FPÖ-Chef über "Käsezettel", "Sauhaufen" und Remigration
Zu Jahresbeginn 2023 lässt Herbert Kickl in einem seiner seltenen Interviews in der ZiB2 wissen, es sei "höchste Zeit für einen freiheitlichen Kanzler". Gestern Abend war es wieder soweit: Im Rahmen der Jahresbilanz-Interviews stand Kickl in der ZiB2 Martin Thür Rede und Antwort.
In Salzburg, Niederösterreich und Oberösterreich sind die Freiheitlichen in Regierungsverantwortung - im Bund könnte es nach der Nationalratswahl auch so weit sein, wenn die Umfragen, die der FPÖ die meisten Stimmen attestieren, wahr werden. Doch was der sich selbst "Volkskanzler" nennende Kickl will, dass wollen alle anderen Parteien nicht und verhindern. Auch die ÖVP, die zwar mit der FPÖ in den Ländern koaliert, selbiges aber mit Kickl im Bund partout nicht will. Kanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer nennt Kickl ein "Sicherheitsrisiko", ein Bündnis mit den Blauen kann sich auch SPÖ-Chef Andreas Babler nicht vorstellen.
FPÖ-Parteiobmann Kickl zieht Jahresbilanz
Zum Konflikt in Israel sagt Kickl: "Die FPÖ ist im Kampf gegen den Islamismus am klarsten positioniert. Wir haben eine klare Positionierung, wenn es um diese Angriffe geht. Österreich unterstützt Israel durch entsprechende Deklarationen auch im Sicherheitsrat. Eine Enthaltung wäre mir lieber gewesen." und: "Eine Enthaltung wäre mit der Neutralität besser vereinbar gewesen."
Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine und das Gedenken im NR: "Der Nationalrat ist keine Bühne für Kriegsparteien. Dafür gibt es international genügend andere Möglichkeiten, da braucht es das österreichische Parlament nicht. Wenn man so etwas macht, müsste man auch die zweite Seite einladen und ihr Gehör schenken. Das höre ich übrigens auch aus dem Appell des Bundespräsidenten heraus. Nur einer Partei Gehör zu schenken, verstößt gegen das Neutralitätsgebot."
Parteilichkeit im Krieg: "Ich bin genau so Russland-kritisch wie Ukraine-kritisch. Nur weil man versucht, etwas zu verstehen, heißt das nicht, etwas gutzuheißen", so Kickl, der damit Hugo Portisch zitieren will. "Ich kann zum Beispiel Selenski verstehen, dass er die ganze Nato in den Konflikt hineinziehen will, aber ich heiße es nicht gut."
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Neutralität: "Ich wünsche mir in Europa mehr Neutrale" habe Kickl in einem persönlichen Gespräch mit Alexander Van der Bellen gesagt. "Wenn jeder in irgendwelchen Bündnissen steckt, dann entsteht aus regionalen Konflikten ein Flächenbrand. Das lehrt uns die Geschichte."
Ex-Verfassungsschutzchef Peter Gridlings Buch will Kickl nicht kommentieren, wohl aber etwas attestieren. Gridling habe einen "Sauhaufen" hinterlassen.
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Gestiegene Politikergehälter auch in FP-regierten Ländern: "Es wäre sinnvoll, einen Gehaltsverzicht an den Tag zu legen, aus Solidarität zur Bevölkerung", die Erhöhung sei insbesondere den schwarzen Landeshauptleuten geschuldet, die FPÖ sei jeweils nur LH-Stellvertreter.
Remigration, verwendet von Identitären-Chef Martin Sellner: "Wenn jemand in Österreich einen Asylantrag stellt und einen negativen Bescheid bekommt, dann soll er abgeschoben werden. Auch das ist Remigration. Wenn Sie mit Martin Sellner sprechen wollen, dann laden Sie Martin Sellner ein. Ich bin ein Freund der präventiven Asylpolitik in Österreich. Wenn wir keine Asylanträge mehr annehmen, dann brauchen wir auch niemanden abzuschieben. Hätte man uns früher zugehört, anstatt uns zu verteufeln, dann bräuchte man über viele Probleme heute nicht mehr zu sprechen." Kickl erinnert eingangs an "einen gewissen Jörg Haider", der 1993 das Volksbegehren "Österreich zuerst" initiierte. Seither werde die FPÖ für ihren Kurs kritisiert.
Wahljahr: "Wenn wir die Partei zur stärksten Partei machen, dann wird dieses Jahr ein Jahr der Wende und es wird keine gestiegenen Politikergehälter und keine Haushaltsabgabe des ORF mehr geben."
Verlust von Staatsbürgerschaft: "Wenn jemand die Staatsbürgerschaft erwirbt, dann muss damit mehr verbunden sein als der Aufenthalt in unserem Land und das Kassieren von Sozialleistungen. Die Frage ist, ob die Gesellschaft es auf Dauer aushält, wenn Menschen sich auf Dauer nicht an Gesetze und Kultur halten."
Er sieht das "Heimatrecht der Österreicher" gefährdet. Ob er damit die Menschenrechtskonvention verändern will, das will er auf mehrfache Nachfrage nicht sagen.
FPÖ-Finanzaffäre in der Steiermark und dessen Chef Mario Kunasek: "Mario Kunasek ist der allerbeste Spitzenkandidat. Die FPÖ liegt in der Steiermark Kopf an Kopf mit den anderen Parteien." Bei den Vorwürfen gegen ihn, Kunasek, handle es um einen "anonymen Käsezettel", die Vorwürfe gingen ins Leere.
Ibiza und die Folgen: "Der Mann (Wolfgang Sobotka, Anmerkung) sitzt in dem zweithöchsten Amt Österreichs, in dem man Fingerspitzengefühl walten lassen muss. Es soll ein anderer Vertreter der Volkspartei das Amt übernehmen."
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