Nehammers Plan: Vom Gendern bis zu einem neuen Nationalstadion
Stückweise waren in den vergangenen Tagen immer wieder Teile jenes Österreichplans den Medien zugespielt worden, den Kanzler Karl Nehammer heute am Nachmittag in Wels in einer Grundsatzrede präsentiert. Jetzt liegt der gesamte Plan vor. Für Leistung, für Familien und für Sicherheit ist der Unteritel für 27 Kapitel, die etwa auch die Errichtung eines neuen Fußballstadions bzw. "Nationalstadions" enthält.
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An die 1.500 Zuhörer erwartet die ÖVP in der Messehalle in Wels. Als eine Art Wahlkampfauftakt will man die Rede des Kanzlers nicht bezeichnen, eher als eine Art Regierungsprogramm in Richtung 2030. Das ist wohl eine Frage der Interpretation, denn der Plan enthält auch sehr viele Punkte, die sehr gut unter den Begriff Wahlzuckerln fallen könnten.
Wie sieht Österreich 2030 aus?
Die Einleitung zu dem "Österreichplan" ist sehr pathetisch verfasst. Der Parteinamen ÖVP oder Volkspartei kommt nur ganz selten vor, dennoch ist darin deren Wertekatalog verpackt. Und der Anspruch, weiter in der führenden Position im Land tätig zu sein.
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So beginnt die Einleitung mit der Frage: "Wie sieht unser Österreich im Jahr 2030 aus?" Die Antwort im ersten Satz der Einleitung: "Die Antwort auf diese Frage sollten wir gerade in international unsicheren Zeiten niemand anderem überlassen." Und sie endet mit dem Satz: "Und wir glauben an unser Österreich."
Den einzelnen Vorhaben ist dann noch ein Exkurs zum Begriff "Leistung" angefügt. Darin sind Sätze wie "Dafür braucht es einen Regimewechsel in Österreichs Wirtschaftspolitik." Gemeint ist eine Abkehr vom Förderstaat hin zu einer Wirtschaft, die "fest auf eigenen Beinen stehen kann".
Darin findet sich auch ein Seitenhieb in Richtung des grünen Koalitionspartners. "Daher stehen wir für einen Klimaschutz mit Hausverstand" ist in dem Text fett hervorgehoben. Interessanterweise liest man auch: "Es ist Zeit für eine Rückkehr zur sozialen Marktwirtschaft - so wie Konrad Adenauer und Ludwig Erhard sie erfunden haben."
Also einen Verweis auf deutsche Politiker, wo doch der ehemalige ÖVP-Obmann Josef Riegler die "ökosoziale Marktwirtschaft" geprägt hatte.
Zwischen Leistung und Medienvielfalt
Das Programm beginnt dann mit einem Kapitel über "Land der Leistung & Arbeit". Darin finden sich Punkte wie die Senkung des Eingangssteuersatzes von 20 auf 15 Prozent oder der Entfall des Steuersatzes von 48 Prozent. Weiters will man Überstunden steuerfrei machen und die Bildungskarenz neu regeln.
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Eingebaut ist in dieses Kapitel auch ein Stopp für die Zuwanderung ins Sozialsystem. Das will man damit erreichen, dass volle Sozialleistungen erst nach fünf Jahren des legalen Aufenthalts im Land möglich sind, oder dass es für Asylwerber Sach- statt Geldleistungen geben soll.
So ziemlich jeder Bereich hat in dem Plan ein Kapitel enthalten. Von der Wirtschaft über die Bauern, den Tourismus, die Gesundheit bis hin zum Sport und dem Ehrenamt. Da findet sich etwa auch der Bau eines neuen Nationalstadions. Ein Plan, mit dem vor wenigen Jahren Heinz-Christian Strache - damals als Vizekanzler - gescheitert ist.
Noch ein paar Schmankerln aus dem Hunderte Punkte umfassenden Plan:
- eine Großelternkarenz für leibliche Großeltern
- der Ausbau des Leistungsprinzips an den Unis, um ein Land der Nobelpreisträger zu sein
- ein Nein zu jeglicher Aufweichung der Vergabe der österreichischen Staatsbürgerschaft
- nach dem Vorbild Bayern den "Gender-Missbrauch" abschaffen
- die Schaffung einer Akademie der Kultur am Vorbild der französischen Academie des Beaux-Arts.
Das letzte Kapitel widmet sich den Medien und beginnt mit einem Bekenntnis zur Förderung und zum Ausbau des Medienstandorts Österreich. Verbunden mit dem Kampf gegen "Fake News und Desinformation". Dafür soll es dann eine eigene Förderschiene geben.
Klimaschutz und Lücken im Rechtsstaat
Spannend sind jene zwei Kapitel, die sich mit Klimaschutz und dem Rechtsstaat beschäftigen. Also jene Themen, die in der türkis-grünen Koalition immer wieder für heftige Diskussionen gesorgt haben.
Direkt im Kapitel "Klimaschutz" findet sich kaum etwas, das den Grünen nicht behagen würde. Da ist von der Schaffung von energieautarken Haushalten, von einem Klimaticket für Unternehmen (Dienstfahrten) oder der Schaffung eines Nachhaltigkeitszertifikats die Rede.
Die umstrittenen Punkte finden sich unter dem Titel "Land der Mobilität". Da ist von einer Technologieoffenheit beim "Grünen Verbrenner" zu lesen. Also keine Abkehr von Verbrennermotoren hin zu bloßer Elektromobilität. Wobei der Begriff E-Fuels als Kraftstoff für diese Motoren nicht vorkommt. Oder von einer Infrastrukturoffensive in den Straßenbau, wofür an die 20 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden sollen.
Unter dem Kapitel "Land des Rechtsstaats" wird von einer Prüfung einer grundlegenden Staats- und Verfassungsreform gesprochen. Und dass Lücken im Rechtsstaat geschlossen werden müssen.
Dazu zählt die ÖVP: Klarnamenpflicht im Internet, Rückerstattung der Kosten bei Freispruch im Strafverfahren, Verkürzung der Verfahrensdauer, Persönlichkeitsschutz für Beschuldigte und die Neuregelung der strafrechtlichen Ermittlungsverfahren.
Grundsatz- oder Wahlrede?
Dass sich im Vorfeld der Rede von Kanzler Karl Nehammer die Gerüchte über vorgezogene Neuwahlen wieder verdichtet haben, ist klar. Allein schon die Diskussion, ob es eine Wahlrede oder eine Grundsatzrede ist, heizt diese Debatte an. Offensiv hat sich bis jetzt aus der ÖVP niemand öffentlich zu Neuwahlen geäußert.
In Wels hatte ja auch Ex-Kanzler Christian Kern (SPÖ) seinen Plan A präsentiert. Im Vorfeld von Nehammers Rede hat Kern nun ein YouTube-Video von seiner Rede gepostet.
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