ÖVP zu Puller: "Das Maß ist voll, wir klagen"

ÖVP-Generalsekretärin Elisabeth Köstinger
Peter Puller vs. ÖVP, Screenshot vs. Gedächtnisprotokoll, Dirty Campaigning vs. vermeintliche unmoralische Angebote: Nach den jüngsten Entwicklungen in Österreichs Schmuddelwahlkampf will die ÖVP jetzt den Mitarbeiter von Tal Silberstein klagen, der seit Donnerstag im Zentrum des öffentlichen Interesses steht.

100.000 Euro für Informationen aus der SPÖ. Das ist die neueste Schlagzeile im großen Dirty-Campaigning-Schauspiel des österreichischen Nationalratswahlkampfs. Gekommen soll das unmoralische Angebot von der ÖVP sein, gerichtet an Peter Puller - das behauptet zumindest jener Mann, der sich immer mehr zur Schlüsselfigur im von Tal Silberstein organisierten Schmuddelwahlkampf entpuppt (mehr dazu hier).

Die ÖVP dementiert, am Freitag legten beide Seite Beweise für ihre jeweilige Version vor. Peter Puller beruft sich dabei auf eine SMS-Konversation, die seine Vorwürfe belegen würden. Ein entsprechender Screenshot eines "Honorarangebots" wurde am Freitag dem profil zugespielt. Wörtlich heißt es darin: "... Schlage vor wir treffen uns in erster Augustwoche, vielleicht weißt da schon was und wir können gleich über Honorar für PR reden". Absender ist laut Puller der Pressesprecher von Sebastian Kurz. Die Konversation stammt vom 19. Juli 2017. Zwei Tage zuvor will Puller den Pressesprecher im Außenamt getroffen haben. Im Verlauf des Vieraugengesprächs soll der ÖVP-Mitarbeiter laut profil zunächst auf das Ausschalten des Handys bestanden haben, ehe er auf einem Zettel sinngemäß notierte: „Wir wissen, dass du für die Sozis arbeitest. Wir bieten dir bis zu 100k, wenn du wechselst."

ÖVP will SPÖ klagen

Aus der ÖVP heißt es, die Vorwürfe seien absolut haltlos. Nur die Kontakte mit Puller bestätigte man bereits am Donnerstag. Wahr sei vielmehr ein "Gedächtnisprotokoll eines Kurz-Mitarbeiters von dem Treffen mit Puller", meinte ÖVP-Generalsekretärin Elisabeth Köstinger bei einer eigens einberufenen Pressekonferenz am Freitagmorgen. Demnach habe Puller aktiv Kollegen kontaktiert und Fragen über das Privatleben von ÖVP-Mitarbeitern sowie zu Spitzenkandidat Sebastian Kurz gestellt. Auch einen Seitenhieb auf die NEOS gab es: Es sei "bemerkenswert", dass andere in der Causa genannte Personen aus deren früheren Umfeld stammten.

Puller sei ein Politik-Söldner, "der für Geld anscheinend alles macht. Sein Job ist es, Leute im Umfeld von Sebastian Kurz, anzupatzen". Für Köstinger ist das Maß voll. "Wir klagen."

Klagen will die ÖVP sowohl die SPÖ, als auch Puller selbst. Den Sozialdemokraten warf Köstinger Verhetzung und Verstoß gegen das Verbotsgesetz aufgrund teils antisemitischer Facebook-Seiten im Wahlkampf vor. Berater Puller soll auf Unterlassung und Widerruf geklagt werden. Weiters wegen Kreditschädigung und übler Nachrede.

Wörtlich heißt es in dem von Köstinger angesprochenen Gedächtnisprotokoll des Pressesprechers von Sebastian Kurz:

"Es ging darum, meinen Chef vor schmutzigen und erfundenen Geschichten zu schützen. Ich habe in diesem Gespräch mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln alles versucht, um die Wahrheit ans Licht zu bringen. Ich habe es freundlich versucht und ihn an unsere gemeinsame Zeit erinnert, als wir eng zusammen gearbeitet haben. Ich habe ihm gesagt, dass wir ihn klagen werden und wir dahinter kommen werden. Ich habe versucht, an seine Integrität zu appellieren und ihn gebeten, es einfach zuzugeben, damit wir Gras über die Sache wachsen lassen. Ich habe alles versucht, um meinen Chef vor der Kampagne, die seit Monaten gegen ihn gefahren wurde, zu schützen. Ja, ich wollte das aufdecken, was hier seit Monaten vor sich ging. Ja, ich wollte in diesem Gespräch, dass ans Tageslicht kommt, wie hier gegen meinen Chef vorgegangen wird. Ja, ich wollte in diesem Gespräch Puller überreden doch wieder für uns aktiv zu sein und nicht gegen uns (das gesamte Protokoll lesen Sie im Abschnitt unten).

Köstinger glaubt auch, dass Berater Tal Silberstein nach wie vor für die SPÖ arbeitet. "Dass der aktuelle Anpatzversuch das Dirty Campaigning fortsetzt, liegt auf der Hand", sagte sie zu den Vorwürfen, ihre Partei habe Peter Puller selbst kontaktiert. In der Frage der SMS, die dies belegen sollen (siehe oben), vertraut sie Aussagen ihrer eigenen Mitarbeiter.

Kanzler Kern entsetzt über kolportierte ÖVP-Verwicklung

Indes reagierte Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern am Freitag empört auf die Aussagen Peter Pullers. "Naturgemäß bin ich wirklich entsetzt über diese Nachricht. Man muss das jetzt in Ruhe anschauen, was da dran ist, ob sich das erhärtet", sagte Kern im Ö1-Morgenjournal. "Wir haben die Erfahrung gemacht, dass offensichtlich unser Kampagne verkauft worden ist, wir seit Monaten erleben, dass Unterlagen aus vertraulichen Gremien in den Zeitungen landen. Wir haben uns schon seit längerem unseren Reim drauf gemacht. Wir werden sehen, ob das jetzt des Rätsels Lösung ist", sagte Kern.

Was da rund um die Spezialeinheit des ehemaligen SPÖ-Beraters Silberstein gelaufen sei, könne er nicht im Detail erklären. "Ich bin kein Detektiv, ich führe das Land, das werde ich auch weitermachen. Dass Informationen zum politischen Gegner geflossen sind, steht völlig außer streit", meinte Kern.

*Hinweis: Auch SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christoph Matznetter nahm in einer eigenen Pressekonferenz Stellung zu den jüngsten Entwicklungen. Mehr dazu hier.

Elisabeth Köstinger: "Vorwürfe sind nicht haltbar"

"In der "Presse" vom 8. Jänner 2017 wurde bekannt, dass Tal Silberstein im Auftrag der SPÖ Dirty Campaigning gegen Sebastian Kurz betreibt und in seinem privaten Umfeld herumschnüffeln lässt. Bereits damals kam seitens der Volkspartei die Aufforderung, diese Machenschaften einzustellen. Die öffentliche Debatte von damals ist bekannt und mündete in mehreren parlamentarischen Anfragen an den Bundeskanzler.

Im folgenden Halbjahr wurden Informationen an mich heran getragen, dass Tal Silberstein an besonders schmutzigen Attacken gegen Sebastian Kurz arbeiten würde. So sollte etwa eine Künstlerin für eine falsche Anschuldigung über Sebastian Kurz in einem ausländischen Medium bezahlt werden. Darüber hinaus meldeten sich nach und nach aktive und ehemalige Kabinettsmitarbeiter aus dem Umfeld der ÖVP, die Puller von früher kannten, dass Puller sie kontaktiert hätte. Die Treffen seien merkwürdig verlaufen, die Personen berichteten über auffälliges Nachfragen und Aushorchen. Zudem gab es das Gerücht, dass Silberstein für rund 100.000 Euro von der SPÖ für Dirty Campaigning gegen Kurz bezahlt würde, eine Summe die erst vor wenigen Tagen von Silberstein selbst in einem "News"-Interview bestätigt wurde.

Da bekannt war, dass Puller bereits 2015 mit Silberstein für die Neos in einer Kampagne gearbeitet hatte, lag der Verdacht nahe, er könnte auch jetzt mit Silberstein zusammenarbeiten und gegen Sebastian Kurz arbeiten. Ich nahm daher auf eigene Initiative Kontakt auf, um ihn zur Rede zu stellen.

In einem Treffen Mitte Juli konfrontierte ich Puller mit dem Vorwurf, er würde für Silberstein arbeiten. Ich unternahm alle Versuche, um die Wahrheit herauszufinden, es ging darum, meinen Chef vor schmutzigen und erfundenen Geschichten zu schützen. Ich habe in diesem Gespräch mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln alles versucht, um die Wahrheit ans Licht zu bringen. Ich habe es freundlich versucht und ihn an unsere gemeinsame Zeit erinnert, als wir eng zusammen gearbeitet haben. Ich habe ihm gesagt, dass wir ihn klagen werden und wir dahinter kommen werden. Ich habe versucht, an seine Integrität zu appellieren und ihn gebeten, es einfach zuzugeben, damit wir Gras über die Sache wachsen lassen. Ich habe alles versucht, um meinen Chef vor der Kampagne, die seit Monaten gegen ihn gefahren wurde, zu schützen.

Ja, ich wollte das aufdecken, was hier seit Monaten vor sich ging. Ja, ich wollte in diesem Gespräch, dass ans Tageslicht kommt, wie hier gegen meinen Chef vorgegangen wird. Ja, ich wollte in diesem Gespräch Puller überreden doch wieder für uns aktiv zu sein und nicht gegen uns. Nein, ich habe ihm nie 100.000 Euro geboten, sondern ihn lediglich mit der Tatsache und einer handschriftlichen Notiz von mir konfrontiert, dass ich glaubhafte Informationen hatte, dass er für die SPÖ arbeitet und über Tal Silberstein unseres Wissens dafür eine Summe von bis zu 100.000 Euro erhält. Puller stritt allerdings eine Tätigkeit für die SPÖ und Silberstein mit Vehemenz ab. Er sagte, er arbeite politisch einzig für die Wiener Neos und sonst für keine Partei. Er kenne zwar Tal Silberstein und dessen Mitarbeiter, stehe mit ihm aber in keinem beruflichen Verhältnis. Ich habe ihm das geglaubt. Puller bestätigte jetzt auch in der ZIB2 und im Ö1-Morgenjournal, dass er mir damals die Unwahrheit gesagt hat.

Puller bot aktiv an, sich umzuhören, ob schmutzige Geschichten gegen Sebastian Kurz geplant seien, wenn er etwas höre, würde er sich melden.

Nachdem ich ihm fälschlicherweise am Ende des Gesprächs geglaubt hatte, dass er nicht für die SPÖ oder Silberstein arbeitet, ging es darum, dass man künftig nach seinem Engagement bei den Neos vielleicht wieder einmal zusammen arbeiten könne. Es wurde vereinbart, über mögliche Kooperationen in Kontakt zu bleiben.

Im August fand ein weiteres Treffen statt, wo er eine Zusammenarbeit konkretisieren wollte. Dort behauptete Puller erneut, nicht für die SPÖ und für Silberstein tätig zu sein. Auf Nachfrage, ob er etwas gehört habe in Sachen Dirty Campaigning gegen Kurz, antwortete er, dass er nichts wisse. Fälschlicherweise habe ich ihm auch das geglaubt. Der größte Teil des weiteren Gesprächs befasste sich folglich mit den aktuellen politischen Themen und seiner Agentur-Tätigkeit. Dass es im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit für die SPÖ kein Angebot gab, ergibt sich schon allein aus der Tatsache, dass er mich in Bezug darauf bis zum Schluss angelogen hat.

Das nächste Mal hörte ich von Peter Puller aus den Medien, als der Facebook-Skandal aufgedeckt wurde. Jetzt, fast eine Woche später, kommen die haltlosen Anschuldigungen.

Was nun versucht wird, ist das eine völlige Verdrehung der Tatsachen, der Gipfel von Dirty Campaigning und ich werde mich rechtlich zur Wehr setzen. Wir haben immer davor gewarnt, dass haltlose Anschuldigungen kommen. Jetzt sind sie da."

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