Europa, Integration, Migration & Sicherheit
Was für die Grünen Klimaschutz und Armutsbekämpfung waren, war für die ÖVP das Thema Migration. Kaum etwas, das Sebastian Kurz so oft erwähnte, wie den „klaren Kurs“ in der Migrationsfrage, für den seine Partei gewählt worden sei und an dem es dementsprechend festzuhalten gelte.
Von daher war klar, dass hier für die Grünen bei den Regierungsverhandlungen kaum etwas zu holen sein würde – auch wenn gerade dieser „klare Kurs“ seitens der Grünen nachgerade exemplarisch zum Ausweis behaupteter Menschenverachtung und Kälte der ÖVP-FPÖ-Regierung stilisiert worden war.
Tatsächlich kann Kurz in diesem Bereich seinen Wählern gegenübertreten und sagen, er habe Wort gehalten: von Rückführzentren über die Ausweitung des Kopftuchverbots bis zur Ablehnung von „Mechanismen zur Verteilung von Migranten/Asylwerbern“ auf die EU-Länder lässt sich hier Kontinuität zur Regierung Kurz I erkennen.
Bemerkenswert ist, dass gerade für diesen Bereich eine Art koalitionsfreier Raum eingeführt wurde. Sollte im Fall einer neuerlichen großen Flüchtlingskrise nach allen Versuchen einer Einigung über nötige Maßnahmen (einem genau festgelegten Procedere folgend) kein gemeinsames Vorgehen der Koalitionspartner möglich sein, ist ausdrücklich das Suchen außerkoalitionärer Mehrheiten erlaubt.
Die Frage bleibt offen, wer definiert, wann eine solche Krise eintritt – es wird aber wohl der Bundeskanzler sein.
Die noch spannendere Frage ist, ob im Falle eines solchen „Seitensprungs“ eine Fortsetzung der Regierungsarbeit überhaupt denkbar ist. Denn ziemlich sicher ist ja, dass sich im Falle des Falles die ÖVP eine solche Mehrheit mit der FPÖ suchen würde, die sich wohl – allem Ärger über Kurz zum Trotz – dem nicht verschließen würde/könnte: Wie sollte sie das auch argumentieren?
Dass aber danach alles wieder weiter geht wie davor, ist eher schwer vorstellbar. Die Hoffnung beider Regierungspartner dürfte vermutlich sein, dass die hier aufgetane Option nie gezogen werden muss. Aber diese Hoffnung ist nicht die einzige, auf der dieses Regierungsprogramm gründet.
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