Grünen-Chefin: "Müssen jetzt von vorne anfangen"

Ingrid Felipe, Bundessprecherin der Grünen
Bei ihrer etwas holprigen Sommergespräch-Premiere machte Grünen-Chefin Ingrid Felipe keinen Hehl aus der Parteikrise und kritisierte Österreichs Asylpolitik.

Die vergangenen Monate hätte für die Grünen katastrophaler kaum laufen können: Dem Rücktritt der langjährigen Parteichefin Eva Glawischnig folgte jäh die Posse um Peter Pilz, der binnen weniger Wochen vom Gründungsmitglied zum beinharten Konkurrenten für die strauchelnde Ökopartei avancierte. In Umfragen dümpeln die Grünen nun zwischen sechs und acht Prozent herum – zum Vergleich: Bei der letzten Nationalratswahl im Jahr 2013 erzielten die Grünen ein Ergebnis von 12,4 Prozent. Nun, 61 Tage vor der Nationalratswahl und dem drohenden Debakel, wollen die Grünen langsam wieder Tritt fassen.

Im zweiten ORF-Sommergespräch dieses Jahres ist dies Parteichefin Ingrid Felipe allerdings nur bedingt gelungen. Die Tirolerin, die von der grünen Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek ins ORF-Studio vor dem Parlament geleitet wurde, versuchte es in ihrer Sommergespräch-Premiere vor allem mit – manchmal äußerst zaghaft geäußerten – grünen Klassikern: So forderte sie etwa die Einführung einer kilometerabhängigen Autobahnmaut, eine „ökosoziale Steuerreform“ und eine „Mobilitätswende“. Fossile Technologien, so Felipe, seien „rückwärtsgewandt“. Ab dem Jahr 2030 sollten keine Verbrennungsmotoren mehr auf den Straßen unterwegs sein, sagte die Grünen-Chefin.

Fiel die Sprache auf die bereits monatelang währende Krise der Grünen, gab sich Felipe kämpferisch: „Manchmal muss man eben zeigen, dass man krisenfest ist“, sagte sie. Schließlich, so Felipe, „stecken in Krisen auch Chancen“.

Kritik an Regierung

Nun aber müssen die Grünen laut Felipe „von vorne anfangen“. An den basisdemokratischen Abläufen der Partei, die ja beim Parteitag im Juni erst zum Abgang von Peter Pilz geführt haben, will Felipe übrigens nicht rütteln: „Die innerparteiliche Demokratie ist mir sehr wichtig“, sagte sie – wenngleich man durchaus „eine Debatte über die Strukturen der Grünen“ führen könnte, so Felipe. Über Pilz verlor sie im 50-minütigen Gespräch indes kaum ein Wort – außer, dass sie, so er den Einzug in den Nationalrat schafft, freilich auch mit Pilz an einer guten Gesprächsbasis interessiert sei. Auch sprach sich Felipe für geschlechterneutrale Sprache und Frauenquoten in der Politik aus.

In dem Interview, das einen sachpolitisch eher überschaubaren Neuigkeitswert bot, kritisierte Felipe unterdessen einmal mehr die Schließung der Balkan-Fluchtroute. Im historischen Herbst 2015, schildert Felipe, hätte sie – anders als die Regierung damals – keinen Alleingang gewagt, sondern eine „europäische Lösung“ forciert. Scharfe Kritik übte Felipe auch an den „Aufmarschplänen“ von SPÖ und ÖVP an der Brenner-Grenze zu Italien – vielmehr brauche es „legale Fluchtwege nach Europa“, wiederholte sie ein weiteres grünes Mantra der vergangenen Jahre.

Felipe: "Grüne sind in der Krise"

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