Commerzialbank: Ex-Banker Pucher rechnet mit Geschäftsfreunden ab
Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt seit Schließung der Commerzialbank Mitte Juli soll Ex-Chef Martin Pucher heute dem Bank-Untersuchungsausschuss des Landtags Rede und Antwort stehen. Ob er vor den Politikern auspackt, wird mit Spannung erwartet.
Kräftig ausgeteilt hat der 64-Jährige, der im Ermittlungsverfahren der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) der Untreue verdächtigt wird, aber in einer Beschuldigtenvernehmung.
Im Visier Puchers: Die langjährigen Geschäftspartner Ernst Zimmermann und Christian Stangl, deren Unternehmen in Folge der Bank-Pleite selbst Insolvenz anmelden mussten und die von der WKStA auch als Beschuldigte geführt werden.
Pucher hatte behauptet, den Firmenchefs über Jahre Bargeld übergeben zu haben, damit sie ihre Not leidenden Kredite bei der Commerzialbank bedienen könnten: „Ich helfe Dir jetzt, weil die Bank gut verdient“, so Pucher scheinbar generös. Tatsächlich habe seine Vorstandskollegin Franziska Klikovits in Puchers Auftrag „irgendetwas gebucht und das Geld so irgendwo losgeeist“. Zimmerer Zimmermann und Maler Stangl hätten das Geld – in Summe je bis zu 15 Millionen Euro – genommen. Handschriftliche Aufzeichnungen mit Unterschriften der Geldbezieher will Pucher in der Bank verwahrt haben, sie wären aber „nicht auffindbar“.
Das Geld soll via „Scheinrechnungen“ in die Firmen Zimmermanns und Stangls eingeschleust worden sein – zur „Umsatzaufbesserung“.
Wieso Pucher ihnen Kredite einräumte, ist angesichts seiner Meinung über deren wirtschaftliche Kompetenz schleierhaft. Zimmermann (65) sei „ein guter Handwerker“ gewesen, aber „mit der kaufmännischen Führung des Betriebs überfordert“, urteilte Pucher über den Freund aus Kindheitstagen: „Aus meiner Sicht hatte Zimmermann u. a. Schwierigkeiten bei der Unterscheidung der Begrifflichkeiten Umsatz und Gewinn.“ Puchers Fazit: Wirtschaftlich sei er eine „Flasche“.
Nicht minder harsch ist die Reaktion Zimmermanns: „Was soll man einem Kriminellen wie Pucher glauben, der um sich haut, um Verantwortung abzuschieben. Die Verantwortung liegt bei ihm“, sagt Walter Gröblinger, Sprecher von Zimmermann, der den Vorwurf wirtschaftlicher Inkompetenz zurückweist. „Ich habe Pucher immer vertraut und ich wurde enttäuscht. Er hatte, wie wir heute wissen, von Anfang an kriminelle Energie.“
Auch Stangl (61) wehrt sich. „Mein Mandant hat weder Barbeträge erhalten, noch in sein Unternehmen eingeschleust“, sagt Stangls Anwalt Mirko Matkovits. Vielmehr seien die Verbindlichkeiten Stangls bei der Bank „nahezu ausschließlich durch aufgezwungenes Sponsoring“ (für den SV Mattersburg, dessen Präsident Pucher war) entstanden. Pucher will „nie ein Sponsoring“ verlangt haben.
Gutachten beauftragt
Indes will die WKStA den Bargeldübergaben Puchers an fünf mittlerweile insolvente Unternehmen auf den Grund gehen. Sie hat dazu den Gerichtssachverständigen Karl Hengstberger beauftragt, binnen zehn Monaten ein Gutachten vorzulegen, zu welchem Zeitpunkt bei den Firmen Zimmermann, Stangl, Staba sowie beim Hotel-Restaurant Florianihof und der SV Mattersburg Gastronomiebetriebs GmbH tatsächlich die Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist.
Es besteht offenbar der Verdacht, dass die Firmen durch Geldspritzen Puchers de facto jahrelang (bis zum Bank-Crash im Juli) künstlich am Leben erhalten worden sind.
Laut WKStA soll den Firmenchefs aber „klar gewesen sein, dass Pucher das Geld zuvor unrechtmäßig aus der Bank entnommen hatte, da keine Kreditverträge errichtet oder Übernahmebestätigungen ausgestellt wurden“. Die WKStA vermutet, dass dieser Modus Operandi bei Zimmermann bereits ab 2001 praktiziert wurde.
Da Pucher die Vermögenswerte strafrechtswidrig aus der Bank entnommen habe, so die Ermittlungsbehörde, soll den Verdächtigen klar gewesen sein, dass die Beträge auch wieder zurückgezahlt werden müssen.
Alleine an das bankeigene Hotel-Restaurant Florianihof in Mattersburg sollen monatlich 80.000 Euro zur „Umsatzaufbesserung“ zugeflossen sein. Die Malerfirma Stangl soll 2019 drei Millionen Euro erhalten haben.
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