Aktuell werden 76.000 Kinder unter drei Jahren in Kindergärten betreut. Das Ziel der Bundesregierung sind 50.000 weitere Plätze bis 2030. Das Wirtschaftsforschungsinstitut Eco Austria hat dafür die nötige Summe von 4,5 Milliarden Euro bis 2030 errechnet. „Wir wollen in den nächsten sieben Jahren so viele Plätze schaffen, wie wir in den letzten 15 Jahren geschafft haben“, so Raab über das Vorhaben. Bei den Drei- bis Sechsjährigen befinden sich auch aktuell schon über 95 Prozent in Betreuung. In Zukunft soll der Fokus auf dem konkreten Bedarf liegen. Jede Familie soll aktiv gefragt werden, ab wann sie einen Betreuungsplatz für ihr Kind braucht, damit das Konzept so nah wie möglich an den Bedürfnissen der Menschen ist. Dies soll Familien eine „echte Wahlmöglichkeit geben, wie sie ihren Familienalltag organisieren möchten“. Aber nicht nur das Platzangebot soll ausgebaut werden. Raab möchte gleichzeitig die Rahmenbedingungen in den Bundesländern , wie zum Beispiel Gruppengrößen oder Öffnungszeiten, vereinheitlichen.
Wie steht es um die Öffnungszeiten der Kindergärten?
Von den Kindern zwischen drei und sechs Jahren, die sich in Betreuung befinden, werden nur knapp 50 Prozent in einer VIF-konformen Einrichtung betreut. VIF-konform bedeutet, dass die Öffnungszeiten des Kindergartens mit einer Vollzeitbeschäftigung der Elternteile vereinbar ist. Bis 2030 sollen mindestens 75 Prozent der Kinder VIF-konforme Kindergärten besuchen. Konkret möchte Raab, dass die Betreuungseinrichtungen 47 Wochen im Jahr und an fünf Tagen pro Woche für jeweils mindestens 9,5 Stunden geöffnet sind. Außerdem sollen alle betreuten Kinder mit einem Mittagessen versorgt werden.
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Wie viele zusätzliche Elementarpädagogen werden benötigt?
Die größte Herausforderung beim Ausbau der Kinderbetreuung ist die Personalfrage. Familienministerin Raab verweist hier auf Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP). Dieser müsse die genauen Zahlen evaluieren. Aus dem Bildungsministerium heißt es auf KURIER-Anfrage, man wolle bevorstehende Gespräche abwarten. Laut Hilfswerk dürfte sich die Personallücke im elementarpädagogischen Bereich bis 2030 auf 13.700 Personen vergrößern.
Ist ein bundesweiter Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung vorgesehen?
Vorerst nicht. Während in Deutschland bereits seit 2013 ein Rechtsanspruch auf Betreuung von Kindern ab dem ersten Lebensjahr besteht, ist die in Österreich aktuell nicht vorgesehen. Laut Nehammer scheitere dieser an der Infrastruktur und dem nötigen Personal. „Ein Rechtsanspruch ohne Möglichkeit bringt weder den Kindern noch den Müttern etwas“, sagt Nehammer. Auch Raab hält es für richtig, zuerst Betreuungsplätze auszubauen, verspricht bei der Pressekonferenz aber: „Alle Familien sollen mit Ende 2030 garantiert einen Betreuungsplatz für ihr Kind haben.“
Wie reagieren die Grünen?
Der Ausbau der Kinderbetreuung ist eine langjährige Forderung der Grünen. Dementsprechend zeigt sich Generalsekretärin Olga Voglauer erfreut über die Ankündigung von Nehammer – ohne ins Detail zu gehen. Die Verhandlungen mit Grünen, Ländern und Gemeinden stehen nämlich erst an. Man habe bei den Finanzausgleichsverhandlungen monatelang mehr Geld für Kinderbetreuung gefordert, man stehe für weitere Verhandlungen mit Bund und Ländern bereit, heißt es vom Gemeindebund. Die Industriellenvereinigung lobt Nehammer und fordert einen Ausbau der Betreuungsplätze sowie längere Öffnungszeiten. Skeptisch ist Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl (SPÖ): Die Summe sei zu niedrig und Nehammer müsse sie erst mit den Bundesländern ausverhandeln. „Kinderbetreuung ist kein Thema für Marketingschmähs“, befindet auch GPA-Vorsitzende Barbara Teiber. Schon 2022 sei eine „Kindergartenmilliarde“ versprochen worden, die tatsächlich nur 57,5 Millionen Euro mehr pro Jahr bedeutet habe.
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