Rendi-Wagner vor Ablöse? SPÖ droht eine Kampfabstimmung
Die Personaldebatte in der SPÖ gewinnt weiter an Fahrt, noch bevor die Landtagswahlen in Kärnten und Salzburg geschlagen sind. Diesmal sind es nicht die Burgenländer, die Öl ins Feuer gießen, sondern die SPÖ Wien.
Nach jüngsten parteiinternen Gerüchten über bevorstehende Personalrochaden könnte den Sozialdemokraten am nächsten Bundesparteitag sogar eine Kampfabstimmung blühen.
Bürgermeister Michael Ludwig jedenfalls dürfte sich von Pamela Rendi-Wagner als Bundesparteivorsitzender abwenden.
Das sickert in steigender Häufigkeit und Intensität aus der Wiener Stadtpartei an Medien durch. So platzten entsprechende Meldungen auch am vergangenen Wochenende in den Wahlkampfendspurt des Kärntner Landeshauptmanns Peter Kaiser.
Auslöser für diese Meldungen dürfte eine Sitzung des Wiener Ausschusses vor wenigen Tagen gewesen sein. Da soll Ludwig gesagt haben, dass es nach den Landtagswahlen in Kärnten und Salzburg für die Bundesspitze der SPÖ eine Lösung brauche. "In die eine oder die andere Richtung“, wird er von Funktionären aus seiner Stadtpartei zitiert.
Ausschlaggebend soll nicht nur die anhaltende öffentliche Debatte rund um Rendi-Wagner sein, sondern auch Druck aus so manchem Wiener Flächenbezirk, wo man sich durchaus mit dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil als Parteivorsitzendem und Spitzenkandidat anfreunden könnte. Wobei die offizielle Version aus dem Wiener Rathaus noch immer ist, dass Bürgermeister Ludwig voll und ganz hinter der Parteivorsitzenden stehe.
Gleichzeitig ist die Personalsuche der Wiener SPÖ-Spitze für die Bundespartei unübersehbar. Unter anderem wurde Ex-ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz öffentlich forciert, um die Resonanz auf seine Person auszutesten. Die war allerdings wenig erfolgversprechend, denn als erstes wurde sofort Wrabetz’ üppige ORF-Firmenpension bekannt. In den Sozialen Medien wird von einer bestimmten Gruppe immer wieder auch eine Rückkehr von Ex-Kanzler Christian Kern als Variante ins Rennen geworfen. Das wird aber von führenden SPÖ-Funktionären derzeit kategorisch ausgeschlossen.
Hintergrund der Personaldebatte: In der Partei zweifelt man, dass mit Pamela Rendi-Wagner die nächste Nationalratswahl gewonnen werden kann. In den bundesweiten Umfragen führt die FPÖ deutlich vor der SPÖ. Doch nicht einmal der zweite Platz scheint der SPÖ sicher, die Kanzlerpartei ÖVP hat laut jüngsten Erhebungen Chancen, die SPÖ zu überholen.
"Wenn es sein muss, ist Hans Peter Doskozil auch zu einer Kampfabstimmung bereit"
Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil bietet sich als Retter an. Doch die SPÖ Wien, genauer: die Gruppe um Nationalratspräsidentin Doris Bures und Bürgermeister Ludwig, wollen Doskozil nicht als SPÖ-Chef. Da ihre Kandidatin, Pamela Rendi-Wagner, wohl nicht mehr zu halten ist, suchen sie nach einer personellen Alternative.
Die muss aber attraktiv genug sein, um Doskozil auszubremsen. Falls es bei einem Bundesparteitag zu einer Kampfabstimmung kommt. Oder so verbindend, dass sowohl die Wiener Partei als auch der burgenländische Landeshauptmann mit dieser Person einverstanden wäre, wie ein SPÖ-Funktionär gegenüber dem KURIER erklärt.
In der Wiener Partei wird auch die Sorge kolportiert, wie der linksliberale Wählerflügel in der Partei gehalten werden könnte, wenn Hans Peter Doskozil tatsächlich das Ruder übernimmt.
Mittlerweile kursiert in der Partei auch schon eine Personalrochade, mit der man die Neuaufstellung vorbereiten will. So soll nach den Landtagswahlen – passenderweise rund um den 1. Mai – die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures die Partei vorerst einmal übernehmen – und dann alles geordnet für einen Bundesparteitag vorbereiten. Inklusive der personellen Neuaufstellung.
Rendi-Wagner statt Bures als Nationalratspräsidentin?
Die sollte relativ knapp zur Nationalratswahl 2024 bekannt gegeben werden, damit sie nicht „verbrannt werden kann“. Pamela Rendi-Wagner könnte wiederum statt Bures ins Nationalratspräsidium wechseln, was ein gesichtswahrender Abgang aus der Wiener Löwelstraße wäre. Das einzige Problem: Derzeit kann kaum jemand in der Partei Optionen abseits von Hans Peter Doskozil nennen. Und dass Wiens Bürgermeister Michael Ludwig auf die Bundesebene wechselt, wird weiterhin ausgeschlossen.
Ein Rundruf des KURIER unter Funktionären ergab, dass sich diese Gerüchte über Personalrochaden in der Partei bereits verfestigt haben. Einige rechnen sogar damit, dass nicht mehr bis zur Salzburg-Wahl gewartet wird, sondern sofort nach dem Kärnten-Votum am Sonntag Maßnahmen gesetzt werden.
Und das alles ist der Grund, warum sich nun nicht nur ein Personal-, sondern auch ein Methodenstreit abzeichnet.
Die Wiener SPÖ-Spitze möchte offenbar eine Entscheidung in den Spitzengremien und möglichst wenig Basis-Votum, kursiert seit wenigen Tagen in den Bundesländern. Denn eines ist auch klar: Je näher an der Basis, desto mehr Unterstützung für den populistischen Kurs eines Doskozil.
Aus SPÖ-Organisationen in den Bundesländern ist bereits Kritik zu hören: In Wien würde sich „eine Handvoll Leute ausschnapsen wollen, wer neuer SPÖ-Chef wird“. Die SPÖ- Burgenland gibt dazu auf KURIER-Anfrage „keinen Kommentar“ ab. Nur so viel sagt Landes-SPÖ-Geschäftsführer Roland Fürst: „Man sollte es bei den Personalentscheidungen besser machen als bisher.“
Aber auch Parteiorganisationen wie die Sozialistische Jugend (SJ) drängen darauf, dass die zukünftige Führung nicht im kleinen Kreis entschieden wird. Es sei ein Grundsatz, möglichst viele Mitglieder bei der Wahl von Parteivorsitzenden einzubinden, heißt es aus der SJ. Wichtig sei, dass eine Person gefunden werde, mit der die SPÖ nach der Wahl 2024 wieder die Nummer eins ist.
Bleibt die Frage, ob Hans Peter Doskozil überhaupt von Eisenstadt nach Wien wechseln will. Bisher hat er sich noch nie ganz klar festgelegt. Er hat es nicht dementiert. Andererseits ist auch keine klare Ansage gekommen, dass er Bundesparteiobmann oder Spitzenkandidat werden will. Bemerkenswert war dazu allerdings seine Aussage bei der ORF-Pressestunde im September, bei der er auf die Frage nach einer möglichen Kanzlerkandidatur antwortete: „In zwei Jahren würde ich es, realpolitisch gesehen, eher ausschließen.“
Das könnte sich angesichts der aktuellen Personaldiskussionen ändern. Wie von einem engen Vertrauten von Hans Peter Doskozil zu erfahren war, würde der Burgenländer nicht mehr davor zurückscheuen, „sich einer Kampfabstimmung in der Partei zu stellen“.
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