Ex-ÖSV-Chef Schröcksnadel: "Olympia in Österreich würde Sinn machen"
Peter Schröcksnadel sitzt als Vertreter des ÖSV immer noch im Vorstand des Österreichischen Olympischen Comités (ÖOC). Auf die Reise nach China verzichtete der Tiroler. "Ich habe mich nicht getraut, weil ich nicht wollte, dass die mich dort vielleicht wegsperren. Außerdem habe ich schon genug Olympische Spiele erlebt", sagt Schröcksnadel.
Roswitha Stadlober, seine Nachfolgerin an der ÖSV-Spitze, war positiv überrascht von den Winterspielen in Peking. Auch Schröcksnadel war angetan von den Leistungen der Österreicher und der Organisation der Chinesen. Nun wünscht sich der 80-Jährige Winterspiele in Österreich. "Die Chance darf man sich nicht entgehen lassen."
KURIER:Wie intensiv haben Sie die Spiele verfolgt?
Peter Schröcksnadel: Natürlich hat es mich sehr interessiert, wie sich die Mannschaft schlägt. Ich habe ja doch ein bisschen mitgearbeitet in den letzten Jahren und bin immer noch sehr nahe dran. Da zittert man dann natürlich mit und freut sich, wenn es Medaillen gibt.
Was hat Sie begeistert?
Es wäre unfair, wenn ich jemanden herausheben würde. Dass die Teresa Stadlober eine Medaille macht, ist eine schöne Geschichte und ein Traum für sie und ihre Eltern. Und der Mothl beeindruckt mich bei Olympia immer wieder aufs Neue. Wenn es gefragt ist, dann liefert er. Aber mir hat grundsätzlich gefallen, wie diese Winterspiele organisiert waren. Da meine ich jetzt nicht die Corona-Maßnahmen mit den Leuten in den Mondanzügen, sondern die Sportstätten und die ganze Abwicklung. Und lassen Sie mich noch eines sagen.
Bitte.
Im Vorfeld wurde oft kritisiert, dass dort alles künstlich beschneit wurde und den chinesischen Bauern das Wasser weggenommen worden wäre. Das stimmt ja so nicht. Man nimmt nicht den Bauern das Wasser weg, sondern man erzeugt damit Wohlstand.
Wie ist das zu verstehen?
Ich war vor sechs Jahren selbst dort, ich kenne also die Gegend. Das ist grundsätzlich eine ganz arme, sehr karge Gegend. Da sind überall die Krautköpfe gewachsen. Jetzt haben die Chinesen das gemacht, was bei uns in den Alpentälern vor Jahrzehnten auch schon gemacht wurde. Man hat die Gegend erschlossen und in ein Gebiet, in dem Armut herrscht und wo es kaum eine Infrastruktur gibt, hat man diese Bauten errichtet. Da entsteht Arbeit, da entsteht Tourismus, da entsteht dann auch Wohlstand. Deswegen halte ich die Kritik nicht für zielführend.
Es gab ja auch keine echte Alternative zu Peking. In Europa hat sich die Bevölkerung praktisch überall gegen Winterspiele ausgesprochen.
Noch einmal: Die Chinesen haben das super gemacht, kein Mensch hat geglaubt, dass das funktionieren wird. Man kann zur politischen Situation in China jetzt stehen, wie man will, aber das muss man ihnen zugestehen, dass sie die Spiele gut über die Bühne gebracht haben.
Es gab zuletzt auch wieder Diskussionen, ob Österreich Olympische Spiele ins Auge fassen sollte.
Das würde natürlich Sinn machen – aber nur auf einer anderen Stufe und in anderen Dimensionen. Ich könnte mir vorstellen, dass Österreich so eine Art Retro-Spiele macht. Also weg vom Gigantismus und zurück zum olympischen Ursprung. Alles andere wird in Österreich nicht funktionieren und würde auch nicht akzeptiert werden. Diese Chance würde ich aber schon nützen.
- Der Funktionär
Peter Schröcksnadel (*30. Juli 1941) stand von 1990 bis 2021 an der Spitze des ÖSV, in seiner Ära wuchs das Budget von 15 Millionen Schilling auf 70 Millionen Euro. Der Tiroler ist aktuell FIS-Vizepräsident und Vorstandsmitglied des ÖOC.
- Der Geschäftsmann
Schröcksnadel hat ein riesiges Firmenimperium aufgebaut. Ihm gehören mehrere Skigebiete in Österreich und der Schweiz, auch Tourismusunternehmen sind in seinem Portfolio. Seit einigen Jahren engagiert sich der Tiroler finanziell in der Krebsforschung.
Glauben Sie wirklich, dass sich die Bevölkerung dafür begeistern könnte?
Für mich ist das eine politische Frage. Man merkt, dass es eine grundsätzliche Ablehnung gegen Großveranstaltungen gibt. Viele haben die Angst, dass die Preise steigen, dass sie sich einschränken müssen, jeder fürchtet um seine persönliche Lebensqualität. Viele sehen so eine Großveranstaltung leider nicht als Chance, sondern sehen in erster Linie die Probleme und negativen Seiten. Ich bin der Meinung, dass man mit Olympischen Spielen sehr viel für die Region erreichen kann. Infrastruktur, Arbeitsplätze, und, und, und. Wenn es die Chance gibt, die Winterspiele zu kriegen, dann dürfte man sich das niemals entgehen lassen.
Sie sind im vergangenen Juni als ÖSV-Präsident abgetreten. Ist Ihr Leben dadurch ruhiger geworden.
Sie können mir glauben, mir ist nicht langweilig. Ich habe ja einige Firmen, um die ich mich kümmern muss. Ich bin in der Krebsforschung aktiv. Und dann sitze ich ja auch noch in der FIS. Der Kontakt mit den Athleten geht mir ab, aber ich bin froh, dass ich meinen Terminkalender jetzt nicht mehr nach dem Rennkalender richten muss.
Sie haben Ihre Tätigkeit als FIS-Vizepräsident angesprochen: Es gab zuletzt Diskussionen um die Alpine Kombination. Haben wir diesen Bewerb in Peking zum letzten Mal bei Olympia gesehen?
Ich denke nicht, dass das die Abschiedsvorstellung der Kombination war. Man wird die Kombi im Weltcup behalten, genauso auch ein Rennen im Parallelformat. Das ist auch sehr wichtig, weil der Skisport ja nicht die große Bühne Olympia verlieren möchte. Deshalb muss es diese Bewerbe in irgendeiner Form auch weiter im Weltcup geben. Möglicherweise dann halt mit anderen Spielarten. Ich könnte mir eine Kombination aus Riesentorlauf und Super-G vorstellen.
Was schwebt Ihnen noch vor?
Mehr Technik-Rennen unter der Woche am Abend, das hätte was. Ich finde auch, dass man die Olympiaabfahrt in Peking in den Weltcupkalender holen sollte. Und man müsste auch die südliche Hemisphäre miteinbeziehen. Und ein Indoor-Cup im Sommer, der in den Skihallen stattfindet, würde mir auch gefallen. Da ist noch überhaupt nichts beschlossen, aber ich habe einige Visionen.
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