Ausgeballert: Mallorca hat viel mehr zu bieten als Sauftourismus
Ballermann. Ein Wort, das mittlerweile seit mehr als zwei Jahrzehnten einer Urlaubs-Insel vor allem im deutschsprachigen Raum ein zweifelhaftes Image verpasst. Bei der Namensnennung schweifen die Gedanken dabei zu Menschenmassen, die ihren Durst nach seichter Unterhaltung solange stillen, bis ihnen unter Garantie die Muttersprache abhanden kommt. Dabei hat Mallorca viel mehr zu bieten als diesen vergleichsweise kleinen Flecken. Die Insel besticht durch landschaftliche Schönheit, traumhafte Strände und Buchten, eine Hauptstadt, die die kleine Schwester von Barcelona sein könnte, und vielfältige Gourmet-Freuden.
Vor allem erstreckt sich die Saison auf Mallorca mittlerweile auf zwölf Monate pro Jahr, nicht zuletzt dank passionierter Radfahrer. Täglich spucken viele Hotels unmittelbar nach dem Frühstück Schwärme von Enthusiasten aus, die meisten davon hüllen sich in ein professionell-schnittiges Outfit und übertragen die Kraft ihrer Beine auf die modernsten Rennräder. Der Trend geht aber auch hin zu E-Bikes, wie sie unter anderem der Schweizer Pionier Max Huerzeler anbietet. Der Steher-Weltmeister von Wien 1987 war 1981 nach Mallorca zum Trainieren gekommen. Danach ging er mit einer Idee zu einem Schweizer Reisebüro: „Ich wollte Radurlaube anbieten. Die haben mich ausgelacht und gesagt, ich wäre ein Depp.“
Perfekter Rad-schlag
Heute lacht besagter Depp alle anderen aus. 200.000 Radfahrer fliegen jährlich auf Mallorca, vom dickbäuchigen Amateur bis zum flachsigsten Profi. Huerzeler verfügt über 13 Stützpunkte auf der Insel, verleiht 6000 Räder und bietet Pakete für einen idealen Radurlaub an. Nicht selten testen ambitionierte Strampler einen Urlaub lang ein neues Rad und transferieren es dann, sofern es den Vorstellungen entspricht, in ihr Eigentum. „Dann schicken wir ihnen das Rad heim“, so Huerzeler.
Einen seiner Stützpunkte hat der Schweizer im Hotel Occidental Playa de Palma der Barceló-Gruppe (https://www.barcelo.com/de/occidental-hotels), dem die Radfahrleidenschaft der europäischen Kundschaft schon ab Februar eine Auslastung von bis zu 80 Prozent beschert. Der Umbau der Herberge am Ballermann verpasste der Anlage einen typischen mallorquinischen Pueblo-Stil mit kleinen Häuschen und empfehlenswerten Junior-Suiten. Hotel-Direktorin Theda Bruske erklärt, dass die Türen des Occidental stets geöffnet sind: „Es zahlt sich nicht aus, für ein oder zwei Monate zuzusperren.“ Positiv ist, dass man so dem Personal Jahresverträge anbieten kann.
Bruske hat in den letzten Jahren neben dem Radfahren noch einen weiteren Trend auf Mallorca wahrgenommen, der dem hochpromilligen Massentourismus irgendwann den Rang ablaufen sollte – die Insel besinnt sich vermehrt ihrer Traditionen. Ein Eindruck, den auch eine Gastronomie-Messe Anfang April in Palma unterstrich.
Alles aus der Region
Praktische Beispiele für die Rückorientierung des Gaumens zum Herkömmlichen findet man an vielen Straßenecken. Beispielsweise im Restaurant Es Resbost an der Plaça d’Espanya, ist der mallorquinische Geschmack Credo und wird bei der Suche nach den Speiseingredienzien auf der Insel fündig. Das Fleisch bringt der Metzger aus dem Nordosten. Sämtlichen internationalen Speisen in der Karte verpasst man eine eigene, lokale, teilweise verspielte Note.
25 Kilometer nordöstlich sitzt Winzer Jaime zufrieden auf seinem Weingut Son Prim in Sencelles und spült seine Mundhöhle genüsslich mit einem Schluck seines kräftigen Rotweins Cup. Sein Blick schweift durch die leicht hügelige Landschaft, in der vor allem eines dominiert: Ruhe.
Dabei hatte der 30-Jährige eine ganz andere berufliche Laufbahn einschlagen wollen, doch sein Herz wies ihm den Weg zum Wein, den sein Vater schon vor 25 Jahren gepflanzt hatte. „Ich bin meiner wahren Leidenschaft gefolgt. Wir erleben aktuell einen besonderen Moment.“ Mallorquinischer Wein boomt, das Family Business der Llabrés kultiviert sämtliche Trauben, 70 Prozent der Tropfen werden sich auf Mallorca zu Gemüte geführt. „Der Markt verlangt nach Produkten von hier“, erzählt Jaime mit leuchtenden Augen.
Ein Satz, den auch die Betreiber der Saline Flor de Sal d’Es Trenc im Insel-Süden blind unterschreiben. Stolz sind sie auf ihr Vorzeige-Produkt, das sich richtig gesalzen hat, wie auch ein EU-Zertifikat bestätigt. Einzigartig macht das Flor de Sal, weil die Saline von einem Naturschutzgebiet und dem Traumstrand Es Trenc umgeben ist. Dem Salz wird keine Chemie zuteil, es soll daher weißer und feiner sein als Artgenossen in anderen Ländern.
Das übergeordnete Ziel aller Unternehmen: Millionen von Touristen sollen künftig noch mehr in den Genuss dieser Inselprodukte kommen und damit weggeführt werden von den Sangria-Kübeln und Bierkrügen des Ballermann.
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