Russland meldet Einnahme von ostukrainischem Andrijiwka

Russland meldet Einnahme von ostukrainischem Andrijiwka
Vergangenes Jahr hatte die Ukraine Andrijiwka zurückerobert. Seit Jänner wurden dort wieder Kämpfe gemeldet.

Das russische Verteidigungsministerium hat die Einnahme des Dorfes Andrijiwka in der Region Donezk in der Ostukraine gemeldet. Eine Stellungnahme der Ukraine lag zunächst nicht vor. Bei einem russischen Raketenangriff auf die Großstadt Charkiw im Nordosten der Ukraine sind mehrere Menschen getötet und verletzt worden.

Im September 2023 hatte die Ukraine das bei Bachmut gelegene Andrijiwka nach eigenen Angaben von russischen Truppen zurückerobert, im Jänner wurden von dort wieder neue Kämpfe gemeldet. Die Ortschaft gilt als weitgehend zerstört.

Nach vorläufigen Informationen gebe es in Charkiw mindestens vier Tote, schrieb der regionale Militärgouverneur, Oleh Synjehubow, am Donnerstag auf seinem Telegram-Kanal. "Die russische Armee hat mindestens 15 Schläge geführt", teilte er mit.

Bürgermeister Ihor Terechow schrieb zudem von sieben Verletzten. Mehrere Menschen würden noch vermisst. Getroffen worden seien Objekte der Verkehrsinfrastruktur, aber auch eine private Firma.

"Extrem brutale Attacke"

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij verurteilte die "extrem brutale Attacke". Die russischen Terroristen würden den Mangel an ausreichender Flugabwehr der Ukraine ausnutzen, schrieb er im Online-Portal X. Zudem brauche es verlässliche Waffen, um die Stellungen auf russischem Gebiet nahe der ukrainischen Grenze zu treffen. Es brauche mehr Entschlossenheit der großen Staaten, der Ukraine zu helfen, mahnte er.

Selenskij fordert von den USA und anderen westlichen Verbündeten, die gelieferten Waffen auch für Schläge gegen Russland nutzen zu dürfen, um etwa im Gebiet Charkiw den Vormarsch zu stoppen. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte am Donnerstag, dass keine Waffenlieferung des Westens Russland von seinen Kriegszielen abhalten werde.

Charkiw ist eine der am schwersten getroffenen Städte des nunmehr über zwei Jahre währenden russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Immer wieder wird die Stadt aus der Luft angegriffen - mit Drohnen, Raketen oder Gleitbomben. Vor knapp zwei Wochen haben die russischen Streitkräfte zudem eine Bodenoffensive im Gebiet Charkiw gestartet. Die vordersten russischen Truppenteile stehen derzeit weniger als 20 Kilometer vom Stadtrand entfernt.

Pufferzone?

Der russische Machthaber Wladimir Putin hat zwar behauptet, dass das Ziel der Offensive nicht die Besetzung Charkiws sei. Vielmehr solle eine Pufferzone geschaffen werden, um den ukrainischen Beschuss russischer grenznaher Städte wie Belgorod zu stoppen, sagte er. Nach Angaben von Militärbeobachtern zielt das Vorgehen des russischen Militärs aber auf ein Vordringen in die Tiefe und nicht in die Breite, die für eine Pufferzone nötig wäre. Russland hat bereits in den ersten Kriegstagen versucht, Charkiw zu erobern. Die Einheiten mussten sich aber mit schweren Verlusten zurückziehen.

Die russische Armee verzeichnete bei ihrer Bodenoffensive auf Charkiw zwar nicht bedeutende, aber die größten Geländegewinne im Angriffskrieg gegen die Ukraine seit Ende 2022. Seither haben nach Behördenangaben bereits knapp 11.000 Bewohner ihre Häuser in der Region verlassen müssen. "Insgesamt wurden 10.980 Menschen evakuiert", teilte Gouverneur Synegubow am Donnerstag mit. Angesichts des Vorrückens der russischen Truppen in Richtung der Ortschaften Wowtschansk und Lypzi flohen tausende Menschen auch dort aus ihren Häusern und Wohnungen.

Unterdessen wurden die Kämpfe im Gebiet um die Grenzstadt Wowtschansk nach Angaben des ukrainischen Generalstabs fortgesetzt. Den ukrainischen Streitkräften gelinge es, sich "anständig" zu verteidigen, hieß es.

In der vergangenen Woche hatte Selenskij davor gewarnt, dass es sich bei den jüngsten russischen Vorstößen um die "erste Welle" einer größer angelegten Offensive handeln könnte. Ziel könnte seinen Worten zufolge die Einnahme von Charkiw, der zweitgrößten Stadt der Ukraine, sein.

Das russische Verteidigungsministerium meldete unterdessen, die Luftabwehr habe in der Nacht auf Donnerstag 35 Raketen und drei Drohnen abgeschossen, mit denen die Grenzregion Belgorod von der Ukraine aus angegriffen worden sei. Berichte über mögliche Opfer lagen nicht vor, wie die Regionalregierung mitteilt.

Russland droht erneut mit Angriffen auf britische Ziele

Am Donnerstag drohte Moskau zudem mit  Angriffen auf britische Ziele, falls die Ukraine mit britischen Waffen russisches Territorium beschießen sollte. In einem solchen Szenario könnten britische Ziele "auf Territorium der Ukraine und über deren Grenzen hinaus" ins Visier genommen werden, sagt Außenministeriumssprecherin Maria Sacharowa am Donnerstag vor Journalisten in Moskau. Sie bekräftigt damit eine Warnung, welche die russische Führung erst kürzlich ausgesprochen hatte.

Anlass war die Erklärung des britischen Außenministers David Cameron, dass die Ukraine das Recht habe, von London gelieferte Waffen gegen Ziele in Russland einzusetzen. Russland reagierte empört auf diese Äußerung und führte sie als einen der Gründe an, warum man sich für Militärübungen entschieden habe, die eine Simulation des Starts taktischer Atomraketen umfassen.

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