Anteil russischer Erdgas-Importe wieder verdoppelt
Im November kam die Jubelmeldung: Der Anteil russischen Erdgases an den österreichischen Importen ist auf ein Fünftel gefallen. Diese Entwicklung war allerdings nicht nachhaltig. Betroffen hat sie nur den Monat September, neue Zahlen zeigen ein anderes Bild: Im November lag der Anteil russischer Gasimporte nach Österreich mit 41 Prozent wieder doppelt so hoch.
Leo Lehr von der Regulierungsbehörde E-Control warnte damals auf dem Kurznachrichtendienst Twitter allerdings, "dass der monatliche Wert natürlich gewissen Schwankungen unterliegen kann." Im Gesamtjahr liege der Anteil laut Lehr bei knapp über 50 Prozent. Zum Vergleich: Vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine waren es 80 Prozent.
Ein Grund für die niedrigeren Werte im September und Oktober (23 Prozent) kann sein, dass die staatlich finanzierte strategische Reserve wesentlich im Herbst eingelagert wurde. Mit 8,5 Terawattstunden durfte mehr als ein Drittel davon nicht aus Russland kommen. Das ist knapp ein Zehntel des Jahresbedarfs, wenn ein Gutteil davon in zwei bis drei Monaten importiert wird, kann das die Anteile also durchaus deutlich beeinflussen.
Im Herbst und Winter wurde hingegen wieder mehr Gas aus Russland geliefert, bestätigt die OMV auf Anfrage des KURIER. Etwa 40 bis 70 Prozent der vereinbarten Menge kämen täglich über die Ukraine am Knotenpunkt Baumgarten an. Im Sommer und Spätsommer waren es nur etwa 30 Prozent gewesen.
Gaspreis deutlich gesunken
Österreich ist in einer zwiespältigen Situation: Einerseits hofft man, dass die russischen Gaslieferungen weiterhin ankommen. Auch deswegen enthielt sich Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) bei der Einführung des EU-Gaspreisdeckels der Stimme, denn Russland könnte ja zur Vergeltung die Lieferungen streichen. Andererseits will man aber nicht davon abhängig sein. Mengen, die man nicht aus Russland erhält, muss man auf anderen Wegen beschaffen, also etwa über Deutschland oder Italien. Damit konkurriert man aber um Gas, das schon in Europa gehandelt wird und treibt also mit die Preise hoch.
Seit dem Sommer ist der Großhandelspreis für Gas deutlich gefallen und hat sogar wieder den Stand von vor Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine erreicht. Am für Europa richtungsweisenden niederländischen Handelsplatz TTF kostete eine Megawattstunde am Montagmorgen 70,3 Euro. Damit hat sich der Preis seit Anfang Dezember mehr als halbiert. Vom Vorkrisenniveau (20 bis 30 Euro) ist er aber immer noch weit entfernt.
Gründe für die Entspannung im Gas-Großhandel gibt es gleich mehrere. Zum einen sind die Konjunkturaussichten schlecht, das drückt generell die Energiepreise. Außerdem haben ein sehr milder Herbst, und in den letzten Wochen auch milder Winter dazu geführt, dass die Speicherstände in Europa vergleichsweise langsam gesunken sind (siehe Infobox). Der Winter sollte also kein Problem werden.
Dass die Speicherstände zuletzt sogar gestiegen sind, liegt auch an den Weihnachtsfeiertagen. Denn es wird weniger produziert, die Industrie verbraucht also weniger. Dazu kommt eine relativ hohe Ökostrom-Erzeugung, heißt es bei der E-Control auf Anfrage des KURIER. In Österreich ist das etwa dem Tauwetter im Dezember geschuldet, das die Leistung der Wasserkraft anschiebt. Dass unterm Strich weniger Gas verstromt werden muss, liegt aber auch an Stromimporten.
90 Terawattstunden (TWh) Erdgas werden in Österreich jedes Jahr in etwa verbraucht. Eine TWh entspricht einer Milliarde Kilowattstunden (kWh). Ein durchschnittlicher Haushalt, der mit Gas heizt, verbraucht 15.000 kWh.
Der größte Anteil des Verbrauchs entfällt mit 40 Prozent auf die Industrie. Die Haushalte verbrauchen etwa ein Fünftel. Ein Drittel wird zur Produktion von Strom und Wärme eingesetzt, vor allem im Winter.
Die österreichischen Erdgasspeicher sind zu 87 Prozent gefüllt, in allen EU-Staaten zusammen sind es 83 Prozent. Allerdings hat Österreich sehr große Speicher, die etwa einen Jahresbedarf fassen. EU-weit kann nur etwa ein Viertel eingespeichert werden.
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