Ich hör' auf zu rauchen: Aber wirklich?! Der Entschluss
Mit 30 hör' ich endgültig mit dem Rauchen auf. Wie oft ich das großspurig in meinen Teenagertagen und auch noch in den 20ern gesagt habe. Dieser Vorsatz klang gut, lag aber damals so weit in der Zukunft, dass er für mich genauso romantisiert und abstrakt war, wie der Plan fließend Spanisch zu lernen oder eine Weltreise zu machen.
Ich rauche, seitdem ich 15 Jahre alt bin. Meine Eltern waren da machtlos – sie haben es gar nicht gewusst, weil ich als Teenagerin eher die Aura der Braven hatte und sie, wie die meisten Menschen, dem Aberglauben anheimgefallen sind: Brave Mädchen rauchen nicht. Ich schon. Und bis auf eine einjährige Pause mit Anfang 20 habe ich nie damit aufgehört.
Dann kam der Tag. Ich wurde rauchend 30 und rauchte weiter. Aber nun soll Schluss sein. Ich höre auf. Wirklich? Wirklich! Aber wirklich wirklich?
Nach gut 15 Jahren höre ich mit dem Rauchen auf. Und zwar nach dem Verlust ungezählter Geschmacks- und Geruchsnerven, fahler werdender Haut, vergrößerter Poren, etc. An andere gesundheitliche Schäden, die ich bereitwillig an mir selbst verbrochen habe, will ich gar nicht denken.
In den Zeilen, die ich hier schreibe, lassen sich Ekel und Abscheu auf Tabak erkennen. Aber um bei der Wahrheit zu bleiben: Häufiger als nicht hab ich das Rauchen trotzdem geliebt. Aber wie heißt es oft so blumig: Was man liebt, muss man (zum Selbstschutz) manchmal gehen lassen. Und ich verlasse meine selbstgerollte Begleiterin nun. Adé.
Warum tut man sich das an?
Bis zu dem Entschluss sollten sich aber noch einige wachrüttelnde Ereignisse ergeben haben. Die mich daran erinnern, warum ich mir das Aufhören antue. Denn leider ist es leichter zu rauchen, als nicht zu rauchen.
Es war einer jener Morgen oder eher Mittage, an denen ich vom eigenen leichten Hüsteln aufgewacht bin. Die Zungenspitze taub, als hätte man sich an heißer Suppe verbrannt. Der Geschmack schal. Der Körper von innen geräuchert. Die Haut trocken und spannend. Zeige- und Mittelfinger stinken nach Zigaretten. Der Hals kratzt. Alles soweit normal nach einer Nacht voller Drinks und Tschick. Natürlich ist der Alkoholkonsum der Vornacht an dem Zustand auch nicht unschuldig.
Aber zum bereits altbekannten Kater-Zustand kam ein neues Symptom der hedonistischen Selbstzerstörung: Ich hatte tatsächlich Atemprobleme. Ich bekam schwer Luft – über Stunden. Immer wieder versuchte ich, die aufsteigende Panik mit tiefen Atemzügen zu verscheuchen. Aber das tiefe Atmen war von einem Stechen in der Lunge begleitet. (Corona-Infektion wurde ausgeschlossen.)
Der Zustand hielt an. Und in meinem schwirrenden Kopf kamen die warnenden Stimmen aus der Vergangenheit hoch: "Hör bloß auf zu rauchen, irgendwann bekommst du COPD (eine fortschreitende und bislang nicht heilbare Lungenkrankheit, bei der sich die Atemwege entzünden und anhaltend verengen Anm.), wie der Onkel und brauchst einen Sauerstoff-Tank".
Nun, so weit kam es zum Glück nicht. Am nächsten Morgen hatte sich meine Atmung normalisiert – zumindest insoweit, wie eine rauchende Person "normal" atmet. Die Funktion der Atmung wird nämlich durchs Rauchen grundsätzlich in ihrer Funktion eingeschränkt. Ich machte einen Tag Pause und rauchte weiter.
Beim Rauchen gibt es meiner Erfahrung nach zwei Typen: Jene, die es schaffen, nur ab und zu alle paar Wochen bei einer Feier zu rauchen. Und die ganz-oder-gar-nicht-Raucher, die keine halben Sachen machen und stets und immer rauchen. Ich gehöre leider zur zweiten Gruppe. Das wollte ich oft nicht akzeptieren und habe Anläufe gestartet, von Typ 2 zu Typ 1 zu evolutionieren. Ohne Erfolg.
Zuerst das Rauchen, dann das Atmen
Die vorläufige Atemnot hat mich dem Aufhören vorerst nur scheinbar näher gebracht. Aber dann hatte eine mir nahestehende stark rauchende Person einen Schlaganfall. Und zwar mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aufgrund des Rauchens. Denn durch Tabak können Arterien verkalken, sich verengen. Blutgefäße können sich erhärten. Das Ergebnis können Herzinfarkte, Schlaganfälle, Raucherbeine etc sein. Alles nicht wünschenswert.
Und alles Dinge, die man eigentlich längst weiß. Genauso wie das erhöhte Lungenkrebs-Risiko. Die abschreckenden Bildchen und Warnungen auf den Zigaretten- und Tabakpackungen sind für mich schon lange nicht mehr sichtbar. "Mich trifft das doch nicht", hab ich mir oft gedacht. Zumindest haben mich die Bilder nie von einer Zigarette abgehalten. Ich kenne auch keinen Mann, der wegen der Impotenz-Warnung auf dem Packerl je das Rauchen gelassen hätte.
Außerdem bin ich in Österreich als Raucherin nichts Besonderes. Eine Erkenntnis, die dem Selbstwert in den meisten anderen Aspekten des Lebens wenig Gutes tut. Beim Rauchen allerdings ist das etwas anderes. In Österreich hängt jeder und jede fünfte Person täglich an der Zigarette. Es ist die am weitesten verbreitete Sucht hierzulande und aktuellen Schätzungen zufolge für 16 Prozent aller Todesfälle verantwortlich.
Aber eine von vielen zu sein, ist beim Rauchen oft eine Art Freispruch fürs Gewissen à la "halb so wild. Die anderen machen's auch."
Zündender Moment war für mich eher der Besuch bei der Person mit dem Schlaganfall – wobei nicht mal das. Am Abend nach dem ersten Besuch stand ich rauchend da und berichtete vom Zustand und den Rehabilitationsmöglichkeiten der Person und hörte mich sagen: "Ich muss auch aufhören!" "Stimmt. Und wann?", hat mich jemand aus meinem Umfeld dann gefragt. "Jetzt".
Dieser Text ist der erste Teil einer Serie, die die Autorin bei ihrer Suchtentwöhnung begleitet.
Bleibt es beim Entschluss oder übersteht die Autorin die erste Phase? Und was könnte sie durch den Rauch-Stopp verlieren? Der nächste Teil der Serie Ich hör' auf zu rauchen erscheint am 18.3. auf Kurier.at
Kommentare