Ich hör' auf zu rauchen: Woche zwei ist wie Schluss machen

Ich hör' auf zu rauchen:  Woche zwei ist wie Schluss machen
Die Autorin ist nun die zweite Woche rauchfrei. Die Stimmung hält, das Verlangen auch, aber der Spaß sollte vermieden werden. Die Süchtige holt sich Hilfe.
Diana Dauer

Diana Dauer

Wieder werfe ich eine Handvoll Studentenfutter mit rund 150 Kalorien in meinen Mund. Besser als Gummibärchen und zumindest keine Zigarette, denke ich mir. Aber ich bin ein entsetzliches Klischee. 

Es ist nun 2 Wochen her, dass ich mit dem Rauchen aufgehört habe. Und ich erkläre jedem, der es nicht wissen will, dass ich nach 15 Jahren endlich aufgehört habe. Dieser Text ist der dritte Teil der Serie Ich hör' auf zu Rauchen, die mich in meinem Prozess begleitet -lesen Sie vom Entschluss, warum er nötig war (Teil 1) und wie ich erkannte, dass ich mich von vielem verabschieden (Teil 2). 

Mit dem Rauchen aufzuhören macht genauso wenig Spaß, wie Sie sich das vielleicht vorstellen. Ich mache Baby-Schritte: "Heute rauche ich nicht", sage ich mir immer wieder. Diese kleinen Ziele sind leichter erreichbar. In kurzfristigen Perspektiven ist alles ok - nicht gut, aber ok

Und auch das süffisante Grinsen der Rauchenden im Umfeld weicht einem anerkennenden Nicken, wenn ich auf die Frage "Rauchst du noch immer nicht?" mit  "Nein" antworte.

Mein Abnabelungsprozess von der Zigarette zum Nachlesen

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Eine rauchfreie Zukunft stresst mich

Denke ich aber an das Musik-Festival, das ich im Sommer besuchen werde, wird meine Laune düster und ich empfinde Stress vom Scheitel bis in den Bauch. Vier Tage Konzerte, Tanzen im Sommer unter freiem Himmel und kaltes Bier - und dabei soll ich nicht rauchen? Nicht einmal ab und zu? Eine Vorstellung, die mir die Vorfreude raubt. Ich habe Angst, dass ich nicht ausgelassen sein kann, dass meine Gedanken ständig um Zigaretten kreisen werden. 

Wann bin ich über das Rauchen hinweg? "Mach dich darauf gefasst, noch die nächsten Jahre zu leiden", sagt mir ein erfahrener Nicht-Mehr-Raucher und Kollege. Demoralisiert denke ich, wie aktuell ständig, übers Rauchen nach und welchen Teil es in meinem Leben eingenommen hat und offensichtlich immer noch einnimmt. 

Ich bin wohl (hoffentlich) die letzte Generation, in der früher auf langen Autofahrten im Auto geraucht wurde. Das Rauchen hat in meiner Kindheit dazugehört, weil in meinem Umfeld immer jemand geraucht hat. Ich bin trotzdem relativ sicher, dass das keinen Einfluss auf mein späteres Rauch-Verhalten hatte.  

Als Teenager habe geraucht, weil meine Freunde es getan haben. Außerdem hat es so wunderbar das nur aufgezwungene Brave-Mädchen-Image gebrochen. Aber irgendwann wurde aus der Zigarette mehr als ein soziales Accessoire, sie wurde meine provokante Begleiterin, die nicht überall gerne gesehen war.

Ich schieb's auf unsere Kultur

Seit 1. November 2019 darf man in der heimischen Gastronomie nicht mehr rauchen. Seitdem brüskieren sich viele über den Wegfall der genüsslichen Herumsitzerei, die nur durch die Zigarette in Begleitung einer Tageszeitung zur anerkannten Beschäftigung wurde. Wie herrlich man die Lebenszeit verrauchen und versitzen konnte.

Und ich damals mitten drinnen. Schließlich bildet man sich so einiges ein auf seine Wiener Lokale und deren Manier. Dann der Bruch: Rauchen verboten. Um Punkt Mitternacht wurden die Aschenbecher eingesammelt, die letzten Zigaretten theatralisch ausgedrückt. 

Auch ich habe damals gesagt: Super! Endlich. Nur um dann mit all den Anderen mit ihren guten Vorsätzen vor der Lokaltüre zu stehen und die nächste Zigarette "wegzuatmen" - schließlich ist das Rauchen so gesellig. 

Ich halte mich nicht für einen exzessiven Menschen - aber ich "war" eine leidenschaftliche Raucherin. Und gerade jetzt fällt mir auf: Ich habe das Wort Sucht bis jetzt nicht benutzt. Kein einziges Mal. 

 "Sei ehrlich zu dir, gib's zu", denke ich.  Ich "war" oder "bin" eine süchtige Raucherin.  Und auch wenn ich jetzt seit zwei Wochen nicht rauche, mir meine Rauch-frei-App den Handy-Screen mit Auszeichnungen vollspammt, nach wie vor habe ich immer wieder Lust, einfach eine rauchen.

Wann bin ich endlich da?

Aber kann ich widerstehen? Nach knapp zwei Wochen habe ich mich der ultimativen Testung unterzogen: Ich ging gemeinsam mit Raucherinnen aus und brach meine selbst auferlegte Ausgangssperre.  

Der Abend begann gut, ich war entspannt und hatte nur mäßiges Verlangen nach einer Zigarette. Aber je später die Nacht, desto größer der Drang, mich den Raucherinnen anzuhängen, sich zu wabernden Bässen eine Zigarette anzurauchen. Es war haarscharf. Ich habe ungezählte Male an Zigaretten gedacht und bin genauso oft fast schwach geworden. 

Die Nacht war schwer. Der Spaß hielt sich in Grenzen. Ich war angespannt. Der nächste Morgen aber hat mir gezeigt, wie toll das Nicht-Rauchen ist. Ich hatte trotz einiger Drinks keinen Kater. Mein Zustand war kaum mit früheren Post-Feier-Morgen vergleichbar. Es lagen Welten dazwischen. 

Das liegt zum Teil am nicht konsumierten Gift durch nicht-gerauchte Zigaretten. Aber auch daran, dass ich plötzlich deutlich weniger und langsamer Alkohol trinke. Ich habe früher (bis vor zwei Wochen) ohne Alkohol geraucht, aber ohne Zigaretten trinke ich nicht oder zumindest weniger? Eine überraschende Erkenntnis aus der Woche 2. 

Wann bin ich entwöhnt?

Um herauszufinden, wieso mit den Zigaretten auch die Lust am Alkohol schwindet und was ich tun kann, damit das wirklich funktioniert, habe ich mir Rat bei der klinischen Psychologin mit Schwerpunkt auf Suchtkrankheiten, Birgit Köchl, geholt.

Ich bekomme eine wenig zufriedenstellende Antwort: "Wann die Sucht überwunden ist, hängt von der Person ab - und der Substanz", sagt Köchl. Wer 10 oder, wie ich, sogar 15 Jahre raucht, könne nicht erwarten, dass das schnell und einfach wäre. "Wer ungeduldig ist, gibt zu schnell auf", weiß die Expertin. 

Gefährlich sei es auch, dass Menschen ihre Sucht überkompensieren und sich überfordern. "Viele verbieten sich auch Alkohol und Süßigkeiten und muten sich dann zu viel zu oder sie hören auf zu rauchen, nehmen fünf Kilo zu und fangen deswegen wieder mit dem Rauchen an."

Ich erkenne mich wieder. Auch für mich ist Gewichtszunahme eine Nebenwirkung vom Nicht-Rauchen, die ich vermeiden will. Ich ernähre mich deswegen noch ein bisschen gesünder, nasche weniger. Überkompensiere ich? Kann schon sein. 

Köchl rät mir, mich auf positive Entwicklungen zu konzentrieren. Etwa: Bessere Leistungen beim Sport, kein Husten mehr oder beim Stiegen steigen nicht mehr, außer Atem zu geraten. 

Auch sollte man seine Süchte ersetzen. Für Menschen mit einem Alkoholproblem, rät Köchl darauf zu achten, nicht durstig zu sein und immer etwas zu trinken zu haben. Beim Rauchen sollte man die Rauchpause etwa mit einer Runde um den Block neu besetzen. 

Vermeiden, Vermeiden, Vermeiden

Ich soll mir meine Erfolge aufschreiben und Gewohnheiten ändern. Als Tipp für zu Hause sagt Köchl: "Wenn Sie früher immer in der Küche gegessen haben und danach dort geraucht haben, essen Sie künftig woanders". Oft reiche schon ein Platzwechsel oder eine dekorative Umgestaltung, erklärt Köchl weiter. 

Für langfristige Erfolge empfehlt Köchl auch eine Psychotherapie, zum Beispiel eine Verhaltenstherapie. 

Und wie ist das mit dem Alkohol? Wenn Substanzen, häufig zusammen konsumiert werden, dann hängt auch der Drang danach zusammen. Sie empfiehlt mir jegliche Trigger, wie Feiern und Alkohol für einige Zeit zu meiden.

Und bei 3 ist das Verlangen weg

Also doch wieder zu Hause einsperren? Es muss noch andere Wege geben. Mir wird Hypnose zur Rauchentwöhnung empfohlen. Kann mein Verlangen weghypnotisiert werden?

Ich bekomme einen Termin zur Rauch Entwöhnungshypnose bei dem psychologischen Berater und Hypnosetrainer Thomas Hofer. Auch er holt mich auf den Boden der Tatsache zurück: "Die ersten drei Wochen sollten Sie auf Alkohol verzichten, weil Alkohol macht willensschwach. Um erfolgreich mit dem Rauchen aufzuhören, muss man den Rauch-Stopp auch wirklich wollen".

Soweit so gut. Nach einem kurzen Gespräch, in dem mein persönliches Rauchverhalten und meine Motivation abgefragt wird, geht's los. Ich bin gespannt und nicht ganz unvoreingenommen. Ich habe ausschließlich Klischees von Zaubershows im Kopf. Ich täusche mich. Man schläft nicht, man vergisst nicht und tanzt danach auch nicht einbeinig im Kreis.

Viel mehr ist es eine angeleitete Entspannungsübung. Ziel ist es, so entspannt zu sein, dass das Unterbewusstsein bearbeitet werden kann, und die Gewohnheiten und das Verlangen nach der Zigarette quasi gelöscht werden. 

Friede, Freude, Nicht-Raucherin?

Hofer erklärt mir, dass Hypnose zur Rauchentwöhnung bei 80 Prozent seiner Klienten erfolgreich ist. 1/3 schafft es nach der ersten Sitzung. Zu empfehlen seien drei Sitzungen. Ich hoffe, ich gehöre zum ersten Drittel. 

Ich lasse mich also auf die Hypnose ein. Meine Augen sind geschlossen, ich liege auf einem bequemen Lehnstuhl. Ich entspanne mich, atme wie vorgegeben und erreiche eine tiefe Entspannung. Hofer beginnt dann nicht mehr mit mir, sondern direkt zu meinem Unterbewusstsein zu sprechen. Er sagt ihm, es soll den Drang nach Zigaretten löschen. Dann werde wieder ich angesprochen. "Und immer dann, wenn Du die Farbe Rot siehst, bist Du glücklich und stolz, dass Du nicht mehr rauchst.“

Die Hypnose ist jetzt vier Tage her. Ich verspüre weniger Verlangen. Und wenn ich die Farbe Rot sehe, denke ich sogar tatsächlich manchmal daran, dass ich nicht mehr rauche und freue mich darüber.

Der nächste Teil der Serie erscheint am 1. April und wird zeigen, ob es die Autorin wirklich schafft oder von neuem beginnen muss. 

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