warnt der Konsumentenschutz. Denn geht ein Unternehmen insolvent, läuft man Gefahr, nur eine geringe Quote zurückzuerhalten. Ob und in welcher Höhe Anzahlungen geleistet werden, bestimmt der Händler. Sie sind somit Verhandlungssache.
Ein Vertrag ist abgeschlossen und die Anzahlung geleistet
In diesem Fall wurde die neue Stereoanlage nicht nur bestellt, sondern auch eine Anzahlung geleistet, als der Elektronik-Händler plötzlich Konkurs anmeldete.
Die Anzahlung zurückzuverlangen, ist in diesem Moment nicht möglich. Bei laufenden Verträgen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht erfüllt worden sind, kann der Masseverwalter entscheiden, wie mit dem Vertrag weiter verfahren wird: Entweder hält er an diesem fest oder er erklärt den Vertragsrücktritt.
„Tritt der Masseverwalter ein, wird laut unserer Erfahrung auch erfüllt“, meint Wechner, die darauf verweist, dass es in Bezug auf diese Fälle in der Beratung kaum zu Beschwerden kommt.
Man ist trotz Insolvenz daran interessiert, etwas zu kaufen
Ein Fliesenhändler ist insolvent und bietet teure Fliesen zu vergünstigten Preisen an. Die Verlockung ist groß, das Badezimmer zu renovieren und ein Schnäppchen zu machen. Doch hier ist Vorsicht geboten. Denn bei insolventen Unternehmen empfiehlt die Arbeiterkammer nur lagernde Produkte zu kaufen.
Ist die Insolvenz bereits bekannt, werden Vertragsabschlüsse für gewöhnlich nicht mit dem Händler selbst, sondern mit dem Masseverwalter abgeschlossen. Als Beispiel nennt Wechner die Pleite der Möbelkette Kika/Leiner. Hier gab der Masseverwalter bekannt, dass neue neue Anzahlungen auf einem gesonderten Konto hinterlegt würden, das eine Absicherung garantierte. Doch nicht immer muss das der Fall sein.
Deshalb empfiehlt der Konsumentenschutz, bei Unklarheiten immer im Vorfeld den Insolvenzverwalter zu kontaktieren und sich über eine Absicherung der Anzahlung zu informieren.
Man besitzt noch Gutscheine
Zum Geburtstag wünschte man sich Gutscheine für ein Bekleidungsgeschäft. Plötzlich ist es pleite und die Gutscheine dadurch wertlos. Denn schlittert ein Unternehmen in die Insolvenz, haben Gutscheinbesitzer schlechte Karten.
Die einzige Möglichkeit: Sie so schnell wie möglich einlösen oder sich als Gläubiger dem Insolvenzverfahren anschließen. Hier ist es wichtig, die Fristen zu berücksichtigen und sich im Klaren zu sein, nur einen geringen Teil der Forderung zurückzuerlangen. Außerdem ist eine Gerichtsgebühr zu bezahlen, die bei 25 Euro liegt.
„Es ist stets abzuwägen, ob sich eine Forderungsanmeldung überhaupt auszahlt“, sagt Wechner und gibt als Beispiel einen Gutschein bei einer Fluglinie: Kostet das Flugticket 900 Euro und die Insolvenzquote liegt bei fünf Prozent, würde man 45 Euro erhalten. Zieht man die Gerichtsgebühr ab, bleiben 20 Euro.
Wer wissen möchte, welche Insolvenzen in Österreich gemeldet werden, und wer die jeweiligen Verwalter sind, kann sich auf https://edikte.justiz.gv.at/ informieren
Weitere Fragen, die sich stellen
Problematisch als Konsument wird es, wenn Verträge zwischen mehreren Parteien bestehen. Als Beispiel nennt Wechner eine Online-Plattform, die Hotelübernachtungen günstig versteigerte. Die Plattform ging pleite, die Konsumenten wussten nicht, ob nun die Plattform oder die Hotels hafteten und wandten sich an die Arbeiterkammer.
„Bei solchen Konstellationen ist abzuklären, wie das Vertragskonstrukt aufgebaut ist“, sagt die Expertin, also wer der direkte Vertragspartner ist. Ist es die Plattform, können Ansprüche über das Insolvenzverfahren geltend gemacht werden. Ist es das Hotel, kann man sich an dieses wenden und auf die Erfüllung der Leistung bestehen. „Nicht abwimmeln lassen“, ist Wechners Tipp.
Ebenfalls wichtig zu beachten: Schließt man einen Kaufvertrag mit einem ausländischen Unternehmen ab und dieses geht pleite, gilt in der Regel das Insolvenzrecht des jeweiligen Landes, in dem der Firmensitz gemeldet ist.
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