Bundeskanzler erteilt härteren Maßnahmen ab Mittwoch eine Absage
Nach den Maßnahmen ist vor den Maßnahmen - dieses Gefühl hatte man am Sonntagabend, wenn man den Worten des Gesundheitsministers Wolfgang Mückstein (Grüne) in der ZiB 2 lauscht. Es gibt ein weiteres Maßnahmenpaket, so Mückstein, welches bereits am Tisch liege und über das am Mittwoch entschieden werden solle. Konkret geht es dabei um eine Ausweitung der FFP2-Pflicht auf Innenräume, einer Verschärfung der PCR-Testpflicht, weiteren Veranstaltungsbeschränkungen sowie offenbar auch nächtliche Ausgangssperren für Geimpfte.
Besprochen werden soll das alles am Mittwoch nach Evaluierung der aktuellen Situation. Für Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) sind diese Maßnahmen aber vorerst kein Thema wie er im Ö1-Morgenjournal erklärt: "Wir haben einen drastischen Schritt gesetzt. Experten sagen, es kann sein, dass wir mit diesen Schritten die nötige Kontaktreduktion erreichen die wir brauchen."
Schallenberg bestätigt zwar, dass das Gesundheitsministerium die von Mückstein beschriebenen Maßnahmen auf den Tisch gelegt hat, "ob sich das Ziel aber erreichen, lasse ich einmal dahingestellt", richtet Schallenberg dem Minister über das Radio aus, dass er wenig von der Idee hält.
Wie lange man sich die Wirkung der aktuellen Maßnahmen anschauen wolle, ließ Schallenberg ebenfalls dahingestellt. Man habe immerhin "noch andere Maßnahmen wie Homeoffice, Maskenpflicht" die ebenfalls ihre Wirkung erst entfalten müssten.
Impfboost
Und Schallenberg sieht sich schon durch die Ankündigung des seit Montag Mitternacht gültigen "Lockdowns für Ungeimpfte" bestätigt. Seit der 3-G-Regel am Arbeitsplatz sowie der 2-G-Regel in der Gastronomie habe man "einen signifikanten Anstieg der Impfzahlen" bemerkt. Die Maßnahmen haben dazu geführt, dass "Menschen sich jetzt impfen lassen und darum glaube ich, dass dieser Lockdown für Ungeimpfte sinnvoll sein kann", betont Schallenberg.
Dass durch diese neuen Regeln eine weitere Spaltung der Gesellschaft passiert, weiß auch Schallenberg und beteuert, dass sich "die Bundesregierung diesen Schritt nicht leicht gemacht habe". Aber mit Impfverweigerern hat der Bundeskanzler kein Verständnis mehr: "Es gibt eine Gruppe von Menschen, die sich seit fast einem Jahr relativ immun gegen Impf- und Informationskampagnen seitens der Regierung oder auch der Medien gezeigt haben." Schallenberg findet es "bedauerlich", dass es offenbar eine Mischung aus Anreiz und Druckkulisse brauche, um die Menschen zum Impfen zu bringen.
Schallenberg meint allerdings auch, man könne von den geimpften Personen, die sich um ihre Mitmenschen sorgen nicht verlangen, sich "solidarisch zu zeigen mit denen die zögern, zaudern oder Fake News aufsitzen".
"Ich will nicht, dass die Menschen sich verengen oder verhärten. Aber in einer freien Gesellschaft können wir nur an die Vernunft appellieren. Wir legen beim Autofahren auch einen Gurt an. Schützt er zu 100 Prozent vor einem Unfall? Nein. Aber die Gesundheit ist doch unser höchstes Gut. Und die Impfung ist der Sicherheitsgurt oder der Helm beim Motorrad fahren."
Keine Experimente in Schulen
Auf die Frage, ob man in die Kinder in den Schulen nicht zu Versuchsobjekten mache, da dort immerhin eine große Gruppe ist, die noch nicht geimpft werden kann, entgegnet Schallenberg: "Wir haben in den Schulen ein gutes System mit den drei Tests pro Woche und dem 'Ninja-Pass'. Für mich ist klar, dass die Schulen offen bleiben müssen und ich sehe das nicht als Experiment." Zudem, so der Bundeskanzler, hätte man ein massives Betreuungsproblem für die Eltern, wenn man die Schulen wieder schließen würde
Die Bundesregierung erwartet in den kommenden zwei Wochen eine Freigabe der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) für den Impfstoff für Kinder über fünf Jahren. "Es braucht da dann auch eine klare Impfempfehlung des Nationalen Impfgremiums. Das ist ein sensibles Thema für Eltern, da braucht es eine klare ärztliche Empfehlung."
Auch die SPÖ lehnt den Vorschlag zu gegebenem Zeitpunkt ab, müsse man doch erst einmal schauen, wie die gerade ergriffenen Maßnahmen wirken. "Eine Ausgangssperre ist ein sehr massiver Eingriff in persönliche Freiheitsrechte, in die wirtschaftliche Situation und ins soziale Gefüge", argumentiert der stellvertretende Klubchef Jörg Leichtfried bei einer Pressekonferenz am Montag: "Wenn es andere Möglichkeiten gibt, soll man diese auf jeden Fall nützen."
Leichtfried übte am Montag insgesamt harsche Kritik am Corona-Management von Türkis-Grün. Die Bundesregierung erscheine wie ein Autofahrer, der nicht wisse, wo Gas und Bremse ist und das Lenkrad nicht bedienen kann. Bei der Pandemiebekämpfung befinde sich die Regierung seit langem auf "Schleuderkurs". Beim derzeitigen Lockdown für Ungeimpfte sei fraglich, ob dieser verfassungsrechtlich halte und ob diese Regelung "effizient kontrolliert" werden bzw. überhaupt die gewünschte Wirkung entfalten könne. Daher habe man der Verordnung auch im Hauptausschuss Sonntagabend nicht zugestimmt.
Uneinigkeit bedenklich
Bedenklich findet Leichtfried auch die Uneinigkeit zwischen Schallenberg und Mückstein. Wie solle die Bevölkerung die notwendigen Maßnahmen verstehen, wenn einer dies und der andere das sage, fragte Leichtfried: "Das ist ein Desaster." Leichtfried ortet zwei massive Probleme: Zum einen finde man in Österreich mit der FPÖ eine Partei, die meine, dass Vitamine und Wurmmittel gegen Covid helfen würden. Zum anderen gebe es mit der ÖVP eine andere, die immer wieder die Pandemie für beendet erklärt, obwohl das nicht stimmt.
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