Mit Corona-Impfung mehr Rechte? Ein Stich, der spaltet
"Die Impf-Sensation": So titelte der KURIER am Montag. Und tatsächlich sind die Ergebnisse einer aus Israel kommenden Studie vielversprechend. Denn es besteht die berechtigte Hoffnung, dass Geimpfte nicht nur vor einer schweren Erkrankung geschützt sind, sondern dass sie sich auch nicht infizieren bzw. das Corona-Virus weitergeben.
Ist das der viel zitierte "Gamechanger" in der Pandemie? Und was bedeutet das für den Lockdown und die Maßnahmen in Österreich?
Der KURIER beantwortet die wichtigsten Fragen:
Was genau besagen die neuen Studiendaten, die aus Israel kolportiert werden?
In einer bisher unveröffentlichten und demnach noch nicht von einem wissenschaftlichen Fachjournal geprüften Beobachtungsstudie wird davon gesprochen, dass der Impfstoff von Biontech/Pfizer "hocheffektiv" ist, weil er nicht nur vor einer schweren Erkrankung an Covid-19 schützt, sondern auch die Infektion mit SARS-CoV-2 verhindert. Basierend auf Gesundheitsdaten von Geimpften und Ungeimpften (in Israel wurden bereits 4,3 Millionen Menschen immunisiert) soll festgestellt worden sein, dass der Impfstoff zu fast 90 Prozent eine Infektion und damit die Weitergabe des Krankheitserregers unterbindet.
Wenn der Impfstoff auch die Weitergabe verhindert, würde das die Infektionsketten unterbrechen und die Epidemie deutlich eindämmen. In Deutschland sprechen Experten bereits vom Erreichen der Herdenimmunität und der Rückkehr zu einem normalen Leben. Biontech/Pfizer hat die Ergebnisse zurzeit weder bestätigt noch kommentiert.
Was würde passieren, falls die Studienergebnisse auch wissenschaftlich bestätigt werden?
Das hätte in Österreich und vermutlich auch in anderen Ländern insofern weitreichende Konsequenzen, als über die geltenden Freiheitsbeschränkungen von allen Geimpften diskutiert werden müsste. Geht es nach dem Grund- und Verfassungsrecht, ist die Angelegenheit klar: Sobald jemand per Impfung sich selbst und andere schützt – und das würden die Ergebnisse aus Israel letztlich bedeuten – dürfen seine Grundrechte mittels Lockdown oder Ausgangsbeschränkung nicht länger beschnitten werden (ein Lockdown ist einer der massivsten Grundrechtseingriffe überhaupt).
"Wenn ich weder für mich noch für andere eine Gefahr darstelle, fallen die sachlichen Gründe für die Grundrechtsbeschränkungen weg", sagte Verfassungsrechtler Heinz Mayer bereits im Jänner zur Rechtslage. Und er weiß sich diesbezüglich mit allen renommierten Grundrechtsexperten einer Meinung. Dass nicht für alle Menschen gleichzeitig ein Impfstoff vorhanden ist, dass also manche Menschen auf die Rückkehr in die Normalität länger warten müssten, rechtfertigt rechtlich nicht, sie weiter einzusperren.
Kann und wird es damit zwingend zu einer Zweiklassengesellschaft aus Geimpften und Nicht-Geimpften kommen?
Rein rechtlich wäre das möglich, realpolitisch gilt dies als höchst unwahrscheinlich. Das Gesundheitsministerium kennt das beschriebene Problem seit dem Dezember, man hat sich aber bis heute nicht zu einer eindeutigen Antwort durchgerungen. Zur Stunde sind die medizinischen Argumente noch stark genug, um Geimpfte weiterhin im Lockdown zu halten.
Warum? Das Ministerium erklärte das am Montag gegenüber dem KURIER wie folgt: "Es ist noch nicht final klar, ob die Corona-Schutzimpfungen vor Übertragung schützen. Diese Frage muss von der Wissenschaft geklärt werden, um dann das weitere Vorgehen danach auszurichten. Wir befinden uns im internationalen und europäischen Austausch." Als realpolitisch wahrscheinlichste Variante gilt momentan, dass die Grundrechtsbeschränkungen auch für Geimpfte so lange gelten, bis weite Teile der Bevölkerung geimpft sind bzw. eine Chance zur Impfung gehabt haben.
Gibt es auch rechtliche Argumente dafür, Geimpfte weiter im Lockdown zu halten?
Ja. Grundsätzlich schreiben die Verfassung bzw. der Verfassungsgerichtshof vor, dass die Regierung und das Parlament sachlich gut begründen müssen, wenn sie die Rechte ihrer Bürger beschneiden wollen. Als belastbarstes Argument in diesem Sinn gelten regierungsintern derzeit die Virus-Mutationen. Denn selbst wenn man davon ausgeht, dass Biontech/Pfizer die Ansteckung mit der "alten" Variante von SARS-CoV-2 verhindert, könnte man immer noch argumentieren, dass unklar ist, ob man trotz Impfung nicht etwa die diversen Mutationen (britisch, südafrikanisch etc.) weitergeben kann.
In Israel bekommen Geimpfte und bereits an Covid-19-Erkrankte einen „grünen Pass“, der ihnen den Zutritt zu Lokalen und Sportstätten ermöglicht. Ist das auch für Österreich denkbar?
Das ist nicht nur denkbar, daran wird bereits intensiv gearbeitet. Die Impfung wird mithilfe der eCard in der Elektronischen Gesundheitsakte (ELGA) vermerkt und dort mit der Sozialversicherungsnummer verknüpft.
Laut dem KURIER vorliegenden Informationen laufen die Arbeiten in die Richtung, dass Geimpfte künftig auf ihren Smartphones einen standardisierten QR-Code (Quick-Response-Code) generieren können, der österreichweit einheitlich zeigt, dass man eine Corona-Schutzimpfung erhalten hat. Morgen, Mittwoch, soll im Parlament eine entsprechende Novelle des Pandemiegesetzes beschlossen werden.
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