Dreiste Lügen per Video: Wie russische Propaganda bei den US-Wahlen mitspielt
Aus Haiti sei er gekommen, erzählt der dunkelhäutige Mann - und die US-Staatsbürgerschaft, die habe er gleich und gratis bekommen. Deshalb habe er jetzt schon eine Stimme für Kamala Harris abgegeben und für die zweite sei er jetzt gerade unterwegs in einen anderen Wahlbezirk.
Das seltsame Filmchen ist erst vor ein paar Tagen im Sozialen Netzwerk X aufgetaucht und zwar vor allem bei Bürgern im US-Bundesstaat Georgia. Der ist als Swing State wahlentscheidend und daher werden die Menschen dort ohnehin seit Monaten auf allen Kanälen mit Videos und Wahlwerbung überflutet. Ob seriös, oder einfach dreist erlogen und gefälscht, macht in dieser totalen Überreizung oft keinen Unterscheid mehr.
"Wahrscheinlich russische Trollfarm"
Für die Behörden in Georgia ist dieses Video allerdings ein typisches Beispiel für die Versuche, die US-Wahlen von außen zu beeinflussen. "Es ist ganz offensichtlich gefälscht und Teil einer Desinformations-Kampagne. Wahrscheinlich stammt es aus einer russischen Trollfarm", erklärte der Innenminister des Bundesstaates im Süden der USA vor wenigen Tagen.
Viele dieser Filmchen lassen sich über das Internet nach Russland und in diese Trollfarmen zurückverfolgen, also jene geheimen Einrichtungen, in denen Programmierer versuchen, Falschinformationen zu produzieren und diese über ebenso gefälschte Identitäten massenhaft in die Sozialen Medien zu spülen - und da möglichst gezielt zu den Menschen in den wahlentscheidenden Swing States wie Georgia.
Hunderte Videos dieser Art sind in den vergangenen Wochen in den USA kursiert. Einmal zeigen sie, wie Briefwahlstimmen für Trump in Pennsylvania in großer Menge geschreddert werden, ein anderes Mal wird ein Mann interviewt, der in Arizona großzügig gefälschte Wahlzettel aus dem Ausland eingeschleust hat - ebenfalls für Kamala Harris. Tatsächlich ist es fast ausschließlich die Demokratin, für die in diesen Videos die vermeintlichen Wahlbetrüger im Einsatz sind.
Einfach Verwirrung stiften
Doch das Ziel dieser Propaganda- Offensiven war nicht darauf beschränkt, Donald Trump zu begünstigen, vielmehr sei es darum gegangen, möglichst viel Verwirrung und Verunsicherung zu stiften, schreibt eine Gruppe russischer Regimekritiker, die diese Kampagnen im Geheimen verfolgt und analysiert: „Das eigentliche Ziel der russischen Propaganda ist nicht per se die Wahl Trumps – sondern die Vertiefung der parteipolitischen Gräben, Ängste und Wut; alles, um die US-Bürger stärker auf innenpolitische Themen zu konzentrieren und gleichzeitig der Hilfe für die Ukraine weniger Aufmerksamkeit zu schenken“, erklärt einer der Mitarbeiter der Gruppe, die unter dem Decknamen "Antibot4Navalny" operiert, gegenüber dem Nachrichtenportal "Politico".
Am Wahltag besonders heftig
Und diese Propaganda-Offensiven sind umso heftiger geworden, je näher die Wahl gerückt ist und sollen am Wahltag noch einmal einen Höhepunkt erreichen, wie die US-Sicherheitsbehörden in einer gemeinsamen Stellungnahme unmittelbar vor Beginn der Wahl bekräftigen. Russland jedenfalls sei die "aktivste Bedrohung". In vielen Fällen gehe es am Wahltag auch darum "die Menschen zur Gewalt anzustiften - auch gegen Mitarbeiter der Wahlbehörden."
Viel heftiger als bei der letzten Wahl
Auf jeden Fall hätte diese Art von Propaganda aus Russland, aber auch dem Iran seit der letzten Wahl stark zugenommen, wie auch der Innenminister von Arizona bestätigt: "2020 waren die noch nicht so gut organisiert, ihre Taktik war noch nicht so perfekt bis ins Detail - aber auch wir sind beim Auffinden dieser Propaganda viel besser geworden."
Am Wahltag aber sei es für Gegenmaßnahmen zu spät und eben deshalb sei das für die Produzente dieser Propaganda noch einmal ein optimaler Zeitpunkt, um Verwirrung zu stiften und die Menschen zu verunsichern.
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