Entscheidung über Impf-Privilegien nicht vor April

INTERVIEW: GESUNDHEITSMINISTER RUDOLF ANSCHOBER (GRÜNE)
Die in Deutschland diskutierte Zero-Covid-Strategie hält Anschober für "beeindruckend.".

Eine Entscheidung über Privilegien für Geimpfte - wie etwa in Israel - wird in Österreich nicht vor April fallen. Derzeit werde ein "großer Arbeitsprozess" aufgesetzt, um "eine Strategie für das Leben mit dem Virus" zu schaffen, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) gegenüber der APA. Die Frage nach Erleichterungen werde Teil davon sein. Bis Sommer soll es für alle ein Impf-Angebot geben, danach gelte es, mit den Nicht-Geimpften "verantwortungsvoll" umzugehen.

Bei der zuletzt stark diskutierten Frage von Erleichterungen für Menschen, die bereits die Schutzimpfung erhalten haben, sieht Anschober keine Eile: "Wir haben da ja ein bisschen Zeit, das ist ja sowieso kein Thema, bevor wir nicht in die ganze Breite der Impfumsetzung reinkommen." Man werde "im Laufe des April, dann nach Ostern" Ergebnisse des Arbeitsprozesses am Tisch haben. Der Minister setzt bei der Frage nach Privilegien für Geimpfte allerdings auf ein länderübergreifendes Vorgehen: "Mir persönlich wäre es am liebsten, wenn das eine europäische Entscheidung wäre, in die wir uns mit einbringen."

Die Frage von Erleichterungen hänge natürlich stark von der Impfquote ab, betonte Anschober. Zum Thema "Leben mit dem Virus" sagte er, man werde "große Veränderungen erfreulicherweise dadurch erfahren, dass wir die Impfung haben. Je höher die Impfquote ist, desto mehr wird sich die Situation entspannen."

Grundsätzlich zeigte er sich optimistisch, dass man in Österreich eine hohe Durchimpfungsrate erreichen wird können: "Ich glaube, dass meine Zielvorgabe '50 Prozent plus X' eine ist, die wir deutlich übertreffen werden." Nach einem Zeitpunkt gefragt, wann alle, die es wollen, eine Impfung erhalten werde, verwies er auf Deutschland: "Bundeskanzlerin Angela Merkel hat letzte Woche gesagt, der 21. September ist das Ziel, dass in Deutschland jeder und jede ein Impfangebot kriegt. Ich glaube, dass wir durchaus optimistisch sein können, dass wir etwas schneller sein können. Also im Lauf des Sommers." An diesem Plan soll sich auch nichts ändern, sofern der Pharmakonzern Astra Zeneca - wie am Dienstagabend aus EU-Kreisen bekannt wurde - im zweiten Jahresquartel tatsächlich weniger als die Hälfte der vertraglich vereinbarten Impfdosen in die Europäische Union liefern sollte, hieß es auf Nachfrage aus Anschobers Büro.

Gefragt, warum Österreich nicht wie Deutschland auf eine Niedrig-Inzidenz-Strategie setzt, das sich ja eine Sieben-Tages-Inzidenz von 35 zu Ziel gesetzt hat, sagte Anschober, man sei in zwei unterschiedlichen Stoßrichtungen unterwegs, mit demselben Ziel. Deutschland habe "doch sehr intensiv und sehr lange" einen sehr umfassenden Lockdown. "Wir haben uns dafür entschieden, diesen früher zu beenden, zumindest in Teilbereichen" - was ihm insbesondere im Bereich der Schulen ein Anliegen gewesen sei. Auch habe Österreich ja eine umfassende Teststrategie eingeführt. Er wäre jedenfalls "sehr überrascht, wenn Deutschland dieses 35 schaffen würde."

Zero-Covid-Strategie "beeindruckend"

Gleichzeitig steht Anschober einem massiven Drücken der Fallzahlen gegen Null nicht komplett ablehnend gegenüber. Die derzeit vor allem in Deutschland diskutierte Zero-Covid- bzw. No-Covid-Strategie sei "aus meiner Sicht eine sehr beeindruckende", sagte er. Diese bedeute allerdings, "dass man zuerst einen Lockdown macht, der mit unseren bisherigen Lockdowns nicht vergleichbar ist". Dies würde einen "wirklich harten Lockdown, wie wir ihn bisher noch nicht gesehen haben", bedeuten, das habe theoretisch als Ziel "etwas für sich". Er wage es aber zu bezweifeln, "ob die Bevölkerung in Österreich in der jetzigen Situation , nach so vielen Monaten, dazu bereit ist, das dann auch wirklich konsequent umzusetzen".

Für die viel zitierte "Müdigkeit" der Bevölkerung, die Maßnahmen noch mitzutragen, zeigte Anschober nach einem Jahr Pandemie Verständnis und verwies auf seinen Vergleich mit einem Marathonlauf: "Jetzt haben wir den Marathonlauf, wir sind bei Kilometer 32 und er wird mittlerweile zu lange." Es bestehe eine "extrem große Sehnsucht" der Österreicher nach Lockerungen. Gleichzeitig konstatiert er der Bevölkerung, die aktuellen Maßnehmen gut mitzutragen, der größte Teil sei "verantwortungsbewusst und konsequent".

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