Kern vs. Kurz: Der letzte Akt

Christian Kern und Sebastian Kurz trafen heute zum letzten Mal vor der Wahl im direkten Duell aufeinander.

Einmal noch austeilen und einstecken; angriffig sein, ohne beleidigt zu wirken; bestimmt, aber sympathisch.

Gelegenheit, um für das heutige Finale des Reigens der direkten TV-Duelle zu üben, hatten Christian Kern und Sebastian Kurz ja genug. Die Ausgangslage für die vielleicht wichtigsten 45 Minuten des Wahlkampfs war klar: Der amtierende Kanzler trat als Herausforderer gegen Umfragen-Krösus Kurz an.

Für das jüngste Aufeinandertreffen der beiden vor drei Tagen auf Puls4 hieß das: Kern war so angriffig wie selten zuvor in diesem Wahlkampf, für die jüngsten Ereignisse in der Causa Silberstein hatte jeder seine eigene Interpretation bereit. Beide inszenierten sich als Opfer der fragwürdigen Praktiken des Gegenübers.

Kern vs. Kurz: Der letzte Akt

Die Politologen Fritz Plasser und Anton Pelinka waren sich in der KURIER-Analyse im Anschluss einig: "ÖVP und SPÖ werden für die Schlammschlacht ihren Preis zahlen." Einziger Profiteur solcher Diskussionen? Die FPÖ.

Das nahmen sich wohl beide Parteichefs zu Herzen. Deutlich gesitteter als zuletzt ging es unter der Moderation von Claudia Reiterer zur Sache. Diesmal fanden Kern und Kurz die richtige Balance. Das staatstragende Element stand im Vordergrund, über Silberstein wurde kaum ein Wort verloren. Dafür wurde über die Verwaltungsreform, über die Steuerpläne von ÖVP & SPÖ und den Klimawandel gesprochen.

Eine durchaus sachliche Diskussion, mit nur gelegentlichen Untergriffen (siehe Ticker-Einträge). Was vielleicht auch daran lag, dass selbst Migration als emotionales Dauerthema des Wahlkampfes (nach Silberstein) nur am Rande vorkam.

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Kern vs. Kurz: Der letzte Akt

  • |Karl Oberascher

    Und noch ein Nachtrag. KURIER-Fotograf Jürg Christandl hat auch hinter den Kulissen des TV-Duells geklickt. Hier ein kleiner Einblick.

  • |Karl Oberascher

    An dieser Stelle dürfen wir wie immer noch auf unseren nächsten Ticker (morgen, 20.15 - die Elefantenrunde auf ORF 2 mit allen Kandidaten, außer Peter Pilz) und auf unsere Abstimmung verweisen:

  • |Karl Oberascher

    Auf Kurier.at können Sie in Kürze die Zusammenfassung des gesamten Duells mit den Analysen unserer Experten Wolfgang Bachmayer und Gerald Grosz lesen.

    An dieser Stelle sei nur so viel gesagt: Der Streit der vergangenen Tage schien heute wie verflogen. Nichts erinnerte mehr an das Puls-4-Duell vor drei Tagen, bei dem Kern und Kurz auch im Ton untergriffig agierten. Dass sie in der Sache nicht beisammen sind, wurde auch heute klar. Dass das so staatsmännisch vonstatten ging, ist auch Moderatorin Claudia Reiterer und ihrer Themensetzung geschuldet: Klimawandel, Ausgaben für Migration, Verwaltungsreform, Föderalismus - das waren die großen Themen. Da blieb wenig Zeit für Silberstein, Puller und Co.

  • |Karl Oberascher

    So das war's. Ein ausgeglichenes Duell mit ausgeglichener Redezeit.

  • |Karl Oberascher

    Und jetzt ist es dann doch noch passiert!!!

    Kurz hat Kennedy zitiert. "Frage nicht was dein Land für dich tun kann, sondern was du für dein Land tun kannst!" (Frage war, ob er im Falle einer Niederlage in der Politik bleiben wird. Klingt nach ja.)

  • |Karl Oberascher

    Und zum Abschluss will die staubtrockene Claudia Reiterer dann doch noch ein paar Vibes einfangen. Rot-Schwarz, geht das noch?

    Kurz warnt lieber vor Rot-Blau. Dazu gibt's sogar das nächste Taferl: Kern mit Strache nach dem Wahlduell. Was genau das beweisen soll? Die streiten vor der Kamera, danach kuscheln sie, übersetzen wir jetzt mal sehr frei.

    Kern: "Sie schreiben dafür gleich das ganze Programm ab. Das ist ja noch schlimmer." Er will jedenfalls nach der Wahl mit allen reden.

  • |Karl Oberascher

    Und wir sind ja auch schon beim nächsten Thema: Sind die beiden für eine Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers?

    Kern: Nein, man müsse sich in der Regierung durchsetzen (woran er ja gescheitert ist).

    Kurz: Ja, aber er (Kurz selbst) wird Richtlinienkompetenz nicht durchsetzen können (weil er keine Mehrheit dafür hat im NR).

    Sprich: Richtlinienkompetenz kommt nicht.

  • |Karl Oberascher

    "Sie können gerne bei uns mitstimmen morgen". Kern: "Das kann ich gerne machen, aber ich demütige die Alleinerzieherinnen sicher nicht."

    Machen wir's kurz: Kollege Temel hat für Sie heute zusammengefasst, was bei der morgigen Nationalratssitzung am Tapet ist. Hier nachzulesen.

  • |Karl Oberascher

    Kern fühlt sich an den Rückzieher der ÖVP beim Unterhalt für Alleinerzieherinnen  (siehe hier) erinnert. Kurz sieht das nicht ganz so. Er hätte eben einen anderen Vorschlag. Ganz klar wird das ÖVP-Konzept in diesem Punkt aber nicht. Macht nichts, wir sind auch schon beim nächsten Punkt: Familienbeihilfe für ausländische Kinder...

  • |Karl Oberascher

    Kern: Eine Gleichstellung sei unabdingbar. Die ÖVP habe das ja auch versprochen. "Also stimmen Sie jetzt auch zu", sagt Kern Richtung Kurz. Der wäre sofort dabei. "Aber sagen sie dem ÖGB, dass er dann keine zwei Betriebsräte mehr hat."

  • |Karl Oberascher

    Claudia Reiterer mahnt zum konkreten Diskutieren. Nächstes Thema: Arbeiter - Angestellte? Gleichstellung? Was geht? Was kommt?

  • |Karl Oberascher

    Übrigens: Wie die Parteien zum Klimawandel stehen, können Sie hier nachlesen

  • |Karl Oberascher

    Und was ist mit dem Klimawandel als Fluchtursache, will Claudia Reiterer wissen. Das macht letztlich ja keinen Unterschied, meint Kurz. Ob der Klimawandel oder die wirtschaftliche Situation jetzt dafür verantwortlich sind.

    Kern wird da konkreter: Man habe einen detaillierten Plan vorgelegt, wie die Paris-Ziele erreicht werden könnten (Anm. Das stimmt zwar, die Bundesregierung selbst konnte sich darauf aber nicht einigen - Österreich ist noch immer extrem säumig beim Klimaschutz, es fehlt noch immer ein nationaler Plan zur Erreichung der Klimaziele, mehr dazu hier).

  • |Karl Oberascher

    Kurz führt die Entwicklungshilfe ins Treffen. Aber auch die Mandate von Frontex usw. müssen ausgeweitet werden.

    Kern erstaundlicherweise härter: "Die wichtigste Aufgabe ist jetzt, den Grenzschutz zu gewährleisten." Und wenn das an den EU-Grenzen nicht möglich wäre, dann müssten eben die österreichischen Grenzen überwacht werden."

    Wir haben zu dem Thema Entwicklungshilfe übrigens einen eigenen Podcast gemacht. Nachzuhören hier:

  • |Karl Oberascher

    Zweites Hichkhack war da schon vorhersehbarer: Es geht um die Mittelmeerroute / Migration. Kurz regt sich noch einmal über den Vollholler-Sager auf... Reiterer will davon gar nichts wissen: "Lassen Sie uns nicht darüber reden, was in der Vergangenheit gesagt wurde."

  • |Karl Oberascher

    Erstes Hickhack: Es geht um die ÖBB. "Davon haben Sie leider keine Ahnung, weil Sie noch nie in der Wirtschaft gearbeitet haben", meint Kern zu Kurz.

  • |Karl Oberascher

    Auch Kurz hat ein Taferl dabei. Während Kern bei der ÖBB war, seien dort die Vorstandsgehälter um 40,7 Prozent gestiegen, die Angestelltengehälter nur um 14 Prozent. Dass er ständig in die Ecke der "Konzernversteher" gestellt werde, sei unfair. Da würden andere hingehören. Dafür sei Kurz selber verantwortlich, meint Kern. Immerhin könne sich ÖVP-Großspender Pierer für wenige Hunterttausend Euro Steuererleichterungen in der Höhe von fünf Millionen leisten. "Das nenne ich ein gutes Geschäft."

  • |Karl Oberascher

    Die beiden reden aneinander vorbei. Vielleicht klappt's ja beim nächsten Thema: Registrierkassenpflicht. "Kommt die jetzt auch für Großkonzerne?", will Claudia Reiterer wissen.

    Ein aufgelegter Elfer für Kern, der das erste Taferl zückt. Darauf: Die Großspender der ÖVP.

    Kurz' Reaktion: "Tal Silberstein ist im Gefängnis und das Dirty Campaigning hört nicht auf."

    Kern: "Das sind Fakten, das ist ein Unterschied."

    ... und dann streiten die beiden noch um KTM-Chef Pierer, bis Kurz wieder länger zu Wort kommt: "Ich verspreche den Österreichern, dass wir zuerst die kleinen und mittleren Einkommen entlasten." ... Aha. Wieder nicht zum Thema.

  • |Karl Oberascher

    Kurz kontert mit dem Lieblingsbeispiel Wien. Dort müssten Menschen in Betten am Gang liegen, obwohl nebenan Betten frei wären. Sprich: "Wir stecken zu viel ins System, bekommen aber zu wenig raus."

  • |Karl Oberascher

    Kern nimmt die Brille zur Hand und repliziert noch einmal auf die 700 Millionen Euro, die laut ÖVP-Wahlprogramm bei den Sozialversicherungsträgern eingespart werden sollen. "Das werden die Leute spüren", sagt Kern. "Ich möchte aber, dass sich jeder drauf verlassen kann, dass er die beste Gesundheitsversorgung bekommt."

  • |Karl Oberascher

    Kurz ist schon beim Sozialstaat: "Wenn wir ihn wirklich schützen wollen, dann schützen wir ihn vor der Zuwanderung." Mal ein neuer Satz für eine altbekannte Forderung.

  • |Karl Oberascher

    Verwaltungsreform: Warum glaubt Kurz, dass er das schafft, woran alle seine Vorgänger gescheitert sind?

    "Na weil ich schon gezeigt habe, dass ich mich durchsetzen kann", meint Kurz. "Mir wird ja jetzt vorgeworfen, dass ich nahezu diktatorische Macht in der ÖVP habe."

  • |Karl Oberascher

    Kurz? Konkretes? Nein, er will zunächst einmal mit der "Unterstellung aufräumen, dass wir nur die Firmen entlasten wollen." Deswegen noch einmal: "21 Sozialversicherungsträger... und da gibt es ganz viele Beispiele". Aha.

    Zusammenfassend: Konkretes ist beim Thema Förderungen nicht zu bekommen.

  • |Karl Oberascher

    Sozialförderung, Wirtschaftsförderung, Landwirtschaftsförderung - in diesen drei Bereiche könne in Sachen Förderungen eingespart werden. Also bitte, wo genau soll das passieren, fordert Claudia Reiterer Konkretes ein.

    Kurz lässt lieber Kern den Vortritt, der auf eine Studie verweist, wonach man 700 Millionen einsparen könne.

  • |Karl Oberascher

    Erste Sachfrage: Wo will Kern kürzen?

    Kern verweist zuerst auf die Investitionspläne der SPÖ. Aber wo er denn kürzen will, fragt Claudia Reiterer nach. Kern will, wir paraphrasieren jetzt, bei den Konzernen kürzen (Stichwort Konzernabgaben). Man solle jedenfalls nichts versprechen, was man nicht halten könne.

    Kurz ärgert der Schüssel-Vergleich von vorher noch. "Ich darf noch einmal darauf zurückkommen, wie ich geprägt wurde", meint Kurz. Seine Mutter sei Lehrerin, sein Vater Elektroingenieur. Das sei die Prägung. Und zum Thema? Kurz nennt die Ausgabenbremse, die Flüchtlinge, bei denen eingespart werden könnte und den Klassiker: die 21 Sozialversicherungsträger.

  • |Karl Oberascher

    Laut Kurz braucht's vor allem "Entschlossenheit, den Willen und die Kraft, Dinge auch umzusetzen."

    Kern meint, er sei vor allem durch die Ära Kreisky geprägt. "Das sind Menschen, die immer auch auch die soziale Balance des Landes geachtet haben." Kurz sei dagegen von der Generation Schüssel geprägt, die glaubte, man müsse vor allem die Wirtschaft entfesseln. "Da bin ich anders", meint Kern. Und das sei dann auch gewissermaßen die Antwort darauf, was ein Kanzler können muss.

  • |Karl Oberascher

    Einmal noch durchatmen. Dann geht's los. Das wichtigste TV-Duell des Wahlkampfs: Claudia Reiterer begrüßt Christian Kern und Sebastian Kurz, "Vertreter der zwei Regierungsparteien, die sich in den vergangenen Tagen mit Klagen zugedeckt haben". Heute wolle man aber darüber reden, wie es in Zukunft weitergehen soll. Ganz um die Causa Silberstein wird man aber wohl nicht herumkommen... Aber mal schauen. Erstes Thema: "Was muss ein Kanzler können?"

  • |Karl Oberascher

    Zur Vorbereitung hier noch die Kurz-Porträts der heutigen Kontrahenten. Hier von Christian Kern. Und hier von Sebastian Kurz.

  • |Karl Oberascher

    Hier noch zur Ausgangsposition, die die Kollegen Christian Böhmer und Daniela Kittner zusammengefasst haben: 

    Als sich Christian Kern und Sebastian Kurz am vergangenen Sonntag das erste Mal bei einer Puls4-Debatte live im Fernsehen duellierten, da kam man nicht umhin, beim Bundeskanzler einen deutlichen Stil-Wechsel zu bemerken. Kern attackierte den ÖVP-Chef überraschend oft und offensiv, nicht von ungefähr bezeichneten Beobachter wie der Medien-Trainer Gerald Groß die Debatte als "Boxkampf" und "harten Schlagabtausch".

    Erst beklagte sich Kern über einen ÖVP-Blogger, der seine Ehefrau diffamiere; dann wetterte der Regierungschef über Kurz’ populistische Migrationspolitik ("Sie produzieren nur Schlagzeilen"); und schließlich zerpflückte der Kanzler die Tatsache, dass die ÖVP von Großspendern unterstützt wird.

    Der SPÖ-Vorsitzende gab sich offensiv, ja fast aggressiv – und das hatte durchaus Methode: "Ziel war, unsere eigene Kern-Klientel anzusprechen. Also vor allem jene Wähler, die mit einer schwarz-blauen Politik nichts am Hut haben. Denen wollten wir zeigen: Wir kämpfen. Und zwar um Platz 1", sagt ein SPÖ-Stratege zum KURIER.

    Für Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer ist Kerns "Strategiewechsel" – also weg vom zurückhaltenden Regierungschef, hin zum oppositionell agierenden Herausforderer – "mutig und bemerkenswert". Angesichts der Pannenserie im SPÖ-Wahlkampf, die schon vor der Affäre Silberstein mit dem "Holler"-Sager ihren Anfang nahm, hatte Kern für den OGM-Chef fast keine andere Wahl. Bachmayer: "Christian Kern hat den Kanzleranzug fast abgelegt und wirkt mehr wie ein Oppositioneller, der ins Kanzleramt will." Laut Bachmayer könne man fast meinen, Kern übernehme ein wenig "die Strache-Rolle". "Dieses Angriffige ist für die Freiheitlichen immerhin ein Erfolgsmodell gewesen."

    Im Unterschied dazu agiere Kurz bislang fast so, als sei er bereits Kanzler: "Er versucht in den Debatten kompromissfähig zu wirken, kehrt Gemeinsamkeiten heraus und lässt Vorwürfe an sich abprallen."

    Das war beim Duell mit Kern am Sonntag so; das war auch bei der streckenweise ausnehmend hitzigen Debatte mit Heinz-Christian Strache Dienstagabend so.

    Experte Bachmayer erinnert die entspannte Art ein wenig "an US-Präsidenten, die für eine zweite Amtszeit wahlkämpfen". Sowohl Kern wie auch Kurz täten laut Bachmayer gut daran, bei den jeweiligen Rollen zu bleiben.

    In der SPÖ sieht man das nicht ganz so, im Gegenteil: Geht’s nach dem Beraterstab von Christian Kern, wird der Regierungschef mit dem Duell Mittwochabend im ORF (es fand nach Redaktionsschluss statt) noch einmal die Strategie wechseln – und zwar zurück in Richtung "kanzler-mäßig": "Die Offensive auf Puls 4 war eine Ansage an die Stammwähler. Jetzt geht’s wieder staatstragender weiter", heißt es in der SPÖ. Denn im Finish sei der souverän auftretende Kanzler gefragt.

  • |Karl Oberascher

    Einen wunderschönen guten Abend zum Live-Ticker des vorletzten Duells des Wahlkampfs (nur noch die morgige Elefantenrunde fehlt). Sie verzeihen den leichten Übermut, die Aussicht auf eine Zeit ohne tägliche TV-Duelle beflügelt. 39 TV-Termine waren's in den vergangenen Wochen. Bei rund 20 von ihnen waren wir auch live dabei. Gleich geht's los.

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