Tabakstopp: Warum das Aufhören vielen Rauchern so schwer fällt

Tabakstopp: Warum das Aufhören vielen Rauchern so schwer fällt
WHO: Das Angebot zur Tabakentwöhnung ist auch in Österreich zu gering und wird Aufhörwilligen auch zu wenig nahegebracht.

Mehr als die Hälfte der Raucher in Österreich ist mit ihrem Verhalten unzufrieden – und denkt über einen Rauchstopp nach. Doch der neue Welt-Tabak-Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zeigt: Weltweit fehlt es Aufhörwilligen an Unterstützung – auch in Österreich.

"Ein Rauchstopp ist eines der besten Dinge, die ein Mensch für seine Gesundheit tun kann", sagt WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus. In den meisten Ländern sinke zwar der Anteil der Raucher an der Gesamtbevölkerung, durch das Bevölkerungswachstum bleibt die Zahl der weltweit Rauchenden aber konstant hoch - bei 1,1 Milliarden Menschen.

Beim Expertenhearing zum "Don´t smoke Volksbegehren" im heurigen Februar im Gesundheitsausschuss des Parlaments hieß es allerdings, dass Österreich das einzige OECD-Land sei, in dem der Anteil der Raucher zunimmt.

Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt unter anderem, dass Hausärzte Raucher ansprechen und auf Hilfen beim Aufhören hinweisen sollen, Nikotinersatztherapien sollten finanziell gefördert werden.

Die Gesundheitspsychologin Sophie Meingassner ist fachliche Leiterin des österreichweiten „Rauchfrei Telefons“ ( 0800 810 013) der NÖ Gebietskrankenkasse.

Tabakstopp: Warum das Aufhören vielen Rauchern so schwer fällt

Gesundheitspsychologin Sophie Meingassner vom "Rauchfrei Telefon".

KURIER: Gibt es in Österreich tatsächlich zu wenig Ausstiegshilfen?

Sophie Meingassner: Ja. Wir haben auf unserer Homepage www.rauchfrei.at alles aufgelistet. Es gibt zwar sehr gute Angebote, Einzel- und Gruppenberatungen etwa von Sozialversicherungsträgern und auch anderen Gesundheitseinrichtungen – aber insgesamt ist das Angebot noch zu gering für den Bedarf. Ein großes Problem ist auch: Viele Raucherinnen und Raucher sind oft schon jahrelang irgendwo im Gesundheitssystem in Behandlung, ohne, dass ihnen ein Rauchstopp konkret empfohlen wird. Und es fehlt auch an Informationen über konkrete Unterstützungsangebote. Der Satz „Hören Sie mit dem Rauchen auf“ ist zu wenig. Oft wird der Status Raucher / Nichtraucher bei Arztbesuchen und auch im Spital gar nicht abgefragt.

Aber weiß nicht ohnehin jeder, dass Rauchen gesundheitsschädlich ist und Aufhören besser wäre?

Ja, aber was es konkret bedeutet für das Risiko bestimmter Krankheiten, ist vielen nicht bewusst – auch solche, an die man vielleicht nicht gleich denkt, wie Diabetes, Erektionsstörungen oder Blasenkrebs. Und der Leidensdruck, ohne Anstoß von außen etwas zu unternehmen , ist oft dann erst vorhanden, wenn es schon fast zu spät ist – wenn also ein COPD-Patient (häufig durch Rauchen ausgelöste Atemwegserkrankung, Anm.) mit 66 Jahren erstmals zu einer Tabakentwöhnung kommt. Das ist Jahrzehnte zu spät. Auf sich allein gestellt schafft einen langfristigen Rauchausstieg einer von zehn Rauchern, mit Unterstützung sind es immerhin drei von zehn. Und fast alle benötigen mehrere Anläufe.

Welche Methoden sind am erfolgversprechendsten?

Das ist sehr individuell. Belegt ist eine gute Wirksamkeit von Einzel- oder Gruppenberatungen, wenn notwendig in Kombination mit Nikotinersatzprodukten. Das sind in der Regel fünf bis sechs Sitzungen. Dabei können die vielfältigen Aspekte des Rauchens – von der Entspannung bis zur Bedeutung für das Selbstbild – besprochen und auch Verhaltensalternativen überlegt und eingeübt werden. Das gilt auch für die telefonische Beratung, die in der Regel aus mehreren Terminen besteht. Wir sehen aber auch Klienten, die etwa mit Akupunktur oder Hypnotherapie Erfolg haben – das ist sehr individuell.

Eine gute Unterstützung ist auch unsere Rauchfrei App. Sie wurde im Frühjahr überarbeitet und bietet jetzt noch mehr und unterstützende Funktionen, etwa den Motivationsflash und spezielle Textnachrichten.

Keine aktive Empfehlung geben wir für E-Zigaretten, auch wenn diese offenbar einigen Klienten beim Ausstieg helfen können. Denn die Suchtproblematik bleibt bestehen – und auch, wenn sie wahrscheinlich weniger schädlich als herkömmliche Zigaretten sind, sind sie nicht gesund.

Welche Ansätze gibt es, Patienten zur Raucherentwöhnung zu bringen?

Ein vielversprechendes Modell ist etwa das „Rauchfrei Ticket“ für Ärzte und andere Gesundheitsberufe. Damit können sie ihre Patienten – mit deren Einverständnis – beim Rauchfrei Telefon anmelden. Wir rufen dann zurück und vermitteln ein passendes Angebot.

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