Gute Quoten, wenig Neues: Das waren die Sommergespräche
Die Überraschung kam zum Schluss: Im letzten ORF-Sommergespräch des Wahljahres verkündete Kanzler und SPÖ-Chef Christian Kern, dass er im Falle einer Wahlniederlage in Opposition gehen wird. Mit anderen Worten: Sollte der in Umfragen weit vorne liegende ÖVP-Chef Sebastian Kurz tatsächlich das Rennen machen, ist eine Koalition zwischen SPÖ und FPÖ damit vom Tisch.
Verfolgt haben das Gespräch mit dem Kanzler durchschnittlich 916.000 Zuseher - womit Kern im Quotenranking auf Platz zwei liegt. Noch mehr Leute sahen sich das Streitgespräch zwischen ÖVP-Chef Sebastian Kurz und ORF-Moderator Tarek Leitner an: 1,034 Millionen Zuschauer bedeuten einen Allzeit-Rekord bei ORF-Sommergesprächen. Hinter Kurz und Kern rangiert FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache mit 798.000. Das Gespräch mit Neos-Chef Matthias Strolz verfolgten 552.000 Zuschauer, jenes mit Grünen-Chefin Ingrid Felipe sahen 511.000.
Trotz der insgesamt guten Quoten war der inhaltliche Neuigkeitswert am Ende dann doch relativ überschaubar: Kerns Oppositionsansage zählte zu den wenigen Neuigkeiten der heurigen Sommergespräche. Ein Überblick, was inhaltlich von den heurigen Interviews bleibt.
Das Vorspiel zum Finale der Sommergespräche war nicht weniger als eine Schlammschlacht. ÖVP-Listenfünfter Efgani Dönmez warf Kern und Leitner vor, mehrmals gemeinsam auf Urlaub gewesen zu sein und sprach dem ORF-Mann damit die Objektivität ab. Kern und Leitner bezeichneten die Dönmez-Behauptung, wonach sie auch zu Kerns Kanzlerzeiten auf Urlaub gewesen seien, als Lüge. Beleg lieferte Dönmez bisher keinen. Im Sommergespräch selbst thematisierte Kern die Causa ungefragt, kritisierte dabei die ÖVP und erklärte Leitner für unbefangen. Das allerdings war, wie eingangs erwähnt, nicht die zentrale Aussage des Sommergesprächs mit dem Kanzler - wirklich Aufsehen erregte Kern mit seiner Aussage, vom zweiten Platz aus keinen Kanzleranspruch stellen und stattdessen den Gang in die Opposition antreten zu wollen.
Das Interview mit ÖVP-Chef Sebastian Kurz war das mit Abstand härteste Gespräch der Reihe, verdiente wohl als einziges die Bezeichnung "Streitgespräch". Kurz umriss im Gespräch sein noch nicht präsentiertes Wahlprogramm, ORF-Moderator Tarek Leitner waren die Ausführungen des Volkspartei-Chefs allerdings zu unkonkret. "Des hätt i a schon gwusst", kommentierte ein entnervter Leitner eine Aussage von Kurz. Neben konkreten Wahlinhalten ließ Kurz auch mögliche Koalitionsvarianten offen. Hängen blieb eine Anschuldigung von Kurz, dass die SPÖ eine Spende über 100.000 Euro vom Bau-Tycoon Hans Peter Haselsteiner erhalten habe - was allerdings nicht stimmt. Die SPÖ reagierte empört und klagte den ÖVP-Chef unlängst sogar wegen dessen Aussage. Alles weitere hat das Wiener Handelsgericht zu klären.
Der FPÖ-Chef gab sich ungewohnt zahm, wollte offenbar staatsmännisch erscheinen. Einen Anspruch auf Platz eins stellte der von Kurz schwer unter Druck gesetzte FPÖ-Chef nicht, viel Neues brachte das Gespräch abgesehen vom erstmals betonten FPÖ-Slogan "Fairness" nicht. Vor allem waren es blaue Klassiker, die der FPÖ-Chef vortrug: EIn Ende der Kammer-Pflichtmitgliedschaften, Rot-Schwarz verhindern, Verwaltungseinsparungen und Kritik an der Asylpolitik der Regierung.
Angesichts der Parteikrise und miserabler Umfragewerte der Ökopartei lag es an Parteichefin Ingrid Felipe, die Grünen im Sommergespräch wieder in die Offensive zu bringen. Allein, wirklich gelungen ist ihr das nicht. Sie machte keinen Hehl aus den "schweren Zeiten" für die Grünen ("Wir müssen jetzt von vorne anfangen"), agierte im Gespräch aber nicht wirklich sattelfest. Inhaltliche Duftmarken setzte sie kaum, am ehesten noch mit einer Kritik an der Schließung der Balkan-Fluchtroute im Jahr 2015. Mit Felipe saß übrigens die Parteichefin bei Tarek Leitner, nicht Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek.
Auch im Gespräch mit dem Neos-Chef gab es wenig inhaltlichen Neuigkeitswert zu verzeichnen. Am ehesten hängen geblieben aus der teils weit ins Private gehenden Unterhaltung war eine von Strolz geforderte Amtszeitbeschränkung für Politiker. Der Plan der Neos: Regierungspolitiker sollen nach zehn Jahren gehen müssen, Abgeordnete nach 15 Jahren.
(Klaus Knittelfelder)
Die Sommergespräche im Überblick
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