Knietief im Wasser: Wie Katastrophen Wahlen entscheiden können
Ist es glaubwürdig, wenn sich Andreas Babler in seiner Funktion als Traiskirchner Bürgermeister vor Ort als Hochwasser-Krisenmanager filmen lässt? Zeigt hingegen Bundeskanzler Karl Nehammer angesichts der Flutkatastrophe zu wenig Bürgernähe? Und ist es in Ordnung, wenn sich Herbert Kickl während eines Waldspaziergangs per Video bei den Einsatzkräften bedankt?
Mehr als das Hochwasser an sich werden von der dauererregten Polit-Bubble in den Sozialen Medien Fragen wie diese debattiert. Wobei das Auftreten des jeweiligen politischen Gegners gern generell als völlig untragbar beschrieben wird – egal wie wenig es sich mitunter vom eigenen Spitzenkandidat unterscheidet.
Josef Kalina, PR-Manager und ehemalige Sprecher von SPÖ-Bundeskanzler Viktor Klima teilt die Aufregung nicht. Bis dato habe sich seiner Einschätzung nach keiner der Spitzenpolitiker rund um die Hochwasser-Katastrophe einen nennenswerten Fehltritt erlaubt. Wohl auch deshalb, weil eben mittlerweile via Sozialer Medien jede Geste, jede Aussage mit Argusaugen beobachtet und bewertet wird.
Richtige Lehren ziehen
„Wichtig ist, dass die Menschen spüren, dass die Verantwortlichen die Sache im Griff haben“, sagt Kalina. Und, dass nach solchen Katastrophen auch rasch die richtigen Lehren gezogen werden. So seien umgehend nach dem schweren Lawinenunglück in Galtür leistungsfähige Black-Hawk-Hubschrauber für das Bundesheer angeschafft worden.
Von einer schwierigen Gratwanderung zwischen notwendiger Anteilnahme und Über-Inszenierung spricht der Politik-Berater Thomas Hofer zum KURIER. „Es darf auf keinen Fall der Eindruck entstehen, dass der Politiker mit seinen Auftritten im Krisengebiet politisches Kleingeld wechseln will.“
Genau das sei dem damaligen Kanzler Klima passiert, als er sich 1997 zu einem eher kleinen Hochwasser in Niederösterreich fliegen ließ, um sich in Gummistiefeln ablichten zu lassen. Umgekehrt dürfte dem damaligen SPD-Kanzler Gerhard Schröder sein beherztes Agieren beim Hochwasser 2002 doch noch zum Sieg über CSU-Herausforderer Edmund Stoiber verholfen haben. CDU-Chef Armin Laschet erntete wiederum 2021 massive Empörung, als er während eines Besuchs in einem Hochwasser-Gebiet lachend fotografiert wurde.
Womit sich die Frage aufdrängt, welche Auswirkungen die Flutkatastrophe auf die in zwei Wochen anstehende heimische Nationalratswahl hat. Rückte mit ihr doch über Nacht das trotz Rekordhitze bisher eher vernachlässigte Thema Klimaschutz wieder in den Vordergrund. Gleichzeitig muss der Wahlkampf selbst über mehrere Tage pausieren. Alle nennenswerten Termine und TV-Duelle wurden abgesagt.
Profitieren die Grünen?
„Ich glaube nicht, dass sich wegen des Hochwassers noch mehrere Prozentpunkte in die eine oder andere Richtung bewegen“, sagt Hofer zum KURIER. Am ehesten noch könnte die aktuelle Lage dazu führen, dass die laut Umfrage prognostizierten schweren Verluste der Grünen etwas geringer ausfallen. Weil der eine oder andere zwischen Grün und SPÖ bzw. Neos schwankende Wähler sich nun doch der Öko-Partei, die wie keine andere für Klimaschutz steht, zuwendet.
Am anderen Ende des Spektrums steht die FPÖ, die offen ihre Zweifel am menschengemachten Klimawandel kundtut. „Es werden jetzt aber sicher nicht 10.000 FPÖ-Wähler zu den Grünen wechseln. Vielmehr wird in diesem Lager argumentiert: Hochwasser habe es immer schon gegeben, die Menschen können solche Ereignisse nicht beeinflussen.“
Weiter ausbauen werde die FPÖ ihr Potenzial jedenfalls derzeit nicht mehr können. Aufgrund der hochwasserbedingten Wahlkampf-Pause könne sie Themen wie Migration und Sozialmissbrauch aktuell nicht trommeln.
Gewisse Vorteile ortet Hofer für Nehammer, der als Verantwortungsträger naturgemäß aktuell mehr mediale Präsenz habe als seine Kontrahenten in der Opposition. „Dass er sich lieber im Krisenstab als mit Gummistiefeln fotografieren lässt, ist in seiner Funktion als Kanzler stimmig“, sagt Hofer. Letzteres passe tatsächlich besser zu Babler, der in seiner kleinen Landgemeinde der Krisenmanager ist. Und so gleichzeitig versucht, sein Oppositionsmanko auszugleichen.
Wobei Kanzler Nehammer dann am Montagabend auch noch direkt in betroffenen Gebieten, konkret etwa in Hadersdorf, mit Einsatzkräften und Opfern der Flut zusammentraf.
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