Gernot Blümel: Ein Philosoph für die Finanzen

Gernot Blümel und Alexander Van der Bellen
Die Spindelegger-Entdeckung balancierte immer hinter Kurz.

Gernot Blümel übernimmt mit dem Finanzressort das wohl wichtigste Ministerium der Bundesregierung. Als Finanzexperte aufgefallen wäre Blümel bisher nicht unbedingt. Das ist aber auch nicht der Grund für seine Wahl. Ausschlaggebend dafür sind viel eher seine Loyalität und seine politischen Managementfähigkeiten, die er zuletzt als Regierungskoordinator von Türkis-Blau, früher als Generalsekretär in der ÖVP üben konnte.

Politischer Mentor Blümels ist wie bei Kanzler Sebastian Kurz der frühere ÖVP-Obmann und Vizekanzler Michael Spindelegger. Der machte den bis dahin völlig unbekannten Kabinettsmitarbeiter 2013 zum Generalsekretär, der auch gleich mit einer - damals letztlich unspektakulären - Parteireform betraut wurde. Freilich, allzu viel Zeit hatte Blümel auch nicht, wanderte er doch nach seiner Kür zum Wiener ÖVP-Obmann wieder aus der Zentrale ab.

Großen Kummer bereitete das dem selbst bewussten Philosophen, der sein Studium in Wien und Dijon absolvierte, nicht. Blümel wusste, dass seine bundespolitische Zeit wieder kommen wird. Früh bildete er, der wie Kurz aus der JVP stammt, im Gegensatz zu diesem aber Cartell-Bruder ist, eine Achse mit dem kommenden Mann der Volkspartei, was sich auszahlen sollte.

Die vielen Agenden des Gernot Blümel

Seit Kurz das Ruder übernahm, gehört Blümel zum engsten Kreis, was sich unter anderem mit seiner Kür zum Kanzleramts- und Europaminister sowie zum Regierungskoordinator manifestierte. Fast schon nebenbei betreute Blümel die Kultur, hinterließ dort aber keine größeren Eindrücke. In Erinnerung bleiben noch am ehesten die Turbulenzen im Bundesdenkmalamt und die Wiederbestellung von Klaus Albrecht Schröder in der Albertina. Als Medienminister hätte Blümel wohl noch größeres vorgehabt - Stichwort ORF, wäre nicht Ibiza dazwischen gekommen.

In seinen öffentlichen Auftritten ist Blümel, der mit einer TV-Moderatorin liiert ist, Kurz nicht unähnlich, sehr smart und wortgewandt. Was sie unterscheidet, ist, dass der neue Finanzminister schon auch das ein oder anderem Mal ein wenig überheblich werden kann, speziell im Nationalrat. Dass er dort einmal nur in Socken herum marschierte, brachte ihm auch einiges an Kritik ein, mehr Spott dafür ein zuletzt publiziertes Instagram-Foto, auf dem er auf einem Balance-Board Ovid lesend zu sehen ist. Im persönlichen Umgang ist Blümel hingegen ein freundlicher und angenehmer Gesprächspartner.

Letzteres könnte ihm bei seiner ersten echten Bewährungsprobe an vorderster Front helfen, der Wien-Wahl, in die Blümel als Spitzenkandidat gehen will. Seit 2015 steht er der chronisch erfolglosen Stadtorganisation vor und hat zumindest einen leichten Modernisierungsschub in die oft träge Landespartei gebracht. Dass er bei einer Regierungsbeteiligung der Volkspartei in die Bundeshauptstadt wechselt, hat Blümel angekündigt. Ob er es wirklich tut, wird sich weisen, es sei denn, es ginge sich auf verschlungen Wegen der Ritt ins Bürgermeister-Büro aus.

Zur Person: Gernot Blümel, geboren am 24. Oktober 1981 in Wien, aufgewachsen in Moosbrunn, liiert. Studium der Philosophie sowie an der Executive Academy der WU. 2008-2010 Vizepräsident der Jungen Europäischen Volkspartei. Ab Dezember 2013 Generalsekretär der ÖVP, seit Oktober 2015 Obmann der Wiener Volkspartei. Von Dezember 2017 bis Juni 2019 Kanzleramtsminister mit den Agenden Kunst, Kultur, Medien und EU.

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