Wie sieht es EU-weit aus?
Russland war mit etwa 40 Prozent Marktanteil der wichtigste Gaslieferant der EU vor Norwegen. Die wichtigste Importroute war die Ostseepipeline Nord Stream, die im September 2022 unter ungeklärten Umständen zerstört wurde (siehe Karte). Auch durch Polen gelangt kein russisches Gas mehr in die EU, wohl aber durch die Ukraine und die Türkei. Insgesamt bezieht die EU nur noch knapp zehn Prozent ihrer Gasimporte aus Russland.
Wer ist dafür verantwortlich?
Der Energiemarkt ist privatwirtschaftlich. Die Importverträge mit der russischen Gazprom hält die OMV, diese laufen noch bis 2040. Ein Ausstieg wäre nur mit einem Rechtsstreit möglich, an dem die OMV aber bisher kein Interesse zeigt. Die Bundesregierung hat das Ziel ausgegeben, bis 2027 von russischem Gas unabhängig zu sein, wie das geschehen soll, ist aber nicht klar.
Was wurde getan, um von russischem Gas unabhängig zu werden?
Die Bundesregierung hat eine strategische Gasreserve eingerichtet und subventioniert den Import von nicht-russischem Gas. Die OMV hat sich zusätzliche Pipeline-Kapazitäten reserviert und wäre damit laut eigener Aussage in der Lage, ihre Kunden auch ohne Gas aus Russland zu versorgen – die gesamte österreichische Nachfrage deckt das aber nicht.
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Welche anderen EU-Staaten kaufen noch russisches Pipelinegas?
Neben Österreich vor allem Ungarn und die Slowakei, Bulgarien und das deutlich größere Italien zu einem geringeren Ausmaß. Italien will bereits 2024 auf russisches Gas verzichten. Anders als die Binnenländer hat es aber auch Pipelineverbindungen nach Nordafrika und die Möglichkeit, LNG-Terminals zu bauen. Deutschland importiert zwar kein Gas mehr aus Russland, wohl aber aus Belgien, dem in der EU nach Spanien zweitgrößten Importeur von russischem Flüssiggas.
Was ist mit russischem Flüssiggas (LNG)?
Die EU-Staaten haben das fehlende russische Pipelinegas zu einem Gutteil mit Flüssiggas ersetzt. Der größte Teil davon kommt aus den USA, aber auch die LNG-Importe aus Russland sind im Vergleich zum Jahr 2021 um etwa 40 Prozent gestiegen. Laut der NGO Global Witness sind dafür heuer etwa fünf Milliarden Euro geflossen.
Um welche Mengen geht es dabei?
Die EU-Staaten kaufen etwa die Hälfte der russischen LNG-Ausfuhren. Die Mengen sind aber deutlich geringer als die, die bis 2022 durch die Pipelines kamen. Eine Folge davon ist, dass der Staatskonzern Gazprom im zweiten Quartal in die roten Zahlen gerutscht ist. Insgesamt importiert die EU derzeit etwa gleich viel russisches LNG wie Pipelinegas. Nach Zahlen des Thinktanks Bruegel waren im Juli 14 Prozent der LNG-Importe der EU aus Russland.
An wen verkauft Russland stattdessen?
Die EU ist noch immer der größte Abnehmer von russischem Erdgas. Das liegt vor allem daran, dass die Infrastruktur fehlt, um andere Kunden in vergleichbarem Ausmaß zu beliefern. Russland hat nicht genug Verflüssigungsanlagen, um die Pipeline-Exporte zu kompensieren. Anders sieht die Situation bei Erdöl und Erdölprodukten aus. Hier sind die wichtigsten Abnehmer inzwischen China, Indien und die Türkei.
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Kann die Ukraine den Gashahn zudrehen?
Die Möglichkeit besteht. Das Abkommen zur Durchleitung von russischem Gas läuft noch bis Ende 2024. Dafür erhält das Land, wenngleich mit Russland im Krieg, unverändert Durchleitungsgebühren. Ukrainische Regierungsvertreter haben mehrfach angekündigt, dass sie das Abkommen nicht verlängern wollen. Die Ukraine kauft ihr Gas seit 2015 übrigens aus Westeuropa.
Wie sicher ist die Versorgung im Winter?
Die EU-Staaten haben heuer rechtzeitig agiert und ihre Gasspeicher frühzeitig gefüllt. Im Gegensatz zum Vorjahr kam es dabei auch nicht zu der Situation, dass sie sich gegenseitig die Preise hochgetrieben hätten. Die österreichischen Speicher fassen etwa einen Jahresbedarf und sind zu 93 Prozent gefüllt. EU-weit ist der Pegelstand ebenso hoch. Da die gesamte EU aber nur etwa 30 Prozent ihres Jahresbedarfs einspeichert, ist man im Winter also auf jeden Fall auf weitere Einfuhren angewiesen. Es gibt aber keinen Grund zu der Annahme, dass etwa der wichtigste Einzellieferant Norwegen ausfallen würde.
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