Raab: "Bei rechtlicher Verfehlung, muss Staatsbürgerschaft aberkannt werden"
Sie soll nach Karl Nehammers „Österreichplan“ eine Leitkultur erarbeiten. Wann erste Ergebnisse zu erwarten sind, lässt Susanne Raab offen.
KURIER: Die ÖVP beharrt darauf, eine Bezahlkarte statt Bargeld für Asylwerber einzuführen. Das Taschengeld beträgt in der Grundversorgung 40 Euro/Monat. Verfassungsrechtler wie Hilfsorganisationen kritisieren, dass das kaum umsetzbar sein wird und Sie Symbolpolitik betreiben. Was kontern Sie?
Susanne Raab: Wenn Menschen um Asyl werben, dann sind sie in der Bundesgrundversorgung. Hier gibt es Sachleistungen wie Wohnen, Essen und Kleidung und eben 40 Euro Taschengeld. Wird ein Migrant zu einem Verfahren zugelassen, dann wird er im jeweiligen Bundesland entweder in einem staatlichen oder privaten Quartier untergebracht. Im Fall eines privaten Quartiers wird die Grundversorgung von bis zu mehreren Hunderten Euros bar ausbezahlt und genau hier erachten wir eine Bezahlkarte als sinnvoll an.
Aber die Asylwerber müssen ja jedenfalls für ihre private Unterkunft zahlen!
Mit der Bezahlkarte stellen wir sicher, dass die Grundversorgung auch dafür verwendet wird, wofür sie seitens des Staates gedacht ist: für Unterkunft, Verpflegung und medizinische Versorgung. Es ist essenziell, die Missbrauchsmöglichkeiten und jeden Pull-Faktor für illegale Migration zu reduzieren.
58.698 Asylanträge wurden 2023 in Österreich gestellt
26.550 positive Asylbescheide gab es 2023. Mehr als die Hälfte der Asylwerber ist zw. 18 und 35 Jahre alt. Top-Länder: Syrien, Afghanistan, Türkei
40 Euro Taschengeld pro Monat erhalten Asylwerber in Quartieren. Bei privater Unterbringung bekommen sie 425 Euro für Miete und Verpflegung
Konkretisieren Sie den Missbrauchsvorwurf.
Es ist in unseren Integrationskursen laufend Thema, dass das Geld in die Herkunftsländer geschickt wird.
"Integration heißt Anpassung“, steht im "Österreichplan“ der ÖVP. Woran genau sollen sich Frauen, Männer und Kinder anpassen?
Natürlich bedeutet Integration auch Anpassung, und zwar an die Werte, die wir in Österreich und Europa leben. Es kommen Menschen aus vollkommen anderen Kulturkreisen zu uns, in denen es keine Gleichberechtigung von Mann und Frau gibt. In denen die Demokratie und der Rechtsstaat keinen Wert haben, es keinen Respekt vor Institutionen wie Polizei, Justiz oder anderen Religionen gibt. Es gibt keine Option, sich nicht an diese Werte anzupassen – sie sind kompromisslos zu akzeptieren. Für mich ist es inakzeptabel, wenn sich ein Mann nicht von einer Ärztin behandeln will, wenn Polizistinnen nicht akzeptiert werden oder junge Mädchen auch hier bei uns in Österreich zwangsverheiratet werden oder unter Genitalverstümmelung leiden müssen.
All die Werte, von denen Sie sprechen, sind zur Gänze durch Gesetze abgedeckt. Jetzt sollen Sie auch noch eine "Leitkultur“ erarbeiten. Warum?
Es gibt die gesetzliche Ebene von Grund- und Menschenrechten und das Strafrecht. Parallel dazu gibt es Leitlinien, eine Kultur unseres Zusammenlebens. Ich weiß aus Gesprächen mit unseren Integrationstrainerinnen, dass es Männer gibt, die beispielsweise ihre Frauen nicht zum Deutschkurs schicken wollen, die sich weigern, Frauen die Hand zu geben oder mit Lehrerinnen zu sprechen. Genau hier müssen wir eine unmissverständliche klare Erwartungshaltung kommunizieren: In Österreich sind Mann und Frau gleichberechtigt und das ist zu akzeptieren. Ein Asylwerber muss im Verfahren auch mit einer Asylbeamtin sprechen – und genau das ist oft nicht selbstverständlich.
Nochmals: Wozu eine Leitkultur, wo es doch schon eine Werteklausel gibt, zu der sich Integrationsprojekte bekennen müssen, um Fördergelder zu erhalten?
Ich bin froh, dass wir nicht bei null anfangen, denn wir haben bereits Expertise und Grundlagendokumente und werden dieses Wissen zusammentragen und ausbauen. Wir werden auch die Bevölkerung einbinden, was sie unter Leitkultur versteht. Jede Gesellschaft braucht ein einheitliches Wertefundament, um gut zusammenzuleben. Menschen, die aus einer ganz anderen Kultur zu uns kommen, müssen wissen, was unsere Werte sind und „wohinein“ sie sich integrieren sollen.
Wann wollen Sie die Bevölkerung befragen, wann die ersten Ergebnisse veröffentlichen?
Mir ist das Projekt wichtig, denn ich habe immer gesagt, ich will drei Säulen der Integration vorantreiben: Sprache, Arbeitsmarkt und Werte. Dafür nehmen wir uns auch die Zeit, die wir brauchen.
Es geht der ÖVP bei dieser "Leitkultur“ um Tradition, Brauchtum und Kultur. Und es geht Ihnen, wie Sie der "Kronenzeitung“ gesagt haben, nicht ums Schnitzel. Geht es um Feiertage wie Weihnachten?
Es geht um gesellschaftliche Grundwerte, Gleichberechtigung und Meinungsäußerungsfreiheit und natürlich geht es auch darum, was unser Zusammenleben in Österreich auszeichnet, wozu auch gesetzliche Feiertage gehören können.
Was soll passieren, wenn man sich nicht an die Leitkultur hält?
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