Quarantäne-Aus: Die 20 wichtigsten Fragen und Antworten
Verkehrsbeschränkung statt Quarantäne. Die Regierung sorgt damit für große Verwirrung. Was gilt jetzt und wer kontrolliert es? Fakt ist: Nach dem Rückzug des Staates liegt die Verantwortung im Umgang mit dem Virus jetzt viel mehr bei den Betrieben und bei jedem Einzelnen. Der KURIER fasst die wichtigsten Fragen rund um die Neuregelung zusammen.
Können Betriebe bzw. Institutionen strengere Covid-Regeln am Arbeitsplatz anordnen?
Ja. Wenn es ein hohes Ansteckungsrisiko gibt, seien Firmen gut beraten, bestehende Maßnahmen beizubehalten oder sogar zu verschärfen, rät Arbeitsrechtsexperte Walter Pöschl von der Wirtschaftskanzlei Taylor Wessing. Er verweist auf Arbeitnehmerschutz und die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Im Rahmen des Hausrechts sind jederzeit strengere Regeln möglich, sofern sie nicht willkürlich und unsachlich sind. Das kann auch für infizierte Kunden gelten, denen man den Zutritt verwehren kann.
Darf ein Arbeitnehmer aus berechtigter Angst vor einer Ansteckung zu Hause bleiben, ohne dass ihm Konsequenzen drohen?
Risikogruppen können bei Entgeltfortzahlung freigestellt werden. Wer keiner Risikogruppe angehört, muss einen berechtigten Grund haben, nicht zu kommen, etwa weil er von einem positiven Kollegen ohne Maske Kenntnis hat. „Da könnte es schon Einzelfälle mit erhöhtem Risiko für eine Gesundheitsgefährdung geben“, sagt Pöschl. Die Gewerkschaft GPA fordert, besorgten Beschäftigten Homeoffice zu ermöglichen.
Drohen Konsequenzen, wenn ein infizierter Arbeitnehmer nicht zur Arbeit erscheint?
Aufgrund der Treuepflicht muss der Arbeitgeber über eine Covid-Infektion informiert werden. Grundsätzlich gelten infizierte, nicht krankgeschriebene Beschäftigte, die durchgehend eine FFP2-Maske tragen können, als arbeitsfähig und müssen daher zur Arbeit. Wenn das Tragen einer Maske nicht möglich oder zumutbar ist, etwa bei Schwerarbeit oder Hitze am Bau, muss die Arbeit nicht angetreten werden, müssen andere Lösungen gesucht werden. Und: Eine Maske bietet keinen 100-Prozent-Schutz. Es sei daher ratsam, das weitere Vorgehen gemeinsam abzuklären, sagt Pöschl.
Wer haftet, wenn eine Ansteckung am Arbeitsplatz gesundheitlich schwerwiegende Folgen hat?
Der Arbeitgeber könnte aufgrund der Fürsorgepflicht schon bei leichter Fahrlässigkeit haften. Aber auch der infizierte Arbeitnehmer kann zur Verantwortung gezogen werden, wenn er seine Covid-Infektion verschwiegen und ohne Maske gearbeitet hat.
Ist Covid-19 weiterhin eine meldepflichtige Krankheit?
Ja. An der Meldepflicht ändert sich nichts. Jeder Arzt und jedes Labor, das eine meldepflichtige Krankheit diagnostiziert, ist zur Meldung verpflichtet. Auch ein positives Antigen-Testergebnis muss der Behörde gemeldet werden.
Was ist, wenn das Tragen von Masken nicht zumutbar ist?
Wenn das Tragen der Maske in der Arbeit oder am Weg dorthin nicht möglich ist (z.B. während der Schwangerschaft oder weil die Tätigkeit es nicht zulässt) und keine „sonstigen geeigneten organisatorischen oder räumlichen Schutzmaßnahmen“ getroffen werden können, darf der Arbeitsort nicht betreten werden. Als Schutzmaßnahmen kommen z.B. Homeoffice, Einzelbüros oder Büros bzw. Teams, die nur aus Infizierten bestehen, in Frage. Innerhalb dieser „Infizierten-Büros oder -Teams“ sind dann keine Beschränkungen notwendig. Die in den bisherigen COVID-19-Maßnahmenverordnungen vorgesehenen Trennwände oder das Bilden von wechselnden Teams gelten nicht als geeignete Schutzmaßnahmen.
Gelten die neuen Regeln für alle Berufsgruppen?
Grundsätzlich ja. Es gibt aber Ausnahmen für Personen, die mit Maske ihren Beruf nicht ausüben können (siehe Fragen 3 und 6). Und: Während allen anderen Infizierten das Betreten von vulnerablen Settings (Spitäler, Pflegeheime, Kindergärten etc.) auch mit Maske untersagt ist, dürfen die eigenen Mitarbeiter diese Einrichtungen auch Covid-positiv betreten.
Gilt das auch für Schulen und Kindergärten?
Bei einem positiven Test gilt für Kindergärten und Volksschulen ein Betretungsverbot, außer für Mitarbeiter. Bei sonstigen Betreuungseinrichtungen gilt dieses Betretungsverbot nicht für Kinder ab elf Jahren. Bei dieser Alters- bzw. Personengruppe sei im Regelfall nicht davon auszugehen, dass sie über einen langen Zeitraum durchgehend eine FFP2-Maske tragen können, heißt es aus dem Ministerium.
Gilt für Infizierte überall die Maskenpflicht?
Die Maskenpflicht gilt außerhalb des privaten Wohnbereichs, in geschlossenen Räumen, wenn ein physischer Kontakt zu anderen Personen nicht ausgeschlossen werden kann und im Freien, sofern ein Mindestabstand von zwei Metern zu anderen Personen nicht eingehalten werden kann. Ein physischer Kontakt besteht bereits bei körperlicher Anwesenheit einer anderen Person im selben Raum, setzt aber keinen unmittelbaren Körperkontakt oder eine spezielle Körpernähe voraus.
Wann muss ich mich noch testen? Nur bei Symptomen?
In Wien besteht PCR-Testpflicht in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen. Bei Symptomen sollte man sich immer testen lassen, „denn nur dadurch lässt sich unterscheiden, ob es sich um Covid-19 handelt oder um einen anderen Auslöser, etwa allergische Reaktionen oder banalen Schnupfen“, sagt die Virologin Judith Aberle, MedUni Wien. Denn gerade bei einer BA.5-Infektion gibt es mehr untypische Verläufe ohne Geruchsverlust und ohne Fieber.
Und wie ist das, wenn man symptomfrei ist?
„Man kann infektiös sein, bevor die ersten Symptome auftreten“, sagt Aberle. Auch bei gänzlich symptomfreien Verlauf „kann man ansteckend sein – da gibt es keinen Unterschied“. Sie rät deshalb vor Treffen in Innenräumen, besonders mit Risikopersonen, immer zu einem Test.
Bleibt die Testinfrastruktur aufrecht oder wird das von den Apotheken übernommen?
Die Testinfrastruktur bleibt jedenfalls bis Ende des Jahres in der aktuellen Form bestehen. Das wird durch die Screeningverordnung sichergestellt.
Muss ich mich bei Symptomen krankschreiben lassen?
Wenn man Symptome hat und krank ist, soll man grundsätzlich nicht arbeiten gehen, sondern sich auskurieren. Dafür wird die telefonische Krankmeldung wieder aktiviert.
Warum dürfen die Bundesländer diesmal nicht strengere Vorgaben erlassen?
Das Gesundheitsministerium ist um bundesweit einheitliche Regelungen bemüht. Die Verkehrsbeschränkungsverordnung gilt daher bundesweit.
Gelten weiterhin die Strafbestimmungen, wenn ich jemanden mit Corona anstecke?
Sofern die in der Verkehrsbeschränkungs-Verordnung vorgesehenen Schutzmaßnahmen eingehalten werden, muss ich nicht mit einer Strafe rechnen, wenn ich mit Infektion hinausgehe und jemanden anstecke.
Welche Bedeutung hat der Grüne Pass noch?
3-G-Nachweise müssen noch von Besuchern, Mitarbeitern und Dienstleistern in Kranken- und Kuranstalten, Alten- und Pflegeheimen, stationären Wohneinrichtungen der Behindertenhilfe und vergleichbaren Settings erbracht werden. Auch bei Reisen und innerhalb mancher Staaten ist der Grüne Pass eine Voraussetzung.
Wo im öffentlichen Raum gilt die Maskenpflicht noch für alle?
Bundesweit gilt eine Maskenpflicht in geschlossenen Räumen von Kranken- und Kuranstalten, Alten- und Pflegeheimen sowie an Orten, an denen Gesundheits- und Pflegedienstleistungen erbracht werden, also etwa bei der Physiotherapie und in Kassenambulatorien. In Wien sind die Regeln etwas strenger: Hier gilt die Maskenpflicht auch in Apotheken und in allen Öffis. Auch in den Zügen der ÖBB und der Westbahn muss man bis zur Stadtgrenze die Maske aufsetzen. Bei Besuchen in Spitälern gilt PCR-Testpflicht. Die Verordnung gilt vorerst bis 23. August.
Welche Regeln gelten in der Gastronomie?
Infizierte dürfen Lokale, Kaffeehäuser sowie die Nachtgastro zwar besuchen, dort aber nichts konsumieren, weil sie dabei ja – verbotenerweise – die Maske abnehmen müssten. Ausnahme: Wer im Freien – etwa im Schanigarten – sitzt und zu allen anderen Anwesenden einen Abstand von zwei Metern einhält, darf konsumieren.
Darf man mit positivem Test ins Ausland reisen?
„Aus dem vorliegenden Verordnungsentwurf lese ich jetzt nichts Gegenteiliges heraus“, sagt ÖAMTC-Juristin Verena Pronebner. „Zwei Dinge sind aber zu beachten: einerseits möglicherweise strengere Beförderungsbedingungen von Bahn, Fluglinien oder Fähren, andererseits die jeweiligen nationalen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen“. Wie etwa Fluglinien wie die AUA reagieren werden, ist noch unklar. „Da uns die finale Verordnung noch nicht vorliegt, können wir dazu noch keine Antwort geben“, hieß es auf KURIER-Anfrage. Genauere Informationen dazu finden Sie auf der Website: oeamtc.at
Wer kontrolliert das alles?
Der Staat kontrolliert von sich aus die neuen Regelungen nicht. Am Arbeitsplatz wiederum ist das „praktisch nicht möglich“, sagt Pöschl. Betriebe sollten aus diesem Grund alternative Maßnahmen wie betriebliche Testungen oder Zutrittssysteme anbieten.
Kommentare