Bilanz zu Massentests: Hat sich der Aufwand gelohnt?
Der Aufwand war enorm, der Zustrom überschaubar: Das vergleichsweise kurzfristig geborene Politprojekt der Massentests war mit großen Anstrengungen verbunden. Haben sie sich gelohnt? Wird es eine Wiederholung geben?
Der KURIER beantwortet die wichtigsten Fragen:
Wie sind die Massentests in Österreich gelaufen?
Was die Teilnahme angeht, sind sie generell unter den Erwartungen geblieben. Insgesamt waren in Österreich etwas mehr als zwei Millionen Menschen testen. Das bedeutet 22,6 Prozent der Gesamtbevölkerung. Das Ziel wurde also klar verfehlt. Denn die Bundesregierung gab mehrfach den Wunsch bzw. das Ziel aus, zumindest 50 Prozent der Bevölkerung testen zu wollen. In Wien wurden selbst die niedrigen Erwartungen unterschritten, man kann von einer Schlappe sprechen. Denn mit nur 14 Prozent ist man Schlusslicht in Österreich. In absoluten Zahlen steht die Bundeshauptstadt zwar auf dem dritten Rang aller Bundesländer – aber eben nur da.
Ernüchterung bei Einsatzkräften nach "Massen"-Tests in Wien
Besser sieht es zum Beispiel im benachbarten Niederösterreich aus. Auch hier ist man weit unter den angepeilten 50 Prozent geblieben – aber immerhin konnten 36 Prozent zum Test bewogen werden.
Wie erfolgreich waren die Massentests?
Das gesundheitspolitische Credo lautete: Jede positiv getestete Person, die symptomlos war und dank der Massentests gefunden werden kann, ist eine Person weniger, die andere Menschen anstecken kann.
4.200 Infizierte ohne Symptome wurden dank der Massentests gefunden. Im Gesundheitsministerium, ja in der gesamten Regierung sieht man das als Erfolg an – immerhin wurden Tausende Infektionsketten und potenzielle Cluster und Superspreader verhindert. Die Ergebnisse zeigen außerdem, dass die Dunkelziffer, also die Zahl jener Personen, die zwar mit Corona infiziert sind, aber keine Symptome haben, niedriger ist als erwartet. Das ist ebenfalls ein wichtiger Punkt.
Unabhängig davon stellt sich freilich die Frage, ob der Aufwand den Nutzen tatsächlich rechtfertigt. Am meisten positive Corona-Tests gab es übrigens in der Steiermark.
Wie geht es nach den Massentests weiter?
„Nach dem Test ist vor dem Test“, lautet das Motto nun – und deshalb wird auch noch vor Weihnachten erneut im großen Stil getestet: Tirol hat angekündigt, dass man ab dem 19. Dezember bis in das neue Jahr für alle Bürger gratis Antigen-Tests anbieten wolle. Auch Oberösterreich folgt diesem Plan. Die Idee fand auch Anklang in den anderen Bundesländern. Salzburg, Steiermark, Vorarlberg, Burgenland und Kärnten überlegen ebenfalls, noch vor Weihnachten eine zweite Runde zu starten.
Immerhin sind von der ersten Runde noch Test-Kits übrig. Und in Wien? In der Bundeshauptstadt werden bereits seit dem Sommer kostenlose Corona-Testungen angeboten. Bisher sollte man freilich nur zu den Teststraßen kommen, wenn man leichte Symptome hat. Diese Empfehlung könnte demnächst fallen. Fest steht, dass von 8. bis 10. Jänner bundesweit eine zweite Testreihe gestartet werden soll. Und: In den Schulen gilt der erste Schultag nach Neujahr als potenzieller Testtag für alle Lehrer und Schüler.
Stimmt es, dass die Regierung überlegt, die Teilnahme an den Massentests mit Gutscheinen attraktiver zu machen?
Das ist korrekt. Sowohl im Gesundheitsministerium als auch im Bundeskanzleramt freundet man sich mit der Idee einer „Incentivierung“ (vom engl. „incentive“, Anreiz) an. ÖVP und Grüne sind zwar grundsätzlich nicht begeistert von der Idee, für eine kostenlose Gesundheitsleistung – und das sind die Corona-Tests ja – zusätzlich noch eine Prämie auszuloben. Durchaus realistisch ist aber, dass man für die Teilnahme an der nächsten Massentestung einen Gutschein bekommt.
Massentests: Anschober zufrieden, will aber mehr Menschen erreichen
Die Idee dahinter: Betriebe, die besonders unter dem Lockdown bzw. dem behördlich verordneten Maßnahmen leiden, müssen vielfach ohnehin staatlich unterstützt werden. Und wie schon in Wien, wo die behördlich geschlossenen Gastronomiebetriebe mit einem Gastro-Gutschein unterstützt wurden, wird eine gesamtösterreichische Gutschein-Lösung überlegt, die zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen würde: Hilfe für die darbende Wirtschaft und einen Anreiz für Bevölkerungsgruppen, die sich durch Appelle an Solidarität und Eigenverantwortung wenig bis gar nicht beeindrucken lassen.
Was verbirgt sich hinter der Idee der „Hotspots“, die nun in der Regierung diskutiert werden?
Künftig sollen Bezirke mit besonders hohen Infektionsraten unter Quarantäne gestellt werden. Die Messzahl steht fest: Es soll die 7-Tage-Inzidenz sein (Infizierte pro 100.000 Einwohner im Durchschnitt der letzten sieben Tage). Noch offen ist, ab welcher Zahl ein Bezirk als „Hotspot“ gilt und unter Quarantäne steht. Differenzen scheint es diesbezüglich zwischen Kanzleramt und Gesundheitsministerium zu geben. Im Gesundheitsministerium zeigt man sich gegenüber einem mathematischen Automatismus reserviert, dieser würde nämlich die Entscheidung der Ampelkommissionsexperten erübrigen.
Wenn ein Bezirk unter Quarantäne gestellt wird, bedeutet das: Niemand darf in den Bezirk rein, niemand raus. Die Bewohner des Bezirks stehen samt und sonders unter Quarantäne. Sie sollen aber die Möglichkeit haben, sich freizutesten. In der Theorie begegnet man in so einem Bezirk dann nur noch Menschen im öffentlichen Raum, die ein negatives Testergebnis haben. Alle anderen müssen zu Hause bleiben. Die Schulen wären offen, weil die Lehrer generell zum Testen verpflichtet werden.
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