Swap-Affäre holt Nowotny ein

APAHDS02 - 01102007 - WIEN - OESTERREICH: ZU APA TEXT WI - BAWAG - Gen. Dir. Ewald Nowotny am Montag, 01. Oktober 2007 wahrend der Pressekonferenz zur neuen Marktoffensive der BAWAG mit Praesentation des neuen Logos. APA-FOTO: HARALD SCHNEIDER
Der frühere Bank-Chef Nowotny muss im Prozess aussagen: Bawag soll aus Zinswette Millionen-Gewinne erzielt haben.

Im 418-Millionen-Euro-Prozess zwischen der Stadt Linz und der Bawag um das verlustreiche SpekulationsgeschäftSwap 4175“ will es Richter Andreas Pablik ganz genau wissen. In der zehnstündigen Verhandlung am Montag kündigte der Richter daher an, dass er Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny als Zeugen laden werde. Nowotny war zur Zeit des Geschäftsabschlusses mit der Stadt Linz – im Februar 2007 – Generaldirektor der ehemaligen Gewerkschaftsbank. Den Deal mit Linz musste der Bankvorstand absegnen. Auch die damals neue Strategie der Bank, groß in das Derivatgeschäft mit Gemeinden einzusteigen, fand unter seiner Ägide statt. Und: Die Erhöhung der Spekulationskreditlinie für Linz um 25 Millionen Euro, von der Bürgermeister Franz Dobusch nicht informiert worden sein soll, fällt in die Ära Nowotny. Laut Aktenlage wurde der Bawag-Vorstand eine Woche vor Abschluss der Zinswette über die umstrittene Kredit-Aufstockung informiert.

Vor allem Bürgermeister Dobusch schoss sich in seiner Einvernahme auf seinen Parteifreund Nowotny ein, dem man damals (noch) besonderes Vertrauen schenkte. „Die Rolle Nowotnys erscheint auch dem Richter wesentlich für die Beurteilung des Falles“, sagt ein Prozess-Beobachter zum KURIER.

„Professor Nowotny wird der Zeugenladung Folge leisten“, heißt aus dem Umfeld des Nationalbank-Gouverneurs. „Er wird aber nicht viel zur Aufhellung beitragen können, weil das Geschäft drei Ebenen unter ihm stattgefunden hat.“ Nowotny habe im Rahmen „der Geschäftsstrategie der Bawag vom Geschäft mit Linz gewusst, sei im Detail nicht darüber informiert gewesen“. Indes ist nach wie vor ungeklärt, wie viel die Bawag an dem Deal tatsächlich verdient hat.

Hoher Gewinn?

Laut einem bisher unveröffentlichten Gutachten des Sachverständigen Sascha Stadnikow soll die Bawag alleine bei Abschluss der Zinswette 2007 rund 12,54 Millionen Franken (damals etwa acht Millionen Euro) Nettoprämie aus Risiko-Absicherungsgeschäften lukriert haben. Ein Bruchteil davon (871.000 Franken) wäre marktüblich gewesen, behauptet Stadnikow, der früher als Treasurer bei der RLB Wien-Niederösterreich tätig war. Insgesamt soll aber noch mehr für die Bank herausgesprungen sein. „Der Netto-Marktwert des Swaps zugunsten der Bawag ergibt 16,74 Millionen Euro“, heißt es in dem Gutachten weiter.

Indes sagte Bawag-Chef Byron Haynes vor Gericht aus, dass die Bank eine Verkaufsgebühr von 1,5 Millionen Euro und einen Handelsgewinn von 3,6 Millionen Euro bei Geschäftsabschluss kassierte. Die Gewinnspanne (insgesamt 6,55 Prozent) sei marktkonform, sagt die Bank. Welche Erlöse die Bawag aber 2010 und 2011 aus der Wette durch den Verkauf weiterer Optionen erzielte, ist bisher nicht bekannt.

Swap-Affäre holt Nowotny ein
Zur Person: Ewald Nowotny
Politik und Ökonomie: In den 1970er-Jahren war Ewald Nowotny (69) Professor an der Universität Linz. In dieser Zeit begann auch seine politische Tätigkeit. 1974 bis 1999 war er Vorstandsmitglied der Bezirkspartei der SPÖ Linz, ab 1978 Abgeordneter zum Nationalrat. Ab 1990 gehörte er dem Bundesparteivorstand der SPÖ an. 1999 legte er alle politischen Funktionen zurück.
Finanzwelt: 1999 bis 2003 war er Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank. Vorstandschef der Bawag PSK war er 2006 und 2007. Seit September 2008 ist er Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank.

Leider kann man sich das Szenario nur zu gut vorstellen: Da will die sozialdemokratisch regierte Stadt Linz 2007 ihr Geld besonders schlau anlegen und macht ein Swap-Geschäft mit ihrer „Hausbank“, der damaligen Gewerkschaftsbank Bawag. Dort sitzt Parteifreund Ewald (Nowotny) im Generaldirektorensessel und wird’s schon richten. Vertrauen statt Kontrolle. Die Bawag freut sich über ein Bombengeschäft. Jetzt, da alles gründlich schiefgegangen ist, will niemand verantwortlich gewesen sein, auch nicht der Ex-Bankchef, jetzt Boss der Nationalbank.

Ketzerische Frage: Wer braucht eigentlich Bürgermeister, die Verträge nicht lesen, und wer braucht Bank-Vorstände, wenn sie nie Verantwortung übernehmen? Das „gute“ Geschäft unter Genossen fällt nun dem Steuerzahler auf den Kopf, der bis zu 500 Millionen an den internationalen Finanzmarkt zahlen muss.

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