Für Ex-Bawag-Chef Nowotny war Linzer Swap völlig unauffällig

Der als Zeuge geladene ehemalige BAWAG-Chef und jetzige OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny (Mitte).
Der Ex-Bawag-Chef sah keine Anzeichen, dass die riskante Zinswette mit der Stadt Linz schiefgehen könnte.

Im 418 Millionen Euro schweren Zivilprozess zwischen der Stadt Linz und der Bawag um die verlustreiche ZinswetteSwap 4175“ musste am Montag ein prominenter Zeuge vor Handelsrichter Andreas Pablik aussagen: Der frühere Bawag-Chef und jetzige Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny. In seiner Amtszeit bei der Bawag (2006/’07) wurde das Zins- und Währungstauschgeschäft auf Franken-Basis mit Linz abgeschlossen. Die Stadt fühlt sich heute von der Hausbank über den Tisch gezogen. Die Bawag will nur geliefert haben, was die Linzer Finanzverwaltung bestellte. Auch seien Ausstiegsangebote der Bawag nicht angenommen worden.

Nowotny schilderte dem Richter, wie die Bawag nach dem Elsner-Desaster ihre Geschäftsfelder neu strukturierte. Damals habe die Marktentwicklung ergeben, sagte Nowotny, dass die Mitbewerber der Bawag solche Derivatprodukte den Gemeinden anbieten. Als Kommunalfinanzierer habe sich auch seine Bank entschlossen, diese Produkte unter bestimmten rechtlichen Voraussetzungen zu vertreiben. Aber die Derivatgeschäfte mit Kommunen seien keineswegs ein zentrales Geschäftsfeld gewesen, führte der OeNB-Gouverneur aus. Und er fügte hinzu, dass solche Finanzwetten nur für große Gemeinden mit einer professionellen Finanzverwaltung geeignet gewesen sind. Denn: Ein solches Geschäft bedarf einer laufenden Beobachtung.

Keine Auffälligkeiten

„Hätte es irgendeinen Ansatzpunkt gegeben, dass es ein Problem geben könnte, hätte ich alles daran gesetzt, dieses Produkt zu verhindern“, sagte Nowotny zum Richter. „Es haben sich dafür aber keine Anhaltspunkte gegeben.“ Nachsatz: „Der Swap war inhaltlich völlig unauffällig.“ Die Zinswette selbst sei gar nicht das Problem gewesen, „sondern dass man nicht reagiert hat, als etwas Unerwartetes eingetreten ist“. Der entscheidende Punkt war laut Nowotny die unvorhersehbare Wechselkursentwicklung des Schweizer Franken: Nach der Lehman-Pleite 2008 war der Kurs zum Euro stark gestiegen. Der Linzer Swap drehte massiv ins Minus – samt Zinsen geht es mittlerweile um eine halbe Milliarde Euro. Nowotny: „Aber das sind alles Dinge, die nach meiner Zeit in der Bawag geschehen sind.“

Der jetzige OeNB-Gouverneur Nowotny bezeichnete den Abschluss des Swaps "4175" als "plausiblen Akt": "Die Zielsetzung war es, zu einer Reduzierung der Schuldenlast zu kommen, das ist a priori nichts Schlechtes." Laut Nowotny gab es einen fundamentalen Zusammenhang zwischen dem Swap und der Währungsentwicklung des Schweizer Franken, insofern die Währungsentwicklung ein "dramatischer Treiber" für die negative Entwicklung des Barwertes gewesen sei. Die massive Veränderung des Schweizer Franken-Wechselkurses nach der Lehman-Pleite habe auch die Schweizer Notenbank nicht vorhergesehen, habe dann in einer Weise interveniert, die auch für einen Notenbank unüblich gewesen sei.

Welt nach Lehmann-Pleite eine andere

Damals im Jahr 2007 sei das Geschäft noch völlig plausibel gewesen, nach Lehman sie die Welt eine völlig andere gewesen, so Nowotny. Auf Veränderungen, die man vorher im Modell nicht erfassen habe könne, hätte die Stadt Linz reagieren müssen, etwa in dem man das Produkt restrukturiert hätte. Wie bei jedem Geschäft hätte man die Entwicklung laufend verfolgen müssen. Alle Finanzmanager hätten sich damals mit der Franken-Problematik auseinandersetzen müssen. Das sei aber alles nach seiner Zeit als BAWAG-Chef passiert.

"Hier war noch keine Problematik zu erkennen", Ewald Nowotny

"Hätte es irgend einen Anlass, irgend ein Problem gegeben, hätte ich sicher alles getan, um dieses Produkt zu verhindern", sagte Nowotny, denn die BAWAG habe nach ihrer eigenen Krise wieder als seriöse und zuverlässige Bank erscheinen wollen. "Ich hätte dann sicherlich nachgefragt. Hier war noch keine Problematik zu erkennen", sagte Nowotny.

Die generelle Strategie der BAWAG in seiner Amtszeit - von Anfang 2006 bis Ende 2007 - sei davon geprägt gewesen, die BAWAG, die kurz zuvor in einer schweren Krise war, wieder auf ihr Kerngeschäft zu reduzieren beziehungsweise habe es Diskussionen über die künftige Strategie der BAWAG gegeben. Dabei habe man sich auch - wie andere Banken, mit Fragen der Kommunalfinanzierung beschäftigt. Marktbeobachtungen hätten ergeben, dass es eine Nachfrage von Gemeinden bestehe. Im Ergebnis sei man zur Ansicht gekommen, dass unter ganz bestimmten Bedingungen auch mit Gemeinden Geschäfte mit derivativen Produkten gemacht werden könnten. Natürlich wären nur große Gemeinden dafür in Frage gekommen, so Nowotny. Diese Entwicklung habe auf anderen Bereichen des Kundengeschäftes aufgebaut. In diese Zeit sei auch der Verkauf an den US-Finanzinvestor Cerberus gefallen.

"Freundschaftlicher" Besuch durch Dobusch

Nowotny bestätigte, dass er mit dem Linzer Bürgermeister Franz Dobusch (SPÖ) in einem persönlichen Kontakt gestanden sei, dies habe aber mit seiner professionellen Aufgabe in der Bank nichts zu tun gehabt. "Ich hatte eine Funktion zu erfüllen, das ist mein Prinzip", betonte der OeNB-Gouverneur. Es könne sein, dass er vor seiner Zeit als BAWAG-Chef finanzielle Ratschläge auf informeller Basis gegeben habe, später jedoch nicht mehr. Er sei nie Konsulent gewesen. Die Herren der Linzer Finanzverwaltung habe er nicht gekannt.

Bei einem "freundschaftlichen" Besuch durch Dobusch sei die Rede einmal auch auf "diese Swap-Sache" gekommen, so Nowotny heute auf Frage von Richter Andreas Pablik. "Ich war ein bisschen beeindruckt, dass er von mir erwartet hat, dass ich vermittle. Ich musste ihm sagen, dass ich das nicht kann", sagte Nowotny.

Die FPÖ brachte eine parlamentarische Anfrage an Justizministerin Karl (ÖVP) wegen der Swap-Affäre ein. Die Blauen wollen wissen, ob gegen die Bawag, ihren Ex-Chef Ewald Nowotny sowie den ehemaligen Bereichsleiter Philip R. und eine Mitarbeiterin Strafverfahren anhängig sind.

FP-Abgeordneter Elmar Podgorschek vermutet den Verdacht des schweren Betrugs – es gilt die Unschuldsvermutung. Die Bawag habe bereits bei Abschluss des Geschäftes die Stadt Linz am Vermögen geschädigt und schlagartig einen Vorteil von rund 16,7 Millionen Euro lukriert, heißt es in der Anfrage. Schon bei Abschluss des Swaps habe ein negativer Marktwert zulasten der Stadt Linz bestanden. Die Bawag habe das Geschäft sofort weiterverkauft und risikofrei einen Gewinn erzielt. Die Stadt sei über den negativen Marktwert nicht aufgeklärt worden.

Die FPÖ schießt sich auch auf Univ.-Prof Meinhard Lukas, den Rechtsberater der Stadt Linz, ein. Es gebe zahlreiche außergerichtliche Vergleiche zu ähnlichen Produkten, Lukas habe diese „Argumentationskette offensichtlich einschlafen lassen“.

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