Lockerungen von Schule bis Handel geplant - aber fix ist nichts
Seit die britische Mutation des Coronavirus (mutmaßlich) auch in Österreich angekommen ist, herrscht nochmals erhöhte Spannung in Regierungskreisen. Alle bisherigen Pläne stehen zur Disposition. Die Frage, wie es nachdem bisher als Lockdown-Ende avisierten 24. Jänner weitergeht, hält alle in Atem.
Näheres wird man wohl erst zum Wochenende hin wissen. Die Beschränkungen werden heute einmal vom Hauptausschuss des Nationalrats für weitere zehn Tage verlängert.
An den Schulen hätte der Fernunterricht am kommenden Montag, dem 18. Jänner enden und der Regelbetrieb wieder aufgenommen werden sollen. Doch die Öffnung wird nun um eine Woche verschoben.
Schulöffnung ab 25. 1.
Ab dem 25. Jänner wird es wieder Präsenzunterricht geben, aber „in Schichten“. Nur jeweils die Hälfte der Schüler einer Klasse soll kommen dürfen. Wie genau, steht noch nicht fest. Das will Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) noch mit den Ländern besprechen. Die Ausdünnung, die Maskenpflicht im Gebäude und dazu die fünf Millionen Covid-Schnelltests, die die Schüler selbst machen können, sollen einen dreifachen Schutzschirm bilden und für mehr Sicherheit sorgen. Laut Faßmann sollen auch die Oberstufenschüler wieder in die Schule dürfen.
Faßmann schränkte allerdings ein: Diese Öffnung können nur geschehen, wenn kein neuer, bundesweiter Lockdown verhängt wird. Das ist von den Infektionszahlen abhängig.
Wie es mit Handel (abseits von Lebensmittel und Medikamenten), Restaurants und Hotels ab dem 25. weitergehen soll, will die Regierung am Freitag oder am Samstag bekannt geben. Auch hier wird über leichte Lockerungen spekuliert, etwa für den Handel oder körpernahe Dienstleister. Aber fix ist im Moment gar nichts.
Als Entscheidungsgrundlage dient der Regierung die aktuelle Infektionslage in Österreich, aber auch die Gefahr durch die neue, ansteckendere Mutation aus Großbritannien. Es gibt bereits 70 Personen in Österreich, die mutmaßlich mit dem mutierten Virus infiziert sind. Eine Bestätigung durch die Akademie der Wissenschaft steht noch aus.
Zur aktuellen Infektionslage sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Mittwoch im Nationalrat, dass Österreich auf einem guten Weg sei. Vom Höhepunkt im November mit rund 9.000 Ansteckungen pro Tag sei man auf knapp 2.000 herunter gekommen. Aber, räumte er ein, man sei „noch lange nicht dort, wo man hin will“.
Der KURIER befragte dazu Österreichs führende Mathematiker, die sich allerdings mit konkreten Prognosen derzeit schwertun. Warum? „Wir wissen im Moment noch nicht, wie viele Menschen in Österreich mit dieser mutierten Virusform infiziert sind“, sagt Peter Klimek, Statistiker und Komplexitätsforscher des Complexity Science Hub.
Schwierige Prognose
Das Gros der Wissenschafter geht derzeit davon aus, dass die britische Variante um etwa 56 Prozent ansteckender ist, als die bisher bekannte Form des Virus.
In Österreich sollen laut Schätzungen aber bisher nur Dutzende, nicht Hunderte Menschen mit der mutierten Variante infiziert sein. Für Klimek bedeutet das, dass pro Woche mit einer Verdoppelung der mit der britischen Mutation infizierten Personen zu rechnen ist. „Das heißt, dass es auf unsere kurzfristigen Prognosen noch keinen Einfluss haben wird“, erklärt er, eine deutliche Verschlimmerung der Zahlen würde sich erst Ende Jänner abzeichnen. „Außer wir liegen massiv daneben und es sind bereits weit mehr Menschen mit der Mutante infiziert.“
Auch Simulationsforscher Niki Popper bestätigt: „Wenn man im Modell alle anderen Parameter gleich lässt, würde es durch die britische Mutation zu einer sehr viel schnelleren Ausbreitung des Virus kommen.“
Wie viele Fälle bis zu welchem Datum es geben werde, könne man aufgrund der unbekannten Infektionszahlen mit der neuen Virusvariante in Österreich eben noch nicht angeben. „Um diese Situation zu verbessern, ist es wichtig, mittels spezieller PCR-Tests und Sequenzierung zu schauen, wie die regionale Verbreitung dieses Virus in Österreich je nach Bundesland und Region aussieht“, sagt der Simulationsforscher. Generell werde sich die aktuelle Mutation gegenüber den bisherigen Varianten durchsetzen.
Was also tun? Hier gibt es laut Popper verschiedene Varianten, wobei aber viele Einflussfaktoren – von Impfungen über Akzeptanz der Maßnahmen bis hin zu weiteren Mutationen – zu berücksichtigen seien. Natürlich sei eine mögliche Variante, die Ausgangsbeschränkungen zu verlängern. Generell hält Popper aber kontinuierliches Testen und Isolieren für den besten Weg.
„Reintesten“ ist fix
Die Koalition hat sich mit der SPÖ auf ein Gesetz zum „Reintesten“ bei Veranstaltungen geeinigt. Am Dienstag hatte die SPÖ im Gesundheitsausschuss noch nicht mitgestimmt, weil ihr einige Punkte fehlten. ÖVP und Grüne dürften der Oppositionspartei nun entgegengekommen sein – das Gesetz wurde noch gestern fertiggestellt und soll heute im Nationalrat beschlossen werden.
Das Nationale Impfgremium hat unterdessen seinen Impfplan aktualisiert: Demnach sollen jetzt, in Phase 1, neben Menschen in Alters- und Pflegeheimen sowie dem Gesundheitspersonal auf Covid-Stationen sukzessive auch über 80-jährige Personen, die zuhause leben, sowie Menschen, die an schweren Vorerkrankungen – wie Krebs aber auch Bluthochdruck leiden – geimpft werden.
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