Das jährliche "Zuckerl": Bei den Pensionen ist der Rechenstift abgeschafft
Alljährlich rechnen Experten die Kosten für außertourliche Pensionserhöhungen vor – aber die Regierung dürfte auch heuer wieder "Zuckerl" verteilen. Besonders im Fokus sind Niedrigeinkommen.
Die Inflation ist so hoch wie seit zehn Jahren nicht mehr. Es waren vor allem die Monate Mai, Juni und Juli, in denen der Verbraucherpreisindex (VPI) massiv hinaufgeklettert ist. Der sogenannte Mini-Warenkorb, also der Index des wöchentlichen Bedarfs, hat sich um mehr als sechs Prozent verteuert. Dieser Warenkorb spiegelt wieder, um wie viel teurer ein wöchentlicher Großeinkauf geworden ist.
Zu teuer für die Pensionisten? Die Frage nach der Pensionsanpassung steht jedenfalls wieder einmal im Zentrum. Gesetzlich vorgesehen wäre eigentlich ein Anpassungswert von 1,8 Prozent – basierend auf der durchschnittlichen Inflation von August 2020 bis Juli 2021.
Es war aber in den vergangenen Jahren Usus, dass sich der Nationalrat nicht an diesen gesetzlich vorgesehenen Wert hält und kleinere Pensionen kräftiger anhebt als größere. Eine solche "soziale Staffelung" ist auch heuer wieder vorgesehen.
Experten schütteln den Kopf
Das sorgt für Kopfschütteln. Alleine die Sonderanpassungen der vergangenen drei Jahre belasten das aktuelle Budget laut Agenda Austria mit 276 Millionen Euro: Während die Erhöhungen 355 Millionen ausmachen, fließen nur 79 Millionen in Form von Steuern und Abgaben an den Staat zurück (siehe Grafik). "Diese außertourlichen Erhöhungen der Pensionen sind gut gemeint, aber gleichzeitig brandgefährlich. Sie hebeln das Versicherungsprinzip der Pension aus und führen zu beträchtlichen Mehrausgaben", so Ökonom Dénes Kucsera, von der Agenda Austria.
Experten wie PVA-General Winfried Pinggera und Pensionskommissions-Chef Walter Pöltner teilen diese Argumentation: Wer mehr einzahlt, soll laut Versicherungsprinzip auch mehr herausbekommen. Man dürfe Budget und Pensionssystem nicht mit außertourlichen Anpassungen überlasten.
Wie hoch die Pensionsanpassung heuer ausfällt, wird aktuell noch diskutiert. Pensionistenverbands-Präsident Peter Kostelka (SPÖ) sieht keinen Widerspruch zwischen Staffelung und Versicherungsprinzip. Es gelte, Pensionen zu gewährleisten, "von denen man leben kann" – um Altersarmut zu vermeiden. Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec widerspricht zwar in puncto Versicherungsprinzip. Doch sie sieht gleichzeitig eine pandemiebedingte Ausnahmesituation und fordert Pensionsanpassungen für alle.
Kostelkas Modell
Damit sind beide Präsidenten des schwarz-roten Seniorenrats für eine höhere Anpassung niedriger, respektive aller Pensionen – also über 1,8 Prozent. Während Korosec keinen Prozentwert nennen will – das sei Verhandlungssache – schlägt Kostelka folgendes Modell vor: Bis zur Armutsgefährdungsgrenze von 1.328 Euro soll eine doppelte Inflationsabgeltung gewährt werden. Das wären dann 3,6 Prozent.
Für darüber liegende Pensionen soll es eine Abschleifregelung bis auf die gesetzlichen 1,8 Prozent geben. Mit dem Bonus für kleine Pensionen soll vor allem der Altersarmut ein Riegel vorgeschoben werden. Immerhin – sagt Korosec – sei im Regierungsprogramm eine Halbierung bis 2024 vorgesehen. "Da müssen wir jetzt einmal anfangen" – auch im Hinblick darauf, dass es gegenwärtig kaum Zinsen auf Erspartes gibt, wie die türkise Seniorenchefin anmerkt.
Als Nächstes stehen nun Gespräche zwischen den Seniorenvertretern und der Bundesregierung auf dem Plan. Sowohl Bundeskanzleramt als auch Sozialministerium zeigten sich im Vorfeld bereit für eine soziale Staffelung.
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