Neue Justizministerin Zadic: Was ist dran an der "üblen Nachrede"?
Zu ihrem Start als erste grüne Justizministerin muss sich Alma Zadic (35) gegen heftige Vorwürfe zur Wehr setzen. Bei genauerer Betrachtung bleibt zwar von den Anschuldigungen nichts übrig, doch speziell in den sozialen Medien geht es rund, und das Motto ihrer politischen Gegner scheint zu lauten: es wird schon etwas "Negatives" hängen bleiben.
Zur Erinnerung: Die FPÖ und ihre Anhänger in den sozialen Medien haben bei ihren regelrechten Hasspostings gegen Zadic Folgendes behauptet: Die gebürtige Bosnierin sei wegen übler Nachrede zu einer Geldstrafe von 700 Euro strafrechtlich verurteilt worden.
Richtig ist vielmehr: Das Verfahren im Jahr 2019 war kein strafrechtliches, sondern ein medienrechtliches nach Paragraph 6 Medienrecht.
Die Hetzkampagne gegen Alma Zadić und das Problem mit Fake News
Zadic wurde daher auch im November zu keiner Geldstrafe, sondern zu einer Entschädigungszahlung verurteilt, wie es korrekterweise heißen muss. Richtig ist, Zadic ist "verurteilt", aber das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, weil Zadic in Berufung gegangen ist und dieses Verfahren in der zweiten Instanz eben noch nicht entschieden ist.
Auslöser war ein Foto eines Burschenschafters, das Zadic auf Twitter teilte. Sie kommentierte das Bild mit "keine Toleranz für Neonazis, Faschisten und Rassisten". Der Burschenschafter hat Zadic daraufhin geklagt. Abgewiesen wurden bereits in erster Instanz die Anträge, den Identitätsschutz und die Unschuldsvermutung des Antragstellers verletzt zu haben, da der Burschenschafter nach dem Vorfall selbst an die Öffentlichkeit ging. Er habe bei einer Donnertsagsdemo gegen Türkis-Blau von einem Fenster aus Freunde entdeckt und ihnen gewunken, sagte der junge Mann zu dem Foto. Die andere Interpretation hatte gelautet, er habe den Hitlergruß gemacht.
Auch ÖVP-Chef Sebastian Kurz äußerte sich zur neuen Justizministerin. Zunächst hatte er fälschlicherweise selbst von einer "strafrechtlichen" Verurteilung gesprochen. Dann twitterte Kurz eine Entschuldigung: "Ja es stimmt, dass @Alma_Zadic einmal erstinstanzlich MEDIENRECHTLICH zu einer Entschädigungszahlung verurteilt wurde. Jedem kann einmal ein Fehler passieren. Ich kenne & schätze sie und halte sie für geeignet. Daher schlage ich sie dem Bundespräsidenten als Justizministerin vor."
Die FPÖ, der frühere Koalitionspartner der ÖVP, hatte schon in der Vorwoche Bundespräsident Alexander Van der Bellen dazu aufgerufen, Zadic nicht anzugeloben.
In die Auseinandersetzung um Zadic spielt auch ihre bosnische Herkunft mit hinein. Nicht wenige Hassposter stören sich nicht nur an ihrem Namen sondern auch an ihrem vermeintlich muslimischen Glauben. Doch die Grünen haben längst klar gestellt: Zadic ist gar nicht Muslimin, sondern ohne religiöses Bekenntnis. Nach Österreich kam sie während des Jugoslawien-Krieges als Kind.
Fälle von übler Nachrede kommen im politischen Alltag immer wieder vor. Natürlich waren davor auch FPÖ-Politiker nicht gefeit.
Im Jahr 2018 verlor der damalige FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache gegen ORF-Starmoderator Armin Wolf. Strache hatte Wolf in die Nähe von Fake News, Lügen und Propaganda gerückt und musste diese Aussagen später wieder zurücknehmen. Strache entschuldigte sich und zahlte eine Entschädigung von 10.000 Euro, die an das Dokumentationsarchiv für den Österreichischen Widerstand ging. Die Causa hatte auch in Deutschland für einiges Aufsehen gesorgt.
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