Wie Russland und China mit Impfstoffen ihre Macht ausbauen
Jubelmeldung für Ghana: 600.000 Dosen des AstraZeneca-Impfstoffs hat das afrikanische Land am Mittwoch von der internationalen Covax-Initiative erhalten. Das Programm der WHO will bis Ende dieses Jahres zwei Milliarden Impfdosen an Entwicklungsländer verteilen. Von einem "monumentalen Ereignis" sprachen die Verantwortlichen.
Währenddessen haben andere Länder schon Nägel mit Köpfen gemacht: Allein Russland hat der Afrikanischen Union am Freitag 300 Millionen Dosen des Sputnik V-Impfstoffs zugesichert. Das sind 30 Millionen mehr als von AstraZeneca, Pfizer und Johnson & Johnson zusammen angeboten wurden. Algerien, Ägypten und Guinea haben bereits Einzelverträge mit Moskau abgeschlossen.
Noch stärker wird China seine Impfstoffe in Afrika verteilen – und die notwendige Infrastruktur liefern. Von Fabriken, die den Impfstoff produzieren, ist die Rede. In Serbien ist das schon Realität.
Unterstützt von russischen Experten wird das Land Sputnik V noch heuer produzieren. Aber auch Logistik soll bereitgestellt werden, um die Dosen so rasch wie möglich zu verimpfen. Marokko, das einen Deal für den chinesischen Impfstoff Sinopharm hat, hat beispielsweise an 6,89 von 100 Menschen eine Impfdosis ausgeliefert. In Österreich sind es 5,77.
Während Europa bei der Impfstoff-Suche größtenteils mit sich selbst beschäftigt ist, nutzen China, Russland und auch Indien ihre Vakzine für die Geopolitik, erschließen sich vor allem in Afrika und Südostasien neue Beziehungen, beziehungsweise vertiefen diese. Mehr als 800 Millionen Impfdosen haben Russland und China gemeinsam bereits an andere Länder verschickt. Und es werden täglich mehr.
Was die Impfstoff-Diplomatie bringen kann, zeigt ein kürzlich erfolgter Gefangenenaustausch zwischen Israel und Syrien: Im Gegenzug für zwei Schäfer und 50.000 Impfdosen erhielt Israel eine Frau zurück, die unter bislang ungeklärten Umständen die Grenze passiert hatte und verhaftet wurde. All das ist durch russische Vermittlung geschehen.
Syrien profitiert jedoch auch durch einen mit China abgeschlossenen Vertrag, bekommt Sinopharm geliefert, während der Iran derzeit auf Russland setzt. In der Krisenregion Nahost haben beide Staaten also ebenfalls ihre Pflöcke eingeschlagen – zumindest bei den Staaten, die sie grundsätzlich unterstützen. Weder der Irak noch Afghanistan – in beiden Ländern laufen NATO-Missionen – haben derzeit Aussicht auf einen Vertrag.
Allerdings hat Indien die Initiative in Afghanistan ergriffen und Anfang Februar 500.000 Dosen AstraZeneca nach Kabul gebracht (zum Vergleich: Österreich hat – Stand Mittwoch – 570.000 Impfdosen ausgeliefert). Und auch hinter dieser indischen Lieferung steckt mehr als nur Nächstenliebe: Die harten Rivalen Indien und China überhäufen ihre Nachbarländer mit Impfstoffen, um sich mehr Einfluss zu sichern. Drei von sechs der Grenzstaaten Indiens - Pakistan, Bangladesch und Nepal – haben einen Impfstoffdeal mit China. Letzteren liefert Indien seine Impfdosen nun gratis.
Myanmar, wo nach dem Militärputsch die Karten neu gemischt werden, könnte seine außenpolitische Ausrichtung anhand der Impfdiplomatie vornehmen. Indien hat der Militärjunta bereits Impfstoffe geliefert, doch auch China hat bereits ein Angebot gemacht.
Wie effektiv die Impfdiplomatie derzeit ist, zeigt sich auch in den Schlagzeilen serbischer Zeitungen: "Vucic, Putin und Xi retten Serbien", wird dort getitelt.
Kommentare